Von Morrison nach South Fork auf der CO 285
Heute ist Dienstag.
Unser Sohn muss arbeiten und wir? Wir beginnen unsere
Solo-Rundreise.
Gerade als ich unser Eingekauftes in eine kleine, faltbare
Kühltasche packe, denke ich: Die Amis haben doch alle einen Kühlbehälter. Die können doch
ohne eiskalte Getränke gar nicht verreisen. Schließlich bin ich doch hier in
einem solchen Haushalt. Und es hat sich gelohnt. Selbstverständlich
besitzt Franki noch aus seiner Zeit in Jersey ein Exemplar. Und zwar in der Garage.
Gut dass ich gefragt habe. In diesen Behälter passt mein großes Kühlpack noch besser rein.
Frank drückt mir noch einen seiner Kühlbeutel in die Tasche und dann kann es losgehen.
Unsere kleine Francesca hat sich gerade so langsam an uns gewöhnt und nun guckt sie ganz traurig, dass wir sie wieder verlassen. Es ist echt ein Trauerspiel, dass wir sie so selten sehen können. Verwandt und doch so fremd! Aber den gesamten Urlaub hier zu verbringen, kommt überhaupt nicht in Frage. Und so kullert auch bei Oma eine Träne aus dem Auge.
Dreiviertel Zehn reiten wir bei 27°C los.
Die Richtung stimmt schon. Nur wollen wir vor der langen Fahrt unseren Tank voll machen.
Bei der Tankstelle Valero tanken wir 13,6 Gallonen für je 4.049 USD pro Gallone.
Gleich gegenüber ist Franks Stamm-Grocery, King Soopers.
Denn eins fehlt uns noch: Steaks. Die wollte ich nicht schon gestern
kaufen. Was - wie sich heute herausstellt - offensichtlich eine Fehlentscheidung war.
Wir stehen beide ziemlich ratlos vor dem Fleischregal. Es gibt zwar viel, aber keine
Ribeyes Steaks. Beziehungsweise nur von Wagyu Rindern. Das ist uns eindeutig zu teuer.
Jedes Mal wenn ich in den USA vor diesen Fleischregalen stehe, bin ich überfordert. Die ganzen
Sorten sind mir nicht wirklich geläufig. Dennoch schaffe ich es nie mich vor der Reise in
die USA mit den amerikanischen Fleisch-Sorten vertraut machen. Wie immer kommt
die Einsicht aber zu spät!
Zwar sind auf den Packungen immer diese Klebchen angebracht,
die hinweisen sollen, dass dieses Fleisch zum Grillen geeignet ist, aber stimmt das auch?
Rainer ist mir auch keine wirkliche Hilfe. Er isst Steaks. Welches Fleisch es ist
und wie es zubereitet wird - das weiß er nicht. Und so zeigt er mir immer wieder neue Packungen,
wo ich nur noch abwinken muss.
Letztendlich entdecke ich Chuck-Steaks. Die sehen frisch und gut aus.
Zum Grillen sollen sie auch geeignet sein. Und für 20USD minus 7.28USD Kundenrabatt fast ein Schnäppchen.
So, nun noch etwas von dem super dünnen, grünen Spargel und Bier... Ja so läppert sich wieder
Einiges zusammen. Jetzt aber sollten wir alles haben.
Mittlerweile ist es 11 Uhr. Wir rasten in unsere Sitze ein und fahren wirklich los.
# Auf dem US Highway 285 gen Süden
Wie so oft gibt es verschiedene Strecken nach South Fork. Wir entscheiden uns für den US Highway 285 S. Über Buena Vista, Salida, Del Norte. Übrigens ein interessanter Highway. Der 285er beginnt in Denver und verbindet Colorado mit New Mexico, führt über Santa Fe bis in den Süden von Texas.
Google zeigt 238 Meilen an und eine geplante Reisezeit von etwas über vier Stunden.
Als der erste - absolut fotolose - Abschnitt geschafft ist, erreichen wir gerade Fairplay.
Ok nicht weit vom Ausgangspunkt. Aber uns ist dennoch nach Kaffee.
An einer Sinclair-Tanke bleiben wir stehen.
Ich bin etwas skeptisch. Vier große Kannen stehen zur Auswahl. Was nimmt man am besten?
Regular. Das ist klar. Aber 100% Colombian oder den anderen Roast, der mir genauso wenig sagt?
Na ja. Ich erwarte nichts Besonderes.
So sollte ich vielleicht immer rangehen.
Rainer macht sich noch etwas von dieser aromatisierten Kaffeesahne in seinen Pappbecher und
dann gehts an die Kasse: 2.05USD incl. tax. Boa!
Nicht nur dass es der preiswerteste
Kaffee auf der gesamten Reise war - es bleibt auch noch der leckerste.
Kurz vor Buena Vista erscheinen einige rote Steine am Wegesrand.
Vollkommen verirrt haben die sich. Da nichts in der Landschaft das dazu passt.
Die Wolkenformationen werden immer mehr zu Hauptdarstellern.
Die sehen echt dramatisch aus. Aber zugegeben auch beängstigend.
Nicht auszumalen, wenn es die nächsten Tage im Gebirge immer regnet!
Meine absolute Horrorvorstellung: Kalt und regnerisch.
Doch so lange das auf nur dem Weg nach South Fork regnet, ist mir das egal.
Wir haben eine SIM Card von AT&T. Schon seit einigen Jahren sind wir mit der Abdeckung
sehr zufrieden. Leider scheint Colorados Pampa nur sehr schlecht versorgt zu werden.
Vermutlich ist die Bevölkerungsdichte zu gering. Und es lohnt nicht.
Jedenfalls habe ich ganz selten eine Verbindung. Und dann nur kurzzeitig.
Gern würde ich schon mal schauen wie das Wetter weiter im Süden ist. Aber
das E in der rechten oberen Ecke verrät, dass ich die RegenradarApp nicht einmal versuchen
muss zu öffnen.
Letztendlich ist die Strecke für einen Ortswechsel von A nach B weitaus angenehmer als ein Interstate. Und es geht genauso gut und flott voran. Denn die wenigen Dörfchen, die wir passieren kann man an einer Hand abzählen.
Ist das nicht ein Schmuckstück von Wolkenformation? Dramatik pur.
Diese sicherlich menschengemachte Durchfahrt befindet sich südlich von Saguache. Es sind zwei hintereinander liegende vielleicht 15 oder 20 Meter dicke Ausläufer aus dem Rio Grande National Forest Gebirge. Und ringsherum ist Flachland.
Rechts vorn beobachte ich schon ne Weile diese "auslaufende" Wolke. Sieht nicht gut aus. Ich will es nicht glauben. Aber es sieht so aus, als wenn das was man da sieht gerade über Del Norte stattfindet. In Del Norte werden wir den CO-285 verlassen, um Richtung Rio Grande National Forest zu fahren. Wir haben wieder Netzanbindung. Und so checke ich die Lage. Tatsächlich. Meine Befürchtung wird wohl wahr werden.
Es ist ein herrliches Licht. Ich mag es. Die dramatisch schönen Wolkenformationen
sind ab und an löchrig. Da stechen die Sonnenstrahlen durch. Die Landschaft wird kontrastreich
und bunt. Die Kuhherde ist wohl noch im Trockenen und wirbelt den trockenen Boden
auf. Am liebsten würde ich stehen bleiben und das Szenario beobachten.
Aber wir wollen ja ankommen.
Nun verlassen wir die 285. Für so einen langen Tagesritt war sie uns eine gute, verkehrsarme Straße.
Wir steuern Del Norte an.
Im Gebirge blitzt es viele Male hintereinander. Die runterkommenden Blitze
kommen immer näher.
Nun geraten wir in die Regenfront. Und was für eine.
Das ist kein Regen, das
sind Massen an Wasser! Von den Blitzen ist nichts mehr zu sehen. Man kann praktisch
gar nichts mehr sehen. Die Tropfen platschen in einer extremen Lautstärke auf unsere Scheiben.
Es ist schon etwas beängstigend. Meine Fantasie ist ich Hochform.
Ich warte auf den ultimativen Blitzschlag.
Und wie immer in solchen Momenten,
hoffe ich, dass das mit Faradayschen Käfig stimmt.
Es ist unglaublich. Aber das gleiche Szenario am gleichen Ort erlebten wir schon 2018.
Fünfzehn Meilen hinter Del Norte befindet sich South Fork.
Fork steht für die Gabelung. Die US-160, auf der wir aus Del Norte kamen,
biegt hier gen Süden Richtung Pagosa ab. Wir fahren gen Nordwesten auf die CO-149 N.
Ach und von Unwetter ist hier keine Spur. Es ist bewölkt. Mehr aber auch nicht.
Es ist geschafft!
Nach sechs Stunden Fahrt inklusive Steak kaufen und Kaffeepause
sind wir am Ziel. Die Blue Creek Lodge ist erreicht.
# Am Blue Creek
In der Blue Creek Lodge haben wir schon beim letzten Besuch übernachtet.
Eigentlich sollte es dieses Mal eine kleinere Cabin werden. Denn die Hideaway hat zwei Schlafzimmer.
Doch abgesehen von den allgemein
gestiegenen Preisen, ist die Auswahl zwar groß aber unter 150USD ist keine vergleichbare
Cabin zu haben. Preislich zu astronomisch oder die Unterkunft war ausgebucht.
Andere wiederum bieten für Hundebesitzer die Cabins am Creek an und die, die ohne Hund da übernachten
wollen, werden nicht nur in der zweiten Reihe untergebracht, sondern sie haben auch eine schlechtere Ausstattung.
Und so bleiben wir bei dem, was wir schon kennen. Das obwohl viel zu groß für uns Zwei.
Getreu dem Motto: Never change a running system.
Seit Kurzem haben sie eine neue und schöne Website. Aber der Reservierungsablauf
ist aus der Steinzeit. Man sendet eine Mail und als Antwort heißt es: Bitte rufe mich zurück!
Ok. Für uns macht es unser Sohn.
Die Anzahlung ist, wie hier in der Gegend im Allgemeinen üblich, 50%
bei Buchung zu tätigen. Klappt. Doch eine Bestätigung für die Reservierung kam nie.
Aber deshalb war ich vor der Anreise mittelmäßig unsicher, da ich weiß, wie alt die Inhaber sind.
Nun stehen wir also vor dem Haupthaus und wie erwartet, ist alles geschlossen.
Nicht dramatisch. An der Scheibe klebt ein kleiner Zettel. Das da soll mein Name sein.
Ok. Akzeptiert. Und die Cabin stimmt auch. Genau die habe ich mir schon bei der Reservierung rausgesucht.
In der Annahme, dass die Schlüssel stecken, fahren wir zur Cabin.
Die Cabin sieht nach wie vor hübsch aus.
Schlüssel stecken natürlich nicht. Man hat modernisiert und ein Code-Schloss eingebaut.
Ich gucke schnell in meine Mails, ob man mir doch einen Zugangs-Code zugesendet hat. Nein hat man nicht.
Also fahren wir wieder zum Haupthaus und gucken durch die Scheibe. Nein da ist niemand.
Es dauert wirklich eine ganze Weile, bis wir auf die Idee kommen, dass der Code auf der Rückseite des angeklebten
Zettels notiert sein könnte 🙈
Mit Sicherheit hat das nix zu tun. Aber ich glaube, die Inhaber glauben nicht an unehrliche Leute. Und bei der Menge an verteidigungsfähigen Geräten muss man auch keine Angst haben.
Auf die Veranda freuen wir uns schon beide.
Drin hat sich nichts geändert. Oder doch?
Rainer ist der Meinung, dass damals vor der Couche noch ein Tisch stand. Nur gut, dass so etwas in meinen
Berichten fotografisch festgehalten wird. Nein. Es gab auch damals keinen Tisch.
Ansonsten ist das ein wunderbarer Ort für einen Selbstversorger-Urlaub.
Oben sind die zwei einzelnen Betten...
Das ist der Master-Bedroom.
Ein großes Bett. Ein Traum!
Während ich also die Hausfrau spiele und alles einräume - ja bei uns sind die Rollen ganz altdeutsch eingeteilt - hat sich Rainer ein Bier geschnappt und genießt die Schaukel. Gut so. Schließlich ist er den ganzen Tag gefahren.
Dann machen wir einen kleinen Rundgang durch die Anlage.
Wäre ich Camper, würde ich hier auch mit meinem Mobil stehen.
Alles ist sehr gut gepflegt. Und viele scheinen auch Dauercamper zu sein.
Jedenfalls wird das klar, als wir ein Kabel für den Grill brauchen.
Denn der Grill braucht ein Elektrokabel. Und das ist im Haus nicht vorhanden.
Mit Hilfe aus der Rezi können wir ja nicht rechnen. Rainer fragt also einen
Camper. Und der weiß sogar, dass dieses Kabel im Hideaway fehlt.
Hm. Damit nehme ich meine Bedenken wegen der Sicherheit zurück. Hier weiß jeder,
was hier passiert. So kann ich mir auch erklären, warum die Reservierung nicht
bestätigt wird. Die meisten reservieren sicher persönlich nach dem sie auschecken.
Und dann kommen zwei Ausländer und wollen neue Moden einführen 🤣
Das Steak ist lecker. Etwas fester als ein zartes Ribeye aber mit sattem Geschmack.
Nach dem Abwasch machen wir es uns draußen gemütlich. Die Temperaturen sind angenehm.
Man braucht auch keine Jacke. Und Mücken gibt es auch nicht.
"Und was machen wir morgen?"
"Ich hatte geplant, hoch zur Wheeler Geological Area zu fahren.
Wollen wir nicht mal gucken, wo der Zugangsweg ist. Und wie der von der Beschaffenheit aussieht?"
Rainer ist mittelmäßig begeistert. Er hat keine Lust, nochmals los zu fahren. Aber dann kann ich ihn doch überreden.
Vorn auf der Straße, entlang des Rio Grande - ja, hier ist es noch eher ein Bach - ist noch herrliches
Sonnenuntergangslicht. Das sieht wirklich schön aus.
Colorado wie man es sich vorstellt.
Kurz nach dem wir die Pooltable Road Rd-600 reinfahren, steht ein Schild.
Eine Map von der Umgebung gibt den Überblick über die Landschaft. Links klebt ein A5 Blatt.
Die Straße zur Wheeler Area sei geschlossen, steht da. Man soll den Ranger nach dem
neuesten Zustand fragen. Hm. Ich fotografiere die Telefonnummer ab und wir fahren noch ein wenig die Straße hoch.
Die ist unbefestigt aber im guten Zustand. Wir fahren ne ganze Weile und denken,
das schaffen wir morgen mit unserem Auto. Denn das war unsere größte Sorge.
Auf dem Rückweg bleiben wir an der Cottonwood Cove Guest Ranch stehen.
Neben dem Hauptgebäude stehen mehrere Jeep Wrangler.
"Lass mal reingehen und fragen, was es kostet einen Wrangler auszuleihen".
Drin sitzt der Besitzer. Jedenfalls macht er den Chef hier.
Wir fragen nach den Raten. Klingt moderat. 120,- USD für drei Stunden. Und 200,- USD für fünf Stunden.
Dann fragen wir noch, wie der Weg zur Wheeler Area ist. Und er meint, sie sei gut.
Dafür bräuchten wir keinen Jeep. Ich frage nochmals ausdrücklich, ob die Straße
bis oben offen ist, weil da ja etwas anderes dran steht. Aber er meint, es sei alles geöffnet.
Ok. Klingt prima.
Wir sitzen so lange wie möglich noch draußen.
Also so lange bis uns die Müdigkeit einholt.
Denn noch haben wir den Jetlag nicht überstanden.
Gefahrene Strecke: 252 Meilen = 405,5 Kilometer