Gestrandet zwischen den Reisen
Es war kurz nach Mitternacht, als wir vollkommen geschafft in den Schlaf fallen.
Rainer im Snoozing Room und ich eben auf dem Sofa.
Für alles ist gesorgt:
Es gibt gute Kissen, eine Decke und Schlafmasken natürlich.

Leise, entspannte Jazz-Musik dringt in mein Ohr. Dazwischen quetscht sich immer wieder die chinesisch anmutende Musik eines Handyweckers.
Zum achten oder vielleicht auch schon zum neuntem Mal.
Das hellbraune Ledersofa in der Silver Kris Lounge T3, hier in Changi, war mir ein gutes Bett für die letzten Sechs Stunden der letzten Nacht.

Während ich mich versuche etwas für den Tag aufzuhübschen, kann ich nicht anders, als die letzten drei Tage Revue passieren zu lassen. Drei Tage voller nervenzerreissender Szenen und Machtlosigkeit. Dabei begann alles im Paradies mitten im Pazifik:
# Abschied von den Cook Islands
Alles begann so schön... Also fast. Denn wir müssen das Paradies verlassen.
Zwei Flugtage sind geplant für den Weg aus Aitutaki mitten im Südpazifik nach Hanoi in Vietnam.
Ein perfekter Reiseablauf soll uns mit fünf Flügen zum Ziel bringen. Zwischendrin ist eine Nacht in Auckland eingeplant,
um eventuelle Verschiebungen der Flüge auszugleichen.
Zugegeben bin ich etwas stolz auf das, was ich mir ausgedacht habe. Denn es läuft wie ein wunderbares Szenario ab.
Am 29.Mai steigen wir in die kleine SAAB und fliegen von Aitutaki nach Rarotonga.



Wir sitzen genau auf der richtigen Seite.
Die Scheibe könnte etwas sauberer sein. Aber so ist das eben.
Erst tangieren wir die Tai Roto Bay Beach Villas, in den wir eine wunderschöne Zeit hatten
und dann überqueren das Gewässer, wo wir tagtäglich kajaken waren.




In Rarotonga wartet schon Nivell auf uns, der Host der
Rarotonga Villas.
Bei ihm durften wir freundlicherweise unsere zwei großen Koffer während unseres Aufenthalts auf Aitutaki stehen lassen.
Bis halb Eins dösen wir dann noch am Strand in der Hängematte.

Nach zwei Stunden werden wir dann auch wieder zum Airport gefahren. Die Villas befinden sich am Ende der Flugbahn, demzufolge brauchen wir nur wenige Minuten um dahin zu kommen.

Beim Einchecken werden wir böse vorgeführt. Langsam habe ich den Eindruck, Kiwis mögen uns nicht.
Erst meckert die Mitarbeiterin an unserem Gepäck rum (wir fliegen Business und dürfen insgesamt 6x23 Kg aufgeben).
Insgesamt werden es aber mit drei Gepäckstücken nur 60 Kilogramm. Also, was ist das Problem?
Aber sie lässt nicht locker.
Es geht an's Handgepäck. Natürlich ist es zu schwer. Schon mein Zoomobjektiv, Ladegeräte, Laptop…
Bei knapp 30 Grad Celsius und über 80% Luftfeuchtigkeit arbeiten die Poren auf Hochtour.
Denn wir müssen das Gewicht des Handgepäcks minimieren. Die Koffer auf dem Boden liegend (so dass alle reinschauen können)
versuchen wir wie auf einem Bauernmarkt, das Gewicht zu reduzieren, in dem wir immer etwa Anderes entnehmen.
Als die Nerven blank liegen, wird der Manager gerufen, dem wir klar machen, dass alles ist, wie schon auf dem Hinflug.
Aber das interessiert ihn natürlich nicht.
Nun ja. Das Ende der Geschichte ist, dass wir mit acht Einzelteilen weiter dürfen.
In der schönen und gut gekühlten Lounge ordnen wir die Dinge natürlich wieder ein. Oder was hat man erwartet?
Die Lounge ist übrigens cool. Nicht nur was die Temperatur anbetrifft. Der Raum ist hoffnungsvoll überfüllt. Alles auf dem Büffet ist köstlich.
Das i-Tüpfelchen ist der Mitarbeiter, der mit einem Tablett voller leckerer Cocktails die Passagiere bei guter Laune hält.
Wir fliegen wieder mit der schwarz-lackierten B777, die immer nur mittwochs Neuseeland mit Rarotonga verbindet.
Die sonderbare Bestuhlung im Fischgrätenmuster ist nicht der einzige Nachteil in der Business Class von Air New Zealand.
Es ist die unkomfortable Umstellmöglichkeit von Sitz zu Liege. Wenn man nicht weiss, wie es geht, muss man einen Flugbegleiter
zu Hilfe bitten. Da es bei Tagflügen kein Bettzeug gibt, liegt man dann auf einer harten Fläche.

Dann heisst es, sich endgültig von den Cooks zu verabschieden.
Auch unser zweiter Aufenthalt auf den Inseln Rarotonga und Aitutaki war wieder traumhaft. Ohne Wenn und Aber.


# Back to the Future
Der Flug bis Auckland in Neuseeland, ist teilweise ziemlich wackelig.
Wir überfliegen wieder die Zeitzone. Starten also am 29. Mai, sind mit einem Vier-Stunden-Flug ganze 22 Stunden in die Zukunft gedüst und
landen demzufolge am 30. Mai in Auckland.
Hier in Auckland ist es schon Abend. Es sind 15 Grad und unangenehm kalt.
Bis zum Pullman Airport Hotel
sind es nur wenige Schritte.
Am frühen Morgen des 31.Mai - genauer gesagt halb Vier - holt uns der Wecker in die Realität.
Es soll erst mit ANZ nach Christchurch gehen, um dort die SIN-Maschine nach Singapore zu bekommen.
Der erste Flug ist ein Inlandflug. Demzufolge müssen wir zum Domestic
Teil des Airports. Der gesamte Airportbereich wird gerade umgebaut, was heißt, dass wir knapp fünfzehn Minuten über unwegsames Gelände müssen 😐
Na gut. Auch das schaffen wir.
Der NZ519 nach Christchurch wird von einer Frau geflogen.
Es bleibt das Einzige, was am heutigen Tag positiv im Hirn bleibt.
Bis hierher lief alles wie geplant ab.
Aber wegen eines Vorfalls am Airport in Christchurch, landen wir niemals in Christchurch.
Wir kreisen mehrfach in Warteposition nördlich über Christchurch, dürfen nicht landen und landen nach zwei Stunden zum Auftanken in Wellington.

Hier warten wir auf die Zusage, dass der Airport Christchurch geöffnet wird.
Rainer spricht währenddessen mit der Pilotin und weist sie darauf hin, dass wir einen Anschlussflug nach Singapore haben. Aber sie ist ganz
entspannt und meint, dass auch SIA nicht landen kann und in Aukland steht. Mehr Informationen hat sie nicht. Wir dagegen sind enttäuscht.
Ist man mit anderen Airlines unterwegs, die sich voraussichtlich verspäten werden, wird sich um die Passagiere
mit Anschlussflug gekümmert. Bei Air NewZealand ist niemand darauf vorbereitet.
Der Flug von Wellington bis Christchurch wäre kurz.
Aber nach einer Stunde des Wartens wird entschieden, dass wir wieder nach Auckland zurück fliegen werden.
Die Aussicht super. Sogar der Mt. Taranaki lässt sich sehen.
Aber für uns ist das momentan so zweitrangig, dass wir so gar keine Freude verspüren.

Gerade als wir landen, sehe ich unsere Maschine abheben.
Das ist beziehungsweise war unser Anschlussflug nach Singapore! Wahrscheinlich hat niemand von ANZ sich die Mühe gemacht, SIA zu informieren,
dass wir in diesem Flieger sitzen. Es ist nicht nur dieser Flieger weg, sondern auch der nach Hanoi 🙈
Mit diesem Flug fällt meine sorgsam gebuchte Planung wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

# Auf dem Abstellgleis
Alles was nun folgt, bringt uns an unsere Grenzen.
Inkompetenz auf ganzer Linie nenne ich das. Man ist nicht fähig, uns eine andere Möglichkeit anzubieten, um nach Hanoi zu kommen.
Nach fast einer Stunde des Durcheinanders stellt man fest, dass wir die einzigen "Internationals" auf diesen Flug waren.
Alle anderen Passagiere, die mit uns im Flieger waren, holen sich einfach ein neues Ticket nach Christchurch.
Aus Verzweiflung und Unwissenheit das Problem zu lösen, verweist man uns an das Service Center im Gebäude des International Airports,
zu dem wir mit all unserem Gepäck wieder die unwegsame Strecke laufen müssen, die wir schon heute früh gelaufen sind.
Es erwartet uns ein fast fünfstündiger Verhandlungsmarathon.
Von Frechheit bis Lügen ist alles dabei.
Erst heisst es, dass man uns keinen Flug nach Singapore anbieten kann. Man will uns nach Christchurch umbuchen.
„Ja und dann?“
„Dort wird man Ihnen weiterhelfen“
"Echt? Wir sind in Auckland. Dem Hub Neuseelands."
Darauf lassen wir uns natürlich nicht ein!!!
Es folgen mehrere Angebote mit Holzklasse in irgendwelchen Billigairlines, die wir strengend ablehnen.
Zwischendrin erhalten wir einen Voucher, um im Airport-Restaurant etwas zu essen. Schließlich haben wir seit
gestern Abend noch nichts gegessen. Während Rainer also am Counter bleibt, um den Faden der Findungssuche nicht abreissen zu lassen,
gehe ich schnell etwas essen. Inzwischen steht aber eins schon fest: Das gebuchte Flugzeug von Singapore nach Hanoi, am morgigen Tag,
werden wir definitiv nicht schaffen. Ich kontaktiere in der Zwischenzeit das Hotel in Hanoi und informiere sie, dass wir am 1.Juni nicht kommen werden.
Doch ausgerechnet dieses Hotel habe ich nicht stornierbar gebucht. Das mache ich nie. Das war vor einigen Tagen. Ich habe keinen Grund gesehen,
warum wir nicht anreisen sollten. Schließlich sind wir schon auf Reisen.
Rainer bucht den Folgeflug von Singapore nach Hanoi um. Die Umbuchungsgebühr ist höher als der gesamte Hin- und Rückflug.
Es ist zum Schreien!

Irgendwann reisst uns beiden dann doch die Hutschnur. Ich werde sehr laut. Wir beide können nicht glauben, dass es keine BC-Flüge vom Ende
der Welt gibt.
Dem Verzweifeln nahe mache ich einen Vorschlag und bitte um die Prüfung für eine Verbindung über den australischen Kontinent. Es muss doch eine
Möglichkeit geben, hier weg zu kommen!
Yoko, aus Nagoya, der ANZ Service Mitarbeiterin haben wir mehr Kompetenz zugetraut.
Vielleicht aber ist da etwas, was sie uns nicht sagen darf. Immer wieder kommt eine Vorgesetzte und schaut auf ihren Bildschirm.
Und dann geht es plötzlich ganz schnell. Auf dem "Schriebs" sind zwei Flüge notiert. Von Auckland nach Melbourne mit ANZ und
von dort mit SQ nach Singapore. Allerdings erst in zwei Tagen. Neben einem Restaurantvoucher erhalten wir auch einen Übernachtungsvoucher im
Ibis Budgett Hotel.
Allerdings nur für eine Nacht. Die zweite Nacht müssen wir selbst zahlen. Schließlich läge die Schuld nicht bei ANZ. Wir wären ja diejenigen,
die nicht in der Holzklasse mit einem Billig-Carrier fliegen wollten.
Das verschlägt uns die Sprache. Aber wir sind zu geschafft, um uns auf weite Diskussionen einzulassen.
Am zweiten "Warte-Tag" wechseln wir wieder in's Pullman Airport Hotel Die Rate kostet - genau wie im Ibis - auch 179€. Das wir die Kosten eh allein tragen müssen, warum nicht ins modernere und höherwertige Hotel ziehen?

Was die Buchung für den bevorstehenden Flug am morgigen Tag angeht, sind wir misstrauisch, sehr misstrauisch. Denn trotz Buchungscode ist auf der Website von Singapore Airline nichts von unserer Buchung zu finden. Also gehen wir wieder zum Airport. Am Counter bei Singapore Airline bestätigt man uns, dass wir nicht auf der Passagierliste für morgen stehen. Also trotten wir wieder zu ANZ und dort versichert man uns, dass alles super ist.
Am Abend essen wir im Rooftop Restaurant vom Pulmann. Die Qualität ist außergewöhnlich. Es gibt also noch nette Momente auf neuseeländischem Boden.
# Singapore via Melbourne
Nach zwei Tagen des Wartens kommt der ersehnte Abflugtag - die Aufregung ist unbeschreiblich!
Beim Einchecken erhalten wir Bordkarten nur für den Flug nach Melbourne. Die Bordkarten nach Singapore sollen wir uns in Melbourne holen.
Das Gepäck wird aber durchgecheckt.

Noch bin ich der Optimist - Rainer der Gegenspieler. Rainer fühlt sich bestätigt in der Annahme, dass irgendetwas nicht stimmt.
Aber egal. Nichts wie weg hier.
Die Lounge Auckland ist wie letztens schon brechend voll. Einige bekommen gar keinen Platz. Das Angebot am Buffet ist enttäuschend.
Man muss lange anstehen. Wir begnügen uns mit Prickelwasser.
Zugegeben sind wir überempfindlich, wenn es nur einen Hauch mit Neuseeland zusammenhängt.
All die schönen Bilder vom Erlebten hier im Land, wollen sich nicht in den NZ-Kasten im Hirn einreihen.
Als wir den australischen Boden touchen, fühlen wir uns wie zu Hause. Weg aus Neuseeland!
Es kommt wie schon befürchtet. Rainer sollte Recht bekommen. Das angebliche E-Ticket ist die Druckertinte nicht wert.
Es gibt keinen gebuchten Flug für uns. Außerdem seien alle drei Flüge nach Singapore ausgebucht, erfahren wir in der Singapore Lounge.
Wir sind am Ende 😩
Der Loungemitarbeiter jedoch verspricht uns, den Verantwortlichen von ANZ antanzen zu lassen.
Wir sollen uns in der Lounge erst einmal ausruhen. Was immer im Hintergrund passiert ist, keine halbe Stunde später bekomme
ich eine E-Mail mit der Nachricht, dass wir im Abendflieger sitzen. Kurze Zeit später erscheint der Loungemitarbeiter und bietet
uns nun doch zwei Plätze im Flieger am Nachmittag an. Allerdings getrennt. Aber das haben wir schon auf dem letzten Flug an Bord wunderbar gemanaged.
Als Rainer fragt, ob es auch in der BC ist, ist unser Held des Tages ganz erstaunt.
Und meint: "What else? You have been mistreated enough"
Die heutige SQ 228 ist eine ältere Ausgabe einer B777. Die Sitze sind riesig.
Kurzzeitig denke ich, wir sind in der First Class. Sind wir aber nicht.
In meiner kompakten Crossbody Bag befindet sich natürlich auch ein Zollstock. So kann ich sicher sagen: Die Sitzplätze sind 1.10 Meter breit.
Irre oder? Es gibt keine Overheadbins. Das gibt Raumgefühl wie im Wohnzimmer.

Kurz nach 9pm Singapore Zeit ist unsere innere Uhr schon auf 1am des neuen Tages.
Wir haben 4 Stunden geschenkt bekommen. Und noch mehr!
Singapore ist unser moderne Wohlfühlwelt

Was für eine Odyssee!
Alles was wir uns für den Kurzaufenthalt außerhalb des Singapore Airports vorgenommen haben, lief ab wie im Film.
Landen - Gepäck schnappen - zwei Taschen für den morgigen Flug aufgeben und dann mit dem Taxi zu HongLi fahren.
Sie ist momentan in der Türkei, hat uns aber ihre Zugangsnummer für ihr Apartment gegeben, wo wir unsere zwei Koffer abstellen.
Nur für die Zeit unseres kurzen Vietnamaufenthaltes.
Die Räume bei ihr zu Hause sind unglaublich heiß. Die Fenster leicht geöffnet. Auch die anderen im Haus haben weit geöffnete Fenster.
Wir verstehen es nicht. Wir haben es uns von ihr erklären lassen, als wir vor vier Monaten, auf den Hinweg übernachtet haben, warum
sie die Klimaanlage nicht nutzt, um die schreckliche Feuchtigkeit und dem damit verbundenen Schimmelbefall des Hauses zu bändigen.
Aber sie sieht darin keinen Zusammenhang. Ok. Sollte aber nicht unser Problem sein.
Wir sind ihr unglaublich dankbar, dass sie uns nun zum zweiten Mal auf dieser Reise so unschätzbar wertvolle Hilfe bietet.
Praktisch „klitschnass“ vor Schweiß versuchen wir ein Taxi zu bekommen. Geylang ist nicht die Marina. Ich sehe mich schon ewig laufen.
Aber dann kommt die Erlösung. Das Taxi bringt uns zum Airport.
Hier gehen wir sofort in die Kris-Lounge. Wir sind begeistert über die Größe und die Vielfältigkeit der Sitzgelegenheiten.

Eine ganz neue Erfahrung ist das Duschen in der Lounge.
Die Einrichtung ist perfekt: Dieses hier könnte auch in meinem Bad zu Hause sein. Denn es gibt ein Toto-Washlet 😍 und den gleichen Kosmetikspiegel.
Alles ist sauber und modern.


Das Angebot an westlichem Frühstück ist mager. An der Theke mag man nicht einmal eine Eierspeise zubereiten.

Jetzt endlich kann es losgehen zum vorletzten Abenteuer unserer zweiten Langzeitreise: Nach Vietnam!
So geht es weiter
Es geht nach Vietnam!
Zehn Tage nur sind uns nach dem Fiasko übrig geblieben.
Gut, dass wir diese nicht wie ein typischer Asiate geplant haben.
Zum ersten Mal werden wir in einem Land sein, für das wir so gut wie gar keine Vorbereitungen haben.
Ob das gut geht?