Provinz Bergamo in der Lombardei

Heute haben wir das Frühstück gleich mal für um 9 Uhr bestellt.
Ein wenig ausschlafen muss sein. Schließlich sind wir im Urlaub.

Wie schon gestern stellt Alessia das Tablett auf dem kleinen Tisch ab.
Normalerweise wird das Frühstück in der ersten Etage serviert. Doch Corona hat besonders in Bergamo hart zugeschlagen und deshalb ist man besonders vorsichtig.
Und ganz ehrlich...?
An so einen Service kann man sich gewöhnen 😉

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Bergamos nördliche Umgebung steht heute auf der ziemlich leeren To-do-Liste. Mein Reiseführer über Oberitalien ist wirklich umfangreich. Konzentriert sich aber viel ausführlicher auf die viel bekannteren Seen der Umgebung. Und das reizt uns gar nicht.
Wir planen also den Besuch des Lake Iseo an. Für den Rest des Tages haben wir keinen konkreten Plan. Wir werden das ganz operativ entscheiden.

Halb Zwölf verlassen wir das Parkhaus und fahren Richtung Osten.
Als Beifahrer "lenke" ich etwas mit in dem ich die Strecke aussuche 😉.
Drum geht es nicht auf der A4 entlang, sondern schön auf der Landstraße, der SS42. Die erweist sich allerdings als absolute Enttäuschung. Denn die Orte, die wir durchfahren, sind eher vom Stand der 60er Jahre und bieten nicht das Italien-Flair, das wir sehen wollen.
Die SP90 ist eine "Dorfstraße". Rechterhand tangieren wir weite Wiesen, links riesige Marmor-Abbruchstellen. Aber insgesamt geht es bergauf in der Hoffnung etwas ländliches, italienisches Flair einzuhauchen.

# Foresto Sparso

Hinter dem ersten "Hügel" erwartet uns das, was wir wollten:
Foresto Sparso - eine Gemeinde der Provinz Bergamo, deren Häuser sich breit gezogen im gesamten Tal verteilen.
Wir cruisen etwas durch den Westteil.
Gern würden wir uns hier bei einem Cappuccino in ein Café setzen und einfach die Seele baumeln lassen. 35°C machen einfach mal träge.
Aber wir finden nichts. Auch Google kann mir nicht helfen.

Foresto Sparso,Lombardei,Italien,born4travel.de
Foresto Sparso,Lombardei,Italien,born4travel.de
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# San Giovanni delle Formiche

Auf einer Bergspitze entdeckt Rainer einen Kirchturm. Und es sieht aus, als ob wir da oben bezüglich eines Restaurants fündig werden. Kurvenreich geht's also wieder etwas zurück und dann steil bergauf.
Oben angekommen ist die Enttäuschung groß. Denn das Kloster ist eingezäunt und das Tor geschlossen. Weit und breit ist auch niemand zu sehen.
Während Rainer also Drohni aufsteigen lässt, recherchiere ich etwas im Netz und erfahre, dass dies eine Location für Hochzeiten und andere Großfeiern ist.

San Giovanni delle Formiche in Villongo heißt das Areal, bietet nicht nur einen 360° Rundblick, sondern auch einen Infinity-Pool.
Da haben wir echt etwas verpasst!

San Giovanni delle Formiche,Bergamo,Lombardei,Italien,born4travel.de

Als wir dann Drohni's Aufnahmen im Auto betrachten, ist uns die einmalige Lage des Kloster bewusst: denn von dort oben kann man bis zum Lake Iseo schauen. Und das, obwohl auch heute die Sicht sehr dunstig ist.

San Giovanni delle Formiche,Bergamo,Lombardei,Italien,born4travel.de
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# Lake Iseo & Ralais Due Roccoli

Vom Kloster zum Lake Iseo ist es nicht weit. Auf der Suche nach einem Vistapoint kommt uns Iseo's Via Silvio Bonomelli sehr gelegen. Der Anstieg kann sich sehen lassen. Der "Über"-Blick auf den See auch:

Lake Iseo,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Immer noch auf der Suche nach einem erlösenden Cappuccino - wir hätten auch nix gegen einen Spritz - finden wir so etwas wie ein Anwesen oder auch Resort. Die Einfahrt ist weit und offen. Wieder einmal scheinen wir alleine auf dieser Welt zu sein. Kein Mensch ist zu sehen.
Erst geht's durch einen sehr gepflegten Garten und uups - wir stehen an einem Pool. Eine einzige Liege ist besetzt. Wir durchforsten weitere Gänge und Räume. Auch ein Restaurant, das teilweise eine Veranda besitzt und teilweise gut gekühlt und verglast ist. Einen besseren Ausblick auf den Lake Iseo kann man nicht haben.
Aber wo sind die Kellner? Wo ist überhaupt jemand?
Seltsam.

Relais Due Roccoli am Lake Iseo,Lombardei,Italien,born4travel.de

Der Garten ist ein gepflegtes Meer voller Blumen und Kräuter.
In der Ferne sehen wir den Parkplatz auf dem unser Auto steht. Wir sind also einmal rundrum gelaufen. Da stehen ja auch noch andere Autos. Das werden doch wohl nicht nur Gärtner sein?

Relais Due Roccoli am Lake Iseo,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Aus dieser "Höhle" hören wir Stimmen. Ja es sitzen ein paar Gäste drinnen und speisen.
Das wollen wir jetzt auch.
An der Rezeption sagt man uns, dass das Restaurant für die warme Küche schon geschlossen hat.
Wir sollen einfach fragen.
Das tun wir auch und werden prompt ganz vorn platziert. Auf die warme Küche können wir verzichten. Eine Menükarte gibt es hier nicht, da hier nur Hotelgäste speisen.
Aber wir sind nicht wählerisch. Wir nehmen zwei Mal irgendetwas. Für mich bitte keinen Fisch. Ich meine, in Italien wurden wir essenstechnisch noch nie enttäuscht.
Zwei Salate oder auch eine Platte mit Schinken und Käse und zwei Spritz würden uns reichen. Der Kellner ist sehr motiviert. Eine Viertelstunde später serviert man uns Salate und Käse-Schinken-Platte. Was wollen wir mehr? Das Ambiente ist 1A, die Aussicht prima und das Essen ist einsame Spitze.

Relais Due Roccoli am Lake Iseo,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Beim Bezahlen gibt es dann Probleme. Niemand hat eine Rechnung für uns auf dem Schirm.
Unser Kellner steht in seinem Privatoutfit vor uns und gestikuliert mit zu kommen. Er führt uns durch das Anwesen, zeigt uns die Aussicht und plötzlich stehen zwei Limoncello vor uns. Kaum ausgetrunken will er gerade nochmals nachgießen. Aber Stopp. Es sind knapp 40°C. Und eigentlich wollte ich noch den Nachmittag erleben 🤪.
Dann verabschiedet er sich und verschwindet.
Hm. War das jetzt eine Einladung zum Zeche prellen?
Irgendwie wäre das doof. Wir gehen also wieder zur Rezeption und zahlen unser Essen, obwohl dort niemand mehr wusste, dass wir noch eine Rechnung offen hatten. Aber so fühlen wir uns besser und alles andere wäre nicht akzeptabel.

Inzwischen steht auch unsere weitere Route fest.
Baden und Kajaken im Lake Iseo fällt wegen den Temperaturen aus.
Der heutige Tag wird ein Road Trip:

Roadtrip durch Oberitalien - zwischen Alpen & Riviera 2021,born4travel.de

Die höher gelegene Schnellstraße, SP510, im Osten des Iseo Lakes entpuppt sich als Flop. Im Grunde genommen ist dies eine Tunnelstraße. Ungefähr neunzig Prozent der Straße führen durch den Tunnel. Die wenigen Momente die man unter offenem Himmel fährt, sind entweder durch Bäume versperrt oder die Zeit ist zu kurz, um etwas vom See zu sehen.
Ehe wir uns versehen, haben wir auch schon die SS42 erreicht, die sich direkt anschließt und im großen Bogen wieder gen Südwesten führt. Das Ganze natürlich auch im Tunnel.

Klausen ist der Ort, den wir ansteuern. Die Abfahrt verpassen wir. Ok. Es ist auch schon halb Vier.
Ich suche uns flugs eine stark gezackte Straße aus, in der Hoffnung, dass wir so in die Berge fahren können.

# Bergamasker Alpen

Die SP46 ist ein Glücksgriff.
Ja. So muss Italien für uns aussehen: Ein paar Dörfer so klein wie Kleckse in der bergigen, grünen Landschaft. Es geht höher und höher. Hier ist es auch temperaturtechnisch sehr angenehm.

Auf der Strecke überwinden wir den Passo di Zambla (1.264) im Osten und Passo della Crocetta (1.056m) im Westen. Diese bei Radfahrern und sicherlich auch bei Motorradfahren beliebte Strecke gibt bei gutem Wetter den Blick frei auf die Gipfel des Chignol d'Aral (2.068m) und Pizzo Arera (2.512m).

Campello,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Es ist wunderschön hier. Die SP46 wird zur SP27.
Auf den Schildern lesen wir Orte wie Campello oder Cantoni d'Oneta. Wir erreichen knapp tausend Meter über Meeresspiegel.
Absolut untouristisch. Aber sicherlich ausgezeichnet zum Abschalten.

Campello,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Irgendwann bleiben wir stehen.
Dieses Haus steht ganz einsam entlang der gut asphaltierten Bergstraße.
Ab und zu kommt eine Kolonne trainierender Radfahrer vorbei. Sonst niemand.
Die Verschnaufpause tut gut.
Meine Watch zeigt nur 21°C an. Fast schon Strickjackenwetter.
Zeit auch, um das Umland -besser gesagt- um das Gebirge um herum uns anzusehen. Teilweise schroffe Felsen ragen aus den dicht begrünten Hügeln.
Es ist einfach schön hier!

