Vier Monate Südamerika - Prolog und Vorbereitung
Es muss im letzten Sommer gewesen sein, als wir unterwegs in Colorados Weiten
beschlossen haben, 2023 so richtig lange zu verreisen. Ganz ohne Grenzen. Unabhängig von
Beschränkungen die uns das Berufsleben auferlegt/(e).
Einen SUV in den USA zu kaufen, um dann einfach
der Nase nach durch’s Land zu cruisen. Das war die erste, fixe Idee.
Klang einfach genial.
Bei genauer Betrachtung habe ich an dieser
Idee dann doch keinen Gefallen gehabt. Es gibt ja nicht mehr viele Steine westlich von Denver,
die wir noch nicht umgedreht haben.
Etwas Neues muss her. Etwas, was uns vollkommen neue Natur, andere Menschen und eine neue Herausforderung
abverlangt.
Lange brauche ich da nicht nachzudenken. Es bleibt nur noch ein Kontinent,
der von uns noch vollkommen unentdeckt geblieben ist: Südamerika.
Die nächste Hürde war, die Idee im wahrsten Sinne des Wortes an den Mann zu bringen.
Rainer interessiert Südamerika erst einmal gar nicht. Und wenn überhaupt dann nur Macchu Piccu. Der Rest sei ihm egal.
Ich wollte unbedingt mal in die Atacama Wüste, Uyuni und Patagonien. Ach ja.
Und auf Rapa Nui will ich auch. Unbedingt!
Ein "Nein" habe ich bei diesem Erstgespräch nicht herausgehört. Aber eine Begeisterung kam da auch nicht rüber.
Ich mach' das schon - dachte ich und stürzte mich auf Erkundung im World Wide Web.
Aber erst einmal habe ich mir den Kontinent mit seinen Ländergrenzen ausgedruckt. Denn zugegeben,
die Ländernamen kannte ich. Nur nicht wo genau sich jedes Land befindet. Anschließend habe
ich alles über die besten Reisedaten, also was das Wetter anbetrifft, zusammengetragen.
Und fast zuletzt habe ich mir angeschaut, welche Orte die Lufthansa ansteuert. Und nur die
kamen in Frage. Denn eine offene Reise, also ohne sich auf einen bestimmten Rückflugtermin schon festzulegen,
bezahlt man am günstigsten mit Meilenpunkten, von denen wir auf unserem Konto genügen hatten.
Erstaunt war ich, als ich sah, dass die Lufthansa Ende 2022 nur vier Destinationen, nämlich
Buenos Aires, San Jose & San Paulo in Brasilien und Bogotá in Kolumbien ansteuert. Für Brasilien
konnten wir uns beide nicht erwärmen. Wie also die Reise gestalten?
Eine echte logistische Herausforderung!
Zusammen mit den besten Reisezeiten jedes Landes stand also bald fest, dass wir uns vom Norden, also von Kolumbien nach Süden, also Patagonien in Chile, bewegen werden.
Kolumbien - Ecuador - Bolivien - Peru - Chile - Argentinien.
Das war Plan A.
Anfang des Jahres buchte ich einen Meilenflug nach Bogotá.
Kurze Zeit später war klar, dass Peru wegen den Unruhen und der Grenzschließung
leider von der Liste fallen wird.
Ecuador fiel als nächstes. Denn bei all den zusammengetragenen Infos würden wir mehr als die angedachten
drei Monate benötigen. Einige Zeit später wurden aus drei vier Monate 😎
# Das Drama mit geeigneten Infos
Das Netz ist einerseits voll mit Blogbeiträgen. Genauer hingesehen,
war nichts dabei, was mir bei der Planung helfen könnte.
Wir sind weder Rucksacktouristen - und werden auch keine werden - die sich mit
langen Bussreisen fortbewegen werden, noch sind wir am schnellen Durchhuschen durch's
Land interessiert. Wir wollen selbst mit dem Auto fahren.
Solche Reiseberichte habe ich für Patagonien gefunden. Nicht aber für Kolumbien oder
Bolivien.
Die Sondierung ist ein Zeitfresser.
Kolumbien besteht für die meisten aus Bogotá, Kaffeezone, Medellín, Cartagena
und eventuell Minca.
Bolivien aus La Paz und Uyuni. Eventuell auch noch Tupiza.
Im März fällt Patagonien von der Liste. Die Reservierungen für Hotels sind teilweise
ein bis zwei Jahre im Voraus nötig. Das finde ich doof. Es scheint, als wäre es ein
überlaufenes, Touristen abzockendes Reiseziel.
Die Reise bekommt Konturen. Es wird nicht alles dabei sein, was angedacht war, aber
ich bin im Frieden mit dem was jetzt auszuarbeiten ist.
Letztendlich finde ich das Kolumbienforum, wo ich mir sehr viele Tipps holen konnte.
Auch für das Autofahren als Selbstfahrer habe ich Zuspruch bekommen.
Zuletzt hat ein junger, in Cochabamba lebender Deutscher mir nicht nur Vorschläge gemacht,
sondern die Gewissheit gegeben, dass das Land als Selbstfahrer besuchbar ist.
# Mietwagen & Hotels
Ende März steht die Route in groben Zügen fest.
Die Hotelbuchungen finden überwiegend über Booking.com statt.
Drei Unterkünfte buche ich über AirB&B, einige wenige - genauer gesagt sieben - bleiben offen.
Kein Portal bietet Unterkünfte in dieser Gegend an. Deshalb werden wir uns mit der
Notvariante, der Übernachtung im Auto, behelfen müssen.
Und was ist mit einem Auto?
Eine Überführung unseres heimischen SUV's lehnt Rainer kategorisch ab.
Es bleibt für ihn unverhandelbar!
Also muss ein Mietwagen her.
Das größere Problem stellt jedoch anfangs die Anmietung des Mietwagens dar.
Sechs Wochen Kolumbien mit einem Auto zu bereisen funktioniert nicht.
Alle Vermieter lassen nur eine Anmietzeit von maximal vier Wochen zu. Das war mir neu.
Also unterbreche ich die Rundreise und buche einen Flug von Medellín nach Cartagena.
Damit ist die Rundreise durch Kolumbien abgedeckt.
Aber wie verbindet man Bolivien mit Argentinien und Chile?
Schwierig. Es erfordert eine wirklich intensive Recherche und dann ist
alles so einfach. Im Forum von Tripadvisor finde ich einen Hinweis auf einen
privaten Vermieter aus Sucre, der all meine Wünsche erfüllt. Inklusive
fünf Grenzübergänge. Der Preis ist happig. Aber wir wollen es ja so.
Alejandra ist meine Ansprechpartnerin per WhatsApp.
Ich lerne als Erstes geduldig zu sein. Etwas zu schreiben und kurze Zeit später
eine Antwort zu bekommen - no way. Alles dauert. Ich solle mich an südamerikanische Geschwindigkeiten
gewöhnen, bekomme ich von einem Bekannten als ganz heißen Tipp.
Aber sie ist sehr hilfsbereit und reserviert sogar eine Übernachtung im Sajama
National Park für uns. Am Ende ist alles im Kasten. Genau wie wir uns das vorstellen.
# Die endgültige Route
Ende April steht die endgültige Route fest:
Sechseinhalb Wochen werden wir durch Kolumbien reisen.
Weitere Acht Wochen sind für Bolivien, Nordwest Argentiniens und Nordost Chiles geplant.
Rapa Nui, mein lang gehegter Wunsch fällt im April, als der Flugpreis in's
Unverschämte steigt. Nein. Über 2.500€ pro Person in der Eco soll es kosten. Wahrscheinlich
komme ich mit der Buchung zu spät. Ich weiss es nicht. Diese Summe zu zahlen ist es mir nicht wert.
Da käme ja noch die Übernachtung dazu, die auf der Insel auch kein Pappenstiel ist.
