Grüße aus der Vergangenheit
Der Urlaub im CampV fühlt sich unendlich gut an.
Wir haben Zeit. Zeit zum Ausschlafen, Zeit in Ruhe draußen zu frühstücken,
Zeit für uns selbst.
Sich Zeit zu nehmen, kommt bei unseren Urlauben viel zu selten vor.
Immer wieder nehme ich mir das bei der Planung vor. Aber genauso oft kommt schon
bei der Planung ziemlich viel zusammen. Und vor Ort entdecken wir noch so Vieles mehr.
Dieses Mal ist es anders. Und das ist gut so.
Ich hatte kaum etwas auf dem Plan.
Viertel nach Zwölf erst raffen wir uns auf und fahren über die CO-90 ins Paradox Valley.
Genau genommen beginnt das Tal gleich hinter unserer Anhöhe, auf der wir wohnen.
Auf dem Programm von heute stehen Petroglyphen, die es zu entdecken gibt.
# Petroglyphen im Paradox Valley
Um auf das entsprechende Areal zu kommen, gibt es zwei Zugänge. Der eine befindet sich etwa beim MM 28, der andere bei MM25. Wir entscheiden uns für den zweiten, da wir nicht sicher sind, wie weit wir mit dem Auto überhaupt reinfahren können und demzufolge wie viel Fußmarsch noch übrig bleibt.
Der Zugang befindet sich rechterhand aus dem Osten kommend. Fast mittig zwischen der Road Dd19 und Cc17.
Ein sehr primitives Tor sichert das Gelände vor wilden Tieren. Die nun folgende etwa eine Meile lange, absolut unpräparierte Stichstraße, führt über ein Privatgrundstück, um zu dem BLM-Land, auf dem sich die Petroglyphen befinden, zu gelangen. Der Zugang wird also geduldet. Man bittet aber darum, dass dieses Tor stets geschlossen wird.
Zuerst also Tor Öffnen - durchfahren - Tor schließen.
Wenige Meter weiter: aussteigen, Weg auf Befahrbarkeit prüfen - und weiter.
Anderthalb Kilometer später ist Schluss.
Die tiefe Senke namens East Paradox Creek, ist unüberwindbar. Vielleicht würden wir es mit unserem Auto schaffen.
Rainer guckt sich die mögliche, zu fahrende Strecke an, während ich mir selbst die Daumen drücke, dass
er das Weiterfahren ablehnt.
Und genauso kommt es.
Der East Paradox Creek ist an dieser Stelle etwa fünf Meter tief. Vielleicht auch etwas mehr.
Wir laufen auf den Fahrspuren runter. Und uuups.
Eine Stelle gibt verdächtig nach. Wie gruselig.
Im Creek sehe ich, warum der Boden so nachgegeben hat. Der Boden war da nur einen knappen Meter dick, danach
wäre ich in eine Art Fahrstuhlschacht, der glücklicherweise zur Hälfte offen ist, reingefallen.
Es sind etwas über 30°C. Die Sonne brennt erbarmungslos.
Anders kann ich das nicht sagen. Doch die Luft ist trocken und damit ok zum Wandern.
Einstige Pfützen erregen meine Aufmerksamkeit. Auf der Suche nach einem geeigneten Blickwