Auf nach Patagonien
Der Tag beginnt recht harsch.
5:45 Uhr schon reißt uns erbarmungslos der Wecker aus dem Tiefschlaf. Wir haben nicht lang „gezirkelt“ und uns
gegen Frühstück und gegen Kaffee entschieden.
Das heißt: aufstehen - anziehen - Koffer schnappen - auschecken und
ab geht’s zum Airport.
Das Wetter ist genial. Die warme Sonne scheint.
Auf der Fahrt stellt sich die Frage, warum wir uns diese Reise in den Süden überhaupt antun.
Na klar. Weil wir das hochgelobte Patagonien sehen wollen. Aber wir sind auf der unteren Welthalbkugel
und Süden heisst hier definitiv keine Wärme - sondern frio, also Kälte.
Unwiederbringlich heißt’s deshalb „Adieu Sommer!“ Jedenfalls für die kommenden drei Wochen!
Den Tucson geben wir bei Europcar ab. Man vermisst die zwei Kappen an den hinteren Rädern.
Ja waren da welche dran?
Wahrscheinlich liegen die in der Werkstatt in Calama und sind beim Reifenwechsel vergessen worden.
Gefahrene Strecke: 30 Kilometer
Der LATAM-Flug LA 1 nach Puerto Natales startet pünktlich.
Kein Wunder aber auch. Zwei Tage vor Abflug bekommt man von Latam die Bordcard, um die Daten zu überprüfen und
gegebenenfalls etwas zu ändern. Im Anhang folgt ein Zeitplan: Ankunftszeit am Airport, die des Boarding
und die des Abflugs. Das Boarding beginnt nämlich eine Dreiviertelstunde vor Abflug. Nicht nur theoretisch
sondern auch in Realität. Das Einsteigen erfolgt sehr diszipliniert. Und zehn Minuten vor Abflug wird die
Tür geschlossen. Das haben wir so schon im letzten Jahr als sehr angenehm empfunden.
Der Ausblick während des Fluges auf die gigantischen Anden ist trotz extrem verkratzter Scheibe sagenhaft.
Da kann ich nicht genug davon bekommen.
Im letzten Drittel des Fluges tauchen wir in eine Wolke, aus der wir bis zur Landung
nach insgesamt drei Stunden Flug nicht mehr rauskommen. Schade.



Angekommen auf dem Aeródromo Teniente Julio Gallardo - (PNT)

Puerto Natales‘ Airport hat eine überschaubare Größe.
Im Ankunftsraum herrscht wegen Überfüllung ein heilloses Durcheinander.
Der Europcar Schalter ist unbesetzt. Draußen nieselt es bei bestem deutschen Novemberwetter.
Ich warte mit der Bagage vor dem Gebäude, während Rainer versucht zu erkunden, wie wir von hier wegkommen.
Während praktisch jeder sich vor dem Schittwetter versucht zu schützen - nein, es gibt kein Vordach - kommt eine Amerikanerin
aus dem Gebäude. Als sie den kalten Niesel aufs Gesicht bekommt, äußert lautstark:
„Oh I love it! - It‘s like Alaska.
Oh I love it!!“
🤔 … Nee. Ich kann und will dieses Wetter nicht „loven“ Und wünsche mir in diesem Moment ganz fest,
die Zeit in Patagonien vergehe ganz schnell!
Rainer hat indes Tickets für ein Kleinbus organisiert, der uns zu Europcar bringen wird.
Der Fahrer spricht perfektes, amerikanisches Englisch. Auch bei Europcar spricht man englisch. Klingt im ersten Moment fantastisch.
Andererseits... wenn hier jeder Englisch kann, dann ist doch der ganze Spaß der täglichen Herausforderung Spanisch zu verstehen und
zu sprechen vorbei.
Groß umgewöhnen auf das neue Mietauto entfällt. Zum drittem mal nun bekommen wir einen „Tuksson“, wie hier der Hyundai Tucson
hier genannt wird.
Wieder im nicht dreckresistenten Weiß.
Puerto Natales ☁️ 15 °C
Bis zum Hostal del Condo
ist es nur eine kurze Fahrt.
Ich gucke aus dem Fenster und wünsche mir sofort wieder in Santiago zu sein. Nichts sieht schön aus.
Aber welcher Ort sieht bei dem Wetter schon schön aus?
Die Gastgeberin ist sehr nett, spricht nur ein wenig englisch und als wir fragen, ob wir so (das Auto steht einfach auf der Wiese) parken dürfen,
winkt sie ab und sagt „It’s Natales. No problem“ - wie sympathisch.
Unser Zimmer ist schnucklig und liebevoll im Country Style eingerichtet.
Nun holt sich der Körper, was er braucht: Schlaf! Das frühe Aufstehen schlaucht.
Als wir erst am frühen Abend zu uns kommen, scheint sich die Sonne durch den wolkenverhangenen Himmel gekämpft zu haben.
Es ist Halb Acht am Abend und es ist immer noch hell hier.
Das ist sehr angenehm.
Im Dorfladen besorgen wir Wasser und andere Kleinigkeiten zum Essen für unterwegs.
Und dann cruisen wir etwas planlos durch Natales, um ein paar Impressionen vom Ort einzufangen.
Puerto Natales liegt in der größten Region Chiles, der Región de Magallanes y de la Antártica Chilena.
Sie ist die Hauptstadt der Provinz Última Esperanza. Última Esperanza heisst übersetzt letzte Hoffnung.
Sie ist auch der beste Ort, um den Nationalpark Torres del Paine zu erreichen.
Auf der Verkehrsinsel des größten Kreisverkehrs von Natales steht diese Mylodon-Statue.
Es starb vermutlich vor 8500 Jahren aus.
Ob es jemals stehen konnte, weiss man nicht. Aber als Wappentier sieht es so viel imposanter aus.

Ein paar Impressionen von Puerto Natales am frühen Abend:





Wir fahren zur Uferpromenade und freuen uns über das, was wir sehen.
Ja. Mit Wetter sieht alles viel schöner aus!


Puerto Natales' La Mano, also die Hand, soll die menschliche Verbindung zur Natur und der Wildnis Patagoniens darstellen.
Genau wie schon die Hand in der Nähe von Antofagasta ist diese vom chilenischen Künstler Mario Irarrázabal geschaffen.
Während wir in Antofagasta genügend Raum zum fotografieren der Skulptur hatten, gibt es hier die Herausforderung einen Standort zu finden,
von dem man nicht den Lichtmast aufs Bild bekommt. Denn die steht fast mittendrin. Und überhaupt. Ich finde es seltsam und nicht wertschätzend, wenn eine solche
Skulptur und Anziehungspunkt für Touristen, so an den Strassenrand gequetscht da steht.

Das Restaurant La Escondida liegt direkt am Ufer.
So schroff auch das Wetter außerhalb ist, hier drin ist es kuschelig und gemütlich.

Unser Tisch steht am Fenster und wir genießen den Blick auf den Seno Última Esperanza.
Der Druck durch den Wind auf die Scheibe ist zeitweise so stark, dass wir nicht anders können, als immer wieder hinzugucken,
wie lange sie noch standhält.
Das Essen ist lecker, das Fleisch eine Schuhsohle - aber die Bedienung ist supernett und spricht nur Spanisch.
Das bringt die Welt wieder in Ordnung. Es gibt mir wieder das Gefühl in Südamerika zu sein.

Die Inneneinrichtung könnte man eher als spartanisch bezeichnen.
Die beste Entdeckung machen wir beim Bezahlen an der Theke: Diesen "Spickzettel", eine Übersicht über die
verschiedenen Sorten des Cerveza Austral, wird uns eine wunderbare Stütze beim Bestellen eines Biers sein.
Allerdings werden wir auf der weiteren Reise durch Patagonien lernen, dass man auf der argentinischen Seite
Patagoniens ein "Patagona" gar nicht kennt. Schade eigentlich.

Die flach leuchtende Sonne ist magisch. Das Licht färbt die patagonische Landschaft wirklich betörend schön. Es ist kurz vor Zehn abends als diese Fotos, mit dem Handy geschossen, entstehen.

Die letzte Tätigkeit heute ist: Wetter checken.
Morgen ☁️ 💨 und am Donnerstag und Freitag dann 🌧️.
Bienvenido a la Patagonia!
Gefahrene Strecke: 18 Kilometer
Unsere Unterkunft: Hostal del Condo
Wir bewohnen das Zimmer Nr.1.
Das recht geräumig, sehr liebevoll und gemütlich eingerichtet ist.
Das 2019 erbaute Hostal ist in privater Hand.
Im Zimmer befindet sich ein Kühlschrank zur privaten Nutzung und ein Wasserkocher.



Das kleine Frühstücksbüffet wird im Gemeinschaftsraum serviert.

So geht es weiter
Das landschaftlich gut gelegene Natales ist ein guter Standort, um unsere Reise durch Patagonien zu beginnen.
Wir verlassen es dennoch und beginnen die Erkundung Patagoniens im Torre del Paine, dessen Bilder das Synonym
für Patagonien sind. Der gleichnamige Nationalpark, dessen sonderbare Felsformationen der auslaufenden Cordillera de los Andes
einmalig sind, ist unser nächstes Ziel.

