Von El Calafate nach El Chaltén
Von El Calafate bis El Chaltén sind es nur 220 Kilometer.
Also trödeln wir etwas am letzten Morgen in der Annahme, bis Elf Zeit zu haben. Haben wir aber nicht.
Kurz vor Zehn werden wir per WhatsApp erinnert, dass wir in zehn Minuten das Apartment verlassen und auch noch die Zahlung für
den Aufenthalt vornehmen sollen.
Das Bezahlen haben wir auf heute früh verschoben. Mit Absicht. Denn gestern teilten uns die Verwalter mit, dass es einen 15%igen
Aufpreis für Kartenzahlungen gibt. Einen Aufpreis für Kartenzahlung haben wir schon öfter zahlen müssen. Das waren dann meist drei
Prozent. Oder maximal fünf.
Um ein Haar wäre Rainer darauf eingegangen. Aber mir war diese Gebührenhöhe einfach, wie aus der Luft gegriffen.
Ich bin ja in unserer Ehe nicht der Finanzminister. Habe aber bei Buchungen auf der Reise ein strenges Auge auf diese Dinge.
Wir haben gestern noch unser Unverständnis über den horrenden Aufpreis mitgeteilt und versprochen Bargeld zu organisieren.
Bargeld in Argentinien zu organisieren ist im Vergleich zum letzten Jahr viel einfacher geworden. Doch in einem touristischen El Calafate
weiterhin fast aussichtslos. Letztendlich entscheiden wir uns, mit unseren Reserven an USD zu zahlen.
Doch Minuten später erhalte ich über WhatsApp die Nachricht, dass diese Gebühr von 15 auf 8% reduziert werden kann.
Nun. Wir bleiben aber beim Bargeld ganz ohne Zusatzkosten.
Im Park gleich um die Ecke, neben unserer Anlage stochern eine ganze Gruppe dieser wunderschönen Brillen-Ibisse. Eigentlich wollen wir losfahren. Wir bleiben aber stehen und ich fotografiere aus dem Auto. So fühlen sie sich nicht bedroht und gucken auch mal in die Linse.

Die Überfahrt nach El Chaltén ist mittelspannend.
Das Wetter zeigt sich nicht mehr von der schönsten Seite.
Wir überqueren den farblich wunderschönen Río Santa Cruz. Das Gletschergrün ist selbst ohne Sonne ein Hingucker.
Der Santa Cruz wird vom Lago Argentino gespeist. 385 Kilometer weiter östlich fließt er dann in den Atlantik.


Auf dem gesamten Weg gibt deshalb nur zwei Fotopausen:
Eine wegen eines ausgesprochen ruhig und fotogen sitzenden Carancho, (Schopfkarkara)

Das Eingangstor zu El Chaltén:

Später bleiben wir nochmals stehen. Und zwar am Aussichtsplateau, von dem man den Blick auf das Fitz Roy Massiv hat. Bei uns allerdings, sind die Spitzen verhüllt. Dennoch kann man die Größe des Massivs einschätzen. Nämlich beim Blick auf den am Fuße liegenden Ort.

Gegen Zwei erreichen wir unsere Unterkunft für die kommenden drei Nächte, dem
Aparts La Farfalla.
Den Schlüssel-Code habe ich schon vor der Anreise per WhatsApp zugesendet bekommen.
Obwohl das Apartment wirklich klitzeklein ist und nur halb so viel Fläche wie das in Calafate hat, bin
ich sofort verliebt. Die Vermieterin hat es so praktisch eingerichtet, dass alles da ist und wir überhaupt kein Engegefühl haben.
Gefahrene Strecke: 252 Kilometer
El Chaltén
El Chaltén wurde erst 1985 als Folge der Gebietssicherung beim Streit zwischen Chile und Argentinien gegründet. Der Name El Chaltén bedeutet "Feuerberg", wie ihn die Tehuelche-Indígenas nannten. Die Lage am Fuße des Fitz Roy Massivs ist genial für verschiedenste Wanderungen, um dieses Areal zu erkunden. Anfang der 1990er Jahre wohnten hier weniger als 50 Menschen. Heute sollen es etwa drei Tausend sein. In kürzester Zeit entstand ein Touristendörfchen, das noch viel Potential sieht. Denn der Zulauf ist enorm.
Meine persönliche Vermutung ist, dass aus dem immer noch beschaulichen Ort in wenigen Jahren ein neues El Calafate entstehen wird.
Man ist bereit, so viele Besucher aufzunehmen wie möglich. Die, die schon jetzt die Besucher bedienen können, die überwiegend aus dem
mitteleuropäischen und nordamerikanischen Raum stammen, sind die absoluten Gewinner.
Die Verbindungsstraße entlang des Lago Viedma ist mittlerweile asphaltiert. Gefühlt an jeder Ecke entstehen Hotels und Apartmenthäuser.
Dem Bauboom können wir zusehen. Selbst unserer Unterkunft, von der man noch vor kurzem das Massiv hätte sehen können, wird während
unseres Aufenthaltes die Sicht genommen. Links und rechts entstehen wesentlich größere Gebäude.
Dennoch. El Chaltén gefällt mir sofort richtig gut. Noch ist es ein schnuckliges Dörfchen.

# Wanderung Sendero Torro | Fitz Roy
Gleich am ersten Tag machen wir uns auf, um den empfohlenen Weg, den Sendero Torro | Fitz Roy zu meistern.
Am Eingang erwartet uns ein sehr großer Parkplatz auf unbefestigtem Untergrund.
Dieser Wanderweg befindet sich im Parque Nacional Los Glaciares. Das heisst aber auch, dass man die horrenden
Eintrittsgebühren für den Park zahlen muss.
Dieser kostet im November 2025 pro Kopf 45ARS (etwa 41€). Wir profitieren von dem Wochen-Pass, deshalb
tut es nicht so weh. Andere Besucher kehren um. Denn für eine Wanderung zu zweit schlagen dann etwa 82€ zu Buche.

Die Wanderung, die uns als „eben“ beschrieben wurde, entpuppt sich erst als ständig ansteigende Strecke. Es geht insbesondere anfangs über viele Naturtreppen. Wanderstöcke mit sich zu führen, ist eine hervorragende Idee. Auch wir haben welche dabei. Welch' Glück! Denn viel zu oft haben wir sie vergessen!
Zwar hält sich das Wetter nicht an die Angaben in der entsprechenden App - die hatte nämlich Regen prophezeit - aber der Hauptakteur,
das Fitz Roy Massiv hält sich bedeckt. Insgesamt ist das Wetter nicht schön.
Meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Nicht nur wegen der fehlenden Sonne.
Nein. Der gesamte anfängliche Weg geizt mit Weitblicken. Das hat natürlich den Vorteil, dass man nicht ständig stehen bleibt um zu fotografieren.

Nach knapp einem Kilometer des Aufstiegs erreichen wir den Mirador Río de las Vueltas.
Ein echter Lichtblick! Wunderschön und genau nach unserem Geschmack.


Nach der Hälfte des gesamten Wanderweges bis zum Mirador del Fitz Roy gebe ich mich geschlagen. Ich muss. Die Ischiasschmerzen sind nicht mehr angenehm. Generell ist aber auch die Luft raus. Wäre das Wetter beziehungsweise die zu erwartende Sicht besser, hätte ich mich vielleicht überwinden können. So aber passe ich und kehre in aller Ruhe um, während Rainer weiter wandert.
Für meinen Rückweg habe ich nun viel Zeit.
Zeit zum genauen Hinsehen. Und natürlich zum fotografieren.
Die Lenga's, auch Südbuchen oder Scheinbuchen genannt, sind hervorragende Motive.
Einst im südlichen Südamerika und der Antarktischen Halbinsel beheimatet, findet man diese mittlerweile
auch in Australien, Neuseeland, Neuguinea und Neukaledonien.






Rainers Wanderung endet an der Laguna Capri.
Von diesem Punkt aus könnte man die Bergspitzen sehen, wenn das Wetter es zulassen würde.
Erwartungsgemäss hängen die Wolken eben tief. Das Fitz Roy Massiv lässt sich nicht blicken.
Dennoch gefällt mir Rainer's Ausbeute.


Und das sind seine Impressionen Vom Rückweg:




Auf dem Rückweg: Blick auf El Chaltén

Am Ende des Abends entscheiden wir uns, in einem Restaurant zu dinieren. In dem Restaurant, das uns die unglaublich nette und sympathische
Vermieterin empfohlen hat. Im "Restaurante Tapera".
Als wir - natürlich ohne Reservierung - ankommen, ist der Laden tatsächlich brechend voll. Wir müssen zwanzig Minuten warten, bis ein Tisch frei wird.
Im Inneren geht es ziemlich rustikal zu. Die Raumwände sind überfüllt mit Nummernschildern aus der gesamten Welt.
Die Bedienung ist sehr nett. Aber die Qualität des Essens ist eher unterdurchschnittlich.
Warum auch immer, haben wir uns für ein Ojo de Bife entschieden. Leider ist es eine tot gebratene Schuhsohle.
Gefahrene Strecke: 16 Kilometer
Am Morgen des zweiten Tages lacht die Sonne.
Rainer wirft sich schnell etwas über und geht raus. Von da könne man das Fitz Roy Massiv ausgezeichnet sehen, wenn es wolkenfrei ist, sagte unserer Vermieterin.
Aber nein. El Chaltén ist fast wolkenfrei. Über den Bergen hängt sie wieder, die Wolkenschicht.
Also geht's nach dem Frühstück ins Städtchen. Schön ist es.
Es fehlen ein paar gute Lebensmittelgeschäfte. Denn das Angebot ist sehr basic. Damit kann man als Selbstversorger leben. Nicht leben kann
man mit dem Obst- und Gemüseangebot. Die Qualität ist schlimm. Die Champies glitschig, die Gurken nicht nur wabbelig sondern am Ende schleimig und
den Salat würde ich nicht einmal nehmen, wenn dieser kostenlos wäre. Nicht anders sieht es bei den Tomaten aus.


Am Plaza Principal angekommen, schauen wir uns die Kunstobjekte El Chalténs an.
Riesige Holzstatuen als Riesenrucksack beziehungsweise als Skiläufer deuten daraufhin, was man hier im Ort machen kann.
Im "Pachamama Supermercado" entdecken wir Schinken und guten Schnittkäse für Unterwegsstullen.
Und auf dem Rückweg noch das "Puentes Amarillos Tienda Natural", ein richtig moderner Gemüseshop, wo die Qualität stimmt.
Salat, Tomaten, Pilze wie gemalt. Die Preise sind schon etwas schmerzhaft. Aber ok. Wir sind hier "am Ende der Welt" - das kostet eben.
Als ich nach Zucchini frage, wird mir Zapallito empfohlen. Ein Minikürbis, der nach maximal zwanzig Tagen geerntet wird
und den man zwar wie Zucchini einsetzen kann, der aber roh gegessen ein Mehrwert für jeden Salat ist. So die Auskunft.
Und tatsächlich sind wir begeistert, als wir den am Abend im leckeren Salat essen.

Nach diesem schönen Spaziergang durch‘s Örtchen entscheidet sich Rainer für eine weitere Wanderung.
Für die zur Laguna Torre. Ich dagegen bleibe im Apartment und denke über kommende Reiseziel nach.
# Senda a Laguna Torre
Der Wanderweg beginnt am südlichen Rande der Stadt, am „Senda a Laguna Torre“-Schild. Der Weg verläuft nördlich des Río Fitz Roy. Das Gebiet auf dem sich der Wanderweg befindet, gehört nicht zum Nationalpark und ist kostenlos.

Der Weg verläuft anfangs überwiegend auf einer offenen, steil ansteigenden Wiesenfläche

Später geht es durch das Tal des Río Fitz Roy. Immer parallel zum gleichnamigen Fluss.
Nach etwa einem Kilometer ist der Mirador Margarita erreicht.
Von hier begeistert der Blick auf die Schlucht des Río Fitz Roy und auf den Wasserfall Margarita.
Bei gutem Wetter ist dies sicherlich ein fantastischer Ort, um auch noch den Fitz Roy zu sehen.


Vom Mirador del Cerro Torre dann ist der Glaciar Torre recht gut zu sehen:










Das war also unsere Zeit in El Chaltén.
Es war das Wetter, das den Aufenthalt in El Chaltén - nach den Aufenthalten im Torres NP und im Südteil des Glaciares - eher blass ausfallen lässt.
Nun gehören wir auch nicht zu den Reisenden, die beim Wandern mit einer dramatischen Ausschüttung an Glückshormonen zu kämpfen haben.
Wenn die Aussicht sensationell ist, ist das natürlich anders.
Die Cerro Torre gehören zu den bekanntesten Gipfeln Patagoniens. Nicht ein einziges Mal konnten wir die über 3.100 Meter hohen
Felsnadeln in voller Gänze sehen.
Gefahrene Strecke: 6 Kilometer
Unsere Unterkunft: Aparts La Farfalla
Die Aparts La Farfalla sind drei kleine aber wirklich super ausgestattete Apartments.
Endlich - das muss ich hier explizit erwähnen - gibt es eine Ablage am Bett,
ohne dass zum Beispiel eine unpraktische Nachtischlampe den gesamten Platz für sich beansprucht.
Die Zutaten für das Frühstück werden jeden Tag neu platziert. Und die sind besser als in manch anderen Unterkünften.
Einzig die Baustellen links und rechts von uns, sind wegen der Baugeräusche etwas störend.
Glücklicherweise finden die Bauarbeiten nur sehr kurz statt.
Das Aparts La Farfalla von außen:

... und von innen:

So geht es weiter
Die nächsten Tage geht es an die Ostküste des Kontinents.
Ushuaia, der südlichste Ort der südlichen Hemisphäre wird unser Ziel sein. Wir werden Patagonien verlassen und uns etwas in Tierra del Fuego,
also Feuerland anschauen. Werden zwei Mal die Grenze passieren, um am Ende wieder in Argentinien zu sein.
Für diese Reise werden wir drei Fahrtage und zwei Nächte benötigen.

