Klostertag: Drepung Monastery, Norbulingka & Potala Palace
Wir wachen schon sehr früh auf.
Nicht weil wir ausgeschlafen sind, nein, Gehirn ist geweitet und sprengt gleich den Schädel!
Als erstes versuche ich ein Glas Wasser zu trinken mit bekanntem Atemproblem.
Dem folgt eine hochdosierten Aspirin.
Da kann nur ein gutes Frühstück helfen.
Ich schaue aus dem Fenster und sehe unendlichen stahlblauen Himmel.
Gegenüber (Entfernung: gefühlte Armlänge) kann ich in die Wohnung schauen und das frühmorgendliche
Leben einer tibetischen Familie beobachten.
Beim Betrachten fällt mir noch eins auf: die Gardinen hängen in Tibet immer außen!!!
Beim Frühstück sind wir angenehm überrascht, denn es gibt ein westliches
Frühstück, also Toast, Eier, Cornies und Kaffee.
Aber wer wird denn in Asien schon Kaffee trinken?
Wir trinken natürlich tibetischen, schwarzen Tee. Kaffeesahne? Gibt es nicht. Es gibt Yakmilch .
Das nennt sich dann schlicht und ergreifend: "Yakbuttertee".
Ein interessanter Geschmack, sehr sahnig, buttrig. Und macht schön satt!
Auf den Toast gibt es... was sonst? Yakbutter . Hm. Schmeckt auch nicht schlecht.
Zur verabredeten Zeit steht unser Cruiser schon vor der Tür samt Fahrer und Guide.
Das Wetter könnte nicht besser sein.
Wir verlassen die Altstadt und nicht einmal 5 Minuten später sehe ich es!!!
das Potala Kloster
Wir wohnen also ganz in der Nähe!
Es sieht riesig aus und eins ist auch klar. Ich muß sofort erst einmal ein Fotostopp einlegen lassen.
Wer sagt mir, daß wir heute Nachmittag oder sogar morgen noch so ein geniales Wetter haben werden?
Unser Fahrer ist sehr aufmerksam und obwohl er nichts versteht, sieht er mich, wie ich mit der
Nase an der Scheibe klebe und mit dem Fotoapparat "rumfuchtele" und hält an.
Super!
Ich sprinte über die 6-spurige gut befahrene Straße, um das Bild einzufangen, weshalb ich überhaupt die Idee hatte
nach Lhasa zu kommen.
Ein Gänsehautfeeling überkommt mich!
Es ist nicht nur die Tatsache, daß das Kloster so fotogen vor mir steht.
Im Park üben Menschen Tai-Chi aus, aus einem Kassettenrekorder plärrt blecherne chinesische Musik.
Das Wetter ist perfekt. Und der kleine Teich ist fast spiegelglatt!
So, wieder ein neuer Höhepunkt unserer Reise!
Nun geht es wirklich los.
Ich kontrolliere noch mal die Aufnahme und ja, ich bin zufrieden.
Der Tag kann beginnen.
# Drepung Monastery
Unser erstes Ziel ist das Kloster Drepung .
Drepung liegt nur wenige Kilometer nordwestlich von Lhasa.
Das Kloster wurde 1416 vom Gründer des Gelupa- und Gelbmützenordens gegründet. Es war zu seiner besten Zeit
im 17.Jahrhundert das reichste und größte Kloster Tibets, in dem damals mehr als 10.000 Mönche lebten.
Heute leben hier nur noch knapp 1.000 Mönche.
"Drepung" heißt übrigens "Sack Reis".
Uns wird gezeigt, wie die Mönche ihre Waffen vor den einfallenden Chinesen Ende der 50er Jahre versteckt haben.
Draußen steht ein Kessel, der die Solarenergie bestens nutzen kann, denn die Luft hier ist
erbarmungslos dünn. Schließlich befinden wir uns in einer Höhe von etwa 3.900m.
Im Inneren des Klosters beobachten wir, wie Pilger aus großen mitgebrachten Thermoskannen
heiße Yakbutter auf die Kerzenhalter gießen.
Das riecht einfach gut.
Wieder etwas dazugelernt, Yakbutter kann man also auch als Kerzenwachs benutzen.
Wir sehen uns Skulpturen, Altare vergangener Dalai Lamas und Kapellen an.
Und alles ist so neu für uns.
Wir haben Fragen über Fragen.
Doch wir bemerken zum ersten Mal auch, wie schlecht unser Guide vorbereitet ist bzw. wie schlecht seine Kenntnisse sind.
Noch stört es uns nicht wirklich, denn wir sind einfach nur überwältigt, von dem was wir hier sehen.