Ich bin erst traurig. Aber letztendlich auch happy als dieses Thema vom Tisch ist.
Die zwei noch übrigen Wochen, fülle ich mit Santiago de Chile & Valparaiso sowie
eine weitere Woche in Buenos Aires.
# ... und was ist mit Spanisch?

Die Meinungen gehen auseinander.
Der Eine schreibt: man kommt auch mit Englisch überall irgendwie durch.
Der Andere besteht auf seiner Meinung: Man muss etwas Spanisch können. Besonders wenn man außerhalb
der ausgetretenen Wege unterwegs ist. Und ja. Das werden wir sein.
Also opfere ich mich für einen zweiwöchigen Intensivkurs, also 10 Tage à 6 Stunden
südamerikanisches Spanisch in der Tú también - Sprachenschule".
Die Schule macht echt Spaß. Ein durchgehend junges Team mit nativ-born Lehrern.
Als Kleinstgruppe von fünf "very beginners" lernen wir mit Fernando, einem Chilenen,
die ersten Schritte der spanischen Sprache. Anschließend folgt kontinuierliches Lernen mit Duolingo.
Am Tag 210 geht es endlich los - nach Südamerika.
# Langzeitreisen: Was muss noch mit?
Bisher betrug unsere längste Urlaubsreise etwa fünf Wochen. Wir waren in den USA unterwegs.
Da gab es nichts zu Bedenken.
Waschmaschinen stehen in vielen Hotels zur privaten Verfügung. Und ein Shirt konnte man zur Not auch mal kaufen.
Aber wie ist das in Südamerika?
Erst einmal werden wir in verschiedenen Klimazonen unterwegs sein. Sowohl in tropischen
Gegenden, wo es heiss und regnerisch sein wird, als auch in hohen Lagen, wo es windig und nachts
empfindlich kalt ist. Es ist praktisch alles dabei.
Für die eventuell anstehenden Übernachtungen im Auto kaufen wir zwei Daunenschlafsäcke
die bis zu Minus 4°C warm halten sollen. Von unserer Tochter bekommen wir noch zwei edle
und superkleine
Hüttensäcke, die auch noch ein paar Grad bringen könnten. Die - das habe ich auch irgendwo gelesen -
sehr gut sind, wenn die Bettwäsche in einer sehr einfachen Unterkunft nur mittelprächtig sein sollte.
Einfach dann, wenn man das Gefühl hat, nicht als erster Gast in der Bettwäsche geschlafen zu haben. Genau diese
Situation haben wir ja schon in Tibet erlebt 🙄 .
Ein Kocher mit einem Töpfchen werden angeschafft. Gut zum Kaffeemachen oder auch um
einen Becher Cup Noodels zu zubereiten. Besteck habe ich immer auf Reisen.
Und zwei unzerbrechliche Teller.
Für die schnelle Wäsche kommt eine verzwirbelte Gummi-Wäscheleine mit zwei Karabinerhaken an deren
Ende mit. So benötigt man keine Klammern zum Befestigen der Wäsche.
Zu guter letzt kaufe ich ein Moskitonetz. Eins das man anhaken kann oder mittels
Klebehaken an der Decke befestigen kann. Was es alles so gibt!
Schlussendlich kommt Ducktape für alle anderen Sonderfälle mit.
Noch etwas vergessen? Sicher. Aber dann ist das so.
# Impfungen
Impftechnisch sind wir stets sehr vorbildlich auf dem neuesten Stand.
Dennoch reicht das für unsere Reise nicht aus.
Im Norden Kolumbiens, in Tayrona NP grassiert Gelbfieber.
Und im Osten Boliviens, da wo das Flachland beginnt, waren es in der letzten Zeit öfter
Stechmücken der Gattung Aedes unterwegs, die infiziert das Dengue Fieber verbreitet.
Gut, dass es gegen Letzteres seit einem halben Jahr einen Impfstoff gibt.
Gegen Beides lassen wir uns impfen.