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Campello,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Auf der anderen Seite des Passes geht es wieder bergab.
Die SP27 wird zur SP26.
Auch hier ist die Landschaft wunderschön.

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Das Ende der SP26 mündet einige wenige Kilometer nördlich des Ortes San Pellegrino Terme in die SS470.

# San Pellegrino Terme

Der Kurort San Pellegrino Terme ist durch das gleichnamige Getränk, dem leicht sprudelnden Wasser, das bei jedem Italiener auf der Getränkekarte steht, bekannt.
Der Ort selbst ist klitzeklein. Insbesondere wenn man wie wir aus den hochgelegenen Bergen kommt und ins Valle Brembana (benannt nach dem Fluss Brembo) schaut. Das dominanteste Haus, das einstige Grand Hotel, ist nicht zu übersehen.

San Pellegrino Terme,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Seinen Höhepunkt hatte der Ort um die Jahrhundertwende bis Anfang der 1920er Jahre. "Die Zeit der Freude und Leichtigkeit" steht im Prospekt geschrieben. Er war ein Treffpunkt des reichen industriellen Bürgertums.
Der erste Weltkrieg lässt die Besucher weniger werden und mit dem Zweiten Weltkrieg bleiben sie ganz aus. Nur die Marke San Pellegrino läuft weiter und wird weltweit vermarktet.

Als wir das Zentrum erreichen, sind wir eigentlich schon ziemlich spät dran. Der Weg zur Therme ist sehr gut ausgewiesen. Haben wir doch gelesen, dass man hier aus der berühmten Quelle gratis Wasser in seine Flasche abfüllen kann.
Also wo genau ist dieser Ort?
Erst gehen wir eine lange, der Natur überlassene Treppe hoch, die zwar etwas Ausblick bringt, aber hier scheint es nicht die besagte Quelle zu geben.
Dafür gibt es diesen Blick zwischen den Bäumen:

San Pellegrino Terme,Lombardei,Italien,born4travel.de

Auf dem danebenliegenden Gelände befindet sich das QC San Pellegrino Thermalbad. Hinter Zäunen sieht man Menschen wie sie sich in Bademänteln auf den Liegen ausruhen. Es scheint das Gelände des einstigen Casinos zu sein. Daneben sind moderne Häuser, die einen fantastischen Kontrast bilden. Die gesamte Anlage ist auffallend schön gepflegt.

Casinò Municipale di San Pellegrino Terme,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Rainer fragt nach der Quelle, die wir hier vermuten.
Aber nein. Die Quelle befindet sich an der Straßenkreuzung gegenüber dem einstigen Grand Hotel.

Als wir vor der Quelle stehen, sind wir nicht ganz sicher, ob dieses Wasser vertrauenswürdig ist. Doch als ein Radfahrer seine Trinkflasche abfüllt, trauen wir uns auch.
Und?
Na ja. Es ist warm und nicht sprudelig.
Es fehlt mir persönlich der metallische Geschmack.
Wir füllen trotzdem unsere zwei Flaschen ab.

San Pellegrino Terme,Lombardei,Italien,born4travel.de

Auf der anderen Seite steht das Grand Hotel.
1904 wurde das einstige Grand Hotel eröffnet. Mit sieben Stockwerken und 250 aufwendig gestalteten Zimmern gehörte es den größten Hotels Europas.
Es ist nie wieder eine Besucherzahl wie vor den beiden Weltkriegen erreicht worden. Deshalb hat man es wegen der hohen Unterhaltskosten 1979 geschlossen.
Es sieht wirklich imposant aus.
Und der Brempo Fluss ist trotz des niedrigen Wasserstandes total gletschergrün.

Grand Hotel San Pellegrino,Lombardei,Italien,born4travel.de

Nun geht's aber zurück.
Es ist kurz nach 19Uhr. Bis Bergamo sind es etwa 30 Minuten Fahrzeit.

Als wir uns Bergamo nähern, hiepere ich auf den perfekten Ort, von dem man die Altstadt sehen und für die Ewigkeit aufnehmen kann.
Die perfekte Stelle ist nicht zu finden.
Aber egal. Ich liebe das Ambiente hier um Bergamo!

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Nachdem wir uns nur kurz frisch machen, geht's flugs zur Piazza Veccia. Wir essen wieder im Lalimentari. Heute gibt es für jeden einen "Bergamo Dish" und ein paar Spritz.

Nach dem die Glocke im Turm 100 Mal geläutet hat, machen wir noch eine kleine Abschiedsrunde durch die Altstadt.

Bergamo,Lombardei,Italien,born4travel.de
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Morgen verlassen wir Bergamo als Standort.
Etwas wehmütig bin ich schon. Aber wirklich happy hier gewesen zu sein.

Natürlich gibt es noch ein Selfie vor dem Brunnen. Leider in grottenschlechter Qualität. Da kann selbst mein iPhone nichts mehr rausholen.

Das letzte Foto ist dem Eingang unseres B&B gewidmet:

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Gefahrene Strecke: 199 Kilometer