Er kann uns weder genau erklären, wen wir da in Form von Statuen sehen, noch welche geschichtlichen
Hintergründe mit dieser Person verbunden sind.
Alle Infos liest er entweder aus seinem "Lonely Planet" vor, oder er liest die Beschilderung ab.
Sehen wir etwa so aus als wenn wir nicht lesen könnten???
Mit diesen Eindrücken verabschieden wir uns von diesem beeindruckenden Erlebnis hier im Drepung Kloster.
# Norbulingka
Nach diesem Ausflug geht es wieder zurück nach Lhasa und wir besuchen die Anlage der früheren
Sommerresidenz der Dalai Lamas Norbulingka (Juwelen Park).
Gleich im Eingangsgarten der Anlage findet eine Vorführung mit kostümierten Tänzern statt, teils mit recht ungewohnten Masken.
Wir "erfahren" von unserem Guide, daß es traditionelle Tänze Tibets sind, die hier aufgrund von Festlichkeiten aufgeführt werden.
Norbulingka wurde erst 1755 vom 7. Dalai Lama angelegt. Mehrere Paläste befinden sich auf dem Gelände.
Im ältesten Palast weilten der 8.-13. Dalai Lama und erst 1954 wurde ein neuer Palast erbaut,
der vom gegenwärtigen 14. Dalai Lama genutzt wurde.
Der Zustand im Palast ist noch genau so, wie ihn der 14. Dalai Lama - also der gegenwärtige - 1959 verlassen hat,
um in sein Exil nach Dharamsala/Nordindien zu fliehen.
Das zur Historie.
Auf dem Dach befinden sich Symbole der buddhistischen Religion, unter anderem das Dharma-Rad, Symbol für den
"Achtfachen Pfad".
Die Innenräume des Palastes sind im Gegensatz zu den prunkvollen, europäischen Palästen sehr spartanisch eingerichtet.
Langsam werden wir etwas ungeduldig, denn unser Guide versteckt sich mit seinen Beschreibungen immer dahinter,
daß er das Wort „Dalai Lama“ nicht aussprechen darf, schließlich sind hier überall chinesische
Mitarbeiter der staatlichen Sicherheit.
Oder eine andere Ausrede ist: er könne sich nicht vorbereiten, denn
seine Augen sind entzündet, durch den vorherigen Trip zum Mt. Kailash, den er zuvor begleitet hat.
Ok, wir sind geduldig. Versuchen es jedenfalls.
# Potala Palace
Für den heutigen Nachmittag ist der Höhepunkt in Lhasa eingeplant: der Besuch des Potala Palastes .
Wir haben einen Termin um 13.00 Uhr.
Solch einen Termin muß man wochenlang vorher beantragen.
Am riesigen Tor stehen vereinzelt Touristen.
Unser Guide „stellt“ uns ab und meint nur, daß wir von einem bestellten Guide des Palastes abgeholt werden.
Wir lassen uns zur Sicherheit seinen „Lonely Planet“ geben. Denn wir sind nach den bisherigen Erfahrungen mit unserem Guide auf alles gefaßt.
Immer wieder geht die Tür auf und dann wieder zu. Aber keiner holt uns ab.
Während dessen lernen wir eine junge deutsche Frau kennen, die gerade eine mehrmonatige Praktikantenzeit in Peking beendet hat
und sich als Höhepunkt dieser Zeit, eine Reise nach Tibet gegönnt hat. Wir tauschen uns auch aus, was die Zufriedenheit
unseres Guides betrifft. Sie erzählt uns, daß jeder Reisegruppe ein offizieller Mitarbeiter des staatlichen,
chinesischen Reisebüros zugewiesen wird.
Da sie auch eine Privatreise gebucht hat, wird sie von einem Mandarin sprechenden Fahrer und einer tibetisch und Englisch
sprechenden Reiseführerin begleitet. Beide können sich untereinander gar nicht verständigen.
Wir sind perplex.
Na Hauptsache ist, daß alles seinen "sozialistischen" Gang geht!
So verplaudern wir die Zeit und irgendwann kommt ein Guide mit seiner Reisegruppe auch auf uns zu.
Wir sollen ihm folgen, ohne etwas zu sagen.
Wir sind irritiert.
Was geht hier ab?
Aber wir haben keine andere Wahl.
Nach dem Eintritt auf das Gelände sind wir wieder schlichtweg zufrieden mit dem, was wir sehen.
Am Fuße des Potala Palastes stehen zu dürfen, ist gigantisch!
Der Palast besitzt 13 Stockwerke (und eine Etage ist definitiv nicht 2.50m hoch)
Der ursprüngliche Palst ist im Jahre 631 erbaut worden.
Wir erfahren, daß dieser durch den weißen und südlicheren Palast im Jahre 1645
erweitert wurde, um dann durch den roten Palast 1693 wiederum zu seiner jetzigen
Größe vollendet zu werden.
Seit der Flucht des Dalai Lama ist der Palast nur noch ein großes Museum mit wertvoller Kunst und Kultur Tibets.
Unter anderem gibt es hier das wertvollste 3-D-Mandala Tibets, bestückt mit Juwelen und Edelmetallen.
Das zur Theorie und nun zur Praxis.
Um das Innere des Palastes zu besichtigen, ist es notwendig, die unendlichen Höhen zu überwinden.
Wir stehen vor einer nicht enden wollender Treppe mit unendlich vielen und besonders hohen Stufen.
Nach nicht einmal der Hälfte wird endgültig die Luft knapp. Egal ob jung oder alt.
Die Gruppe von etwa 20 Leuten zerflattert. Während wir uns wacker im Mittelfeld schlagen, gibt es noch viele Nachzügler.
Der neue Guide stellt es uns frei, einfach alleine den Palast zu erkunden.
Das findet wir ja vorzüglich !
Bewaffnet mit zwei Reiseführern und einem Lageplan wuseln wir durch den Palast
und können so ganz alleine entscheiden, ob und wie lange wir hier und da verweilen.
Wir sehen alle erwähnten Schätze.
Und wir beobachten Mönche beim Gebet oder auch rumlümmelnde, kichernde und jüngere Mönche,
die immer dann verstummen, wenn wir für sie sichtbar werden.
Hier oben wohnte der 14. Dalai Lama und die mittlere Treppe darf auch nur von ihm betreten werden.
Das Ganze hat aber insgesamt eine wunderbar erhabene Atmosphäre.
Am Ende des Rundganges erreichen wir auch das Dach des roten Palastes, von dem man eine unglaubliche Aussicht auf die
Umgebung von Lhasa hat.
Denn schließlich steht der Potala-Palast auf dem Marpo-Hügel und damit
dem höchsten Punkt Lhasas.
Auch die letzte Treppe ist irgendwann erklommen und ich kann es nicht fassen, daß ich hier sein darf.
Den Abstieg gönnen wir uns über einen Außenweg.
Unser Fahrer wartet auf uns vor dem Eingang und bringt uns wieder ins Hotel, wo wir uns erst
einmal akklimatisieren müssen.
Ich habe immer größere Probleme mit der Atmung und es hat sich so eine
Art Grippe eingestellt, inclusive massiver Kopfschmerzen. Ich kann das nicht
akzeptieren und dröhne mich mit Aspirin zu.
Den Nachmittag gehen wir ganz ruhig an.
Wir schlendern die naheliegende Hauptstraße entlang und fühlen uns,
kaum daß wir unsere Altstadt verlassen haben, wie in jeder x-beliebigen asiatischen Großstadt.
In einem Café essen wir einen echten chinesischen Mondkuchen. Es soll eine chinesische Besonderheit hier in Lhasa sein.
Ist aber nichts anderes als ein weiches und fluffiges Gebäck. Schmeckt aber lecker.
Seit heute früh wissen wir ja, daß der Palast nicht weit von unserem Hotel entfernt ist. Und so spazieren wir diese
Straße bis dorthin, saugen alles auf und genießen es hier zu sein.
Vor dem Palast, getrennt von dieser vielspurigen Straße, ist ein riesiger und gigantisch großer Platz an dessen anderem Ende ein Monument steht,
das die sozialistische Macht darstellen soll. Wir beobachten viele zivil gekleidete junge Männer, die mit Knopf im Ohr den Platz bewachen.
Uns stört es ja nicht. Die Steinbänke, die um die Laternen angelegt sind, sind so unbequem, daß wir es anderen Touri's nachmachen und uns einfach
auf die Steinplatten legen. Die sind warm und allemal bequemer.
Unsere „Horch-und Gucktypen“ registrieren es - sagen aber nichts.
Und so versuchen wir diesen Augenblick festzuhalten und freuen uns eine
Privattour gebucht zu haben, bei der wir viel eigenbestimmte Zeit eingebaut haben.
Genau so würden wir es wieder machen.
Einzig und allein unser Guide macht uns etwas Probleme.
Aber wir wollen morgen mit ihm noch einmal sprechen und ihm so noch eine Chance geben.
Zum Abendbrot geht es wieder in „unser“ Lokal vom Vorabend.
Die Wirtin erkennt uns sofort, freut sich und wir essen verschiedene schöne
Speisen und sind wieder mit 2.50 Euro dabei!