Hanami und Sakura in Osaka-Kyōto-Tōkyō
Reisezeit: 1.April bis 22.April 2010
- Prolog-
Woran denken die meisten eigentlich, wenn sie an Japan denken? An Geishas, Sumo Ringer, Shogune, Samurais,
Reis, Elektronik, Menschenmassen, die von Schaffnern mit weißen Handschuhen in die schon überfüllte
U-Bahn gedrückt werden, Yakuza, Sushi oder Karaoke?
Ende der 80er Jahre lebten wir mit unseren Kindern in Tōkyō.
Rainer ging seinem Job nach, Töchterli ging täglich in den Kindergarten... und ich?
Ich war zu Hause, Hausfrau, zusammen mit unserem knapp 3 jährigen Sohn.
Was tun also in einer Welt, die so völlig anders ist, wo die Sprache und Schrift im Großen und
Ganzen ein Rätsel ist.
Wo man sich -wenn überhaupt- nur in englischer Sprache verständigen kann.
Wo Modernes und Tradition so nah sind, wo stille Parks mitten in einem Wust an Straßenlärm und Trubel des Alltags zu
Hause sind.
Wo man immer noch eine von Männern beherrschte Welt antrifft, wo Liebeshotels kein Tabu sind und Mangas von Erwachsenen gelesen werden?
Ich besorgte mir einen ordentlichen Stadtplan, kaufte ein Buch: „A Parent's Guide to Tōkyō“
und ein Fahrrad mit zwei Kindersitzen, einen vorn und einen hinten. Und so entdeckte ich Tōkyō
und die Umgebung.
Ja, ich eroberte jede Sehenswürdigkeit, jeden Spielplatz, jeden Park.
Kurzum: in Tōkyō kannte ich mich aus „wie in meiner Westentasche“ !
Der erste Satz im o.g. Buch hat für mich damals wie heute noch die volle Gültigkeit:
„If you didn’t believe in cultural shock before, you might just change your mind if you arrive in Tōkyō”
Das gilt natürlich für ganz Japan.
Japan ist und wird für uns immer etwas Besonderes sein, es war unsere erste Begegnung mit Asien.
Mit geringster Kriminalität, mit der erdbebensichersten Bauweise der Welt, Sauberkeit und unendlich viel
Freundlichkeit und Bescheidenheit, aber eben mit den höchsten Preisen, die man sich vorstellen kann.
Deshalb sind Besuche Japans immer eine Rarität geblieben.
2010 war es wieder einmal so weit.
Wir entscheiden uns für eine Reise zur Kirschblütenzeit mit den Zielen Osaka und Tōkyō, um genau dem Verlauf der Kirschblüte zu folgen.
Noch kurz vor der Reise lernt Rainer „schnell mal“ die 46 Katakana Zeichen, die können uns durchaus behilflich sein. Katakana-Buchstaben werden im modernen Japanisch verwendet, um Fremdwörter und Eigennamen, insbesondere aus dem Englischen, zu schreiben.
- Ankunft in Japan-
Die Lufthansa fliegt uns von Berlin nach Frankfurt und dann mit der A340 direkt nach Osaka. Ankunft am frühen Morgen.
Die Einreiseformalitäten sind schnell erledigt.
Und dann?
Dann sind wir endlich da
Wir haben Freude an der Sprache, an den sich verbeugenden Menschen, an dem Personal mit weißen Handschuhen,
an der Gangart der Frauen. Eigentlich an allem. Es ist einfach nur schön hier zu sein.
Wir fühlen uns wie zu Hause.
Dabei sind wir das keineswegs, denn Osaka kennt Rainer nur von Geschäftsreisen und ich nur von meiner sorgfältigen Reisevorbereitung.
Als wir uns vor Freude wieder einkriegen, haben wir schon unser erstes Problem: den Bus, der uns direkt vor das gebuchte Hotel
vorfahren soll, den gibt es gar nicht.
Na klasse.
Ich kann das gar nicht glauben, daß mir so ein monumentaler Fehler unterlaufen sein soll.
Wir erfahren, daß es keine direkte Verbindung gibt.
Ok.
Es gibt natürlich einen Plan B: wir fahren eine reichliche Stunde bis zum Hauptbahnhof Umeda mit einem Bus
und steigen in die S-Bahn um.
Unser Hotel, das New Otani Osaka,
ist eher ein Hotel der gehobenen Klasse.
Und so ist es aus heutiger Sicht nicht verwunderlich, daß, während wir gutgelaunt und völlig
entspannt mit dem Gepäck antrödeln... die Welt vor Freude umarmen könnten, die vor dem Hotel stehenden
Bellboys uns schon vom Weiten sehen und uns entgegengerannt kommen, um uns das Gepäck abzunehmen.
Offensichtlich ist: Wer hier übernachtet, kommt nicht wie „El Tourista“ zu Fuß an. Hier fährt man mit Auto vor.
Ach übrigens, Trinkgeld ist in Japan verpönt!
Sofort werden wir zum Check-in geleitet und die Anmelderei wird erledigt.
Unser Zimmer ist in einer der obersten Etagen. Es ist ein Eckzimmer und für japanische Verhältnisse eher eine Aula.
mit riesigem Bett, extra Ecksitzbank, Tischli etc. und mit deckenhohen Fenstern, die einen Blick auf das Osaka-Castle
aus jeder Ecke des Zimmers ermöglichen.
Aber das absolute Highlight ist der Toilettendeckel mit seitlich angebrachtem Bedientableau.
Selbstverständlich ist die Toilettenbrille beheizbar, das Besondere ist: man kann die Temperatur
individuell einstellen. Außerdem hat der Deckel Bidetfunktionen und ist in Japan eher ein Dusch-WC.
Dabei kann man die Wassertemperatur und -druck der Bidetfunktion wählen. Das finde ich mal eine echt klasse Erfindung.
So was will ich auch zu Hause haben!!!
Letztendlich können all die Ereignisse uns nach einer fast 20-stündigen Anreisezeit, von Haus zu Haus, nicht mehr wachhalten!
Erst am späten Nachmittag geht’s also los und wir fahren, mit Fotoapparat und Kamera "bewaffnet", in das Bahnhofsviertel Umeda. Hier saugen wir erst einmal alles auf.
´Bahnhofsviertel sind in Japan nichts Anrüchiges, sie sind sauber und stellen immer eine Art Zentrum dar.
Der Bahnhof Umeda Station hat noch 5 Basements, in der sich ein riesiges Einkaufscenter mit Cafés und
Restaurants befindet, praktisch wie eine unterirdische Stadt.
Wir machen einige Fotos und schlendern ins HEP Five.
Wieder ein vieletagiges Shopping-Center.
Alles ist so unglaublich bunt und man hat nicht wirklich den Eindruck,
daß es draußen schon stockdunkel ist.
In der oberen Etage befindet sich eine Art Spielsalon... wir werden übermannt
von den Farben und all den visuellen Effekten. Doch der absolute
Clou ist das Riesenrad, das in der 7.Etage aus dem Gebäude ragt.
Wir drehen also ein paar Runden mit dem Riesenrad und sind begeistert von der Aussicht über die buntbeleuchtete Stadt am Abend.
In einem japanischen Fastfoodrestaurant, im Yoshinoya,
essen wir zum Abendbrot.
Für 450 ¥en (ca.4.20 €) bekommen wir eine Schüssel Reis mit Fleisch. Dazu gibt es grünen, heißen Tee.
Das Besondere ist, kaum daß man sitzt, hat man auch schon einen Tonbecher voller Tee vor sich zu stehen
und dann ist genauso schnell auch das Essen da. Man sitzt an einer U-förmigen Bar und in der Mitte flitzt
der Koch und Kellner und kümmert sich darum, daß man immer genügend Tee zu trinken hat.
Alles geht für unsere Verhältnisse unheimlich schnell und eher hektisch ab.
Japaner essen nicht, sie schlingen!
Während wir also noch Essen, sind die, die mit uns gekommen sind, schon längst auf dem Nachhauseweg.
Macht nix. Wir wollen das hier genießen.
Anschließend geht es noch in eine ganz kleine, brechendvolle, enge und zugequalmte Bierbar.
Wir genehmigen uns das feinperlige, automatengezapfte Bier und können es kaum glauben: ja, wir sind wieder in Japan!!!
Wir sind ganz happy aber mittlerweile sehr müde.
Unser Speicher im Kopf ist jetzt aber auch mehr als voll von den Eindrücken des ersten Tages.
Als wir im Hotel ankommen, ist es kurz vor Mitternacht.
...ist das nicht süß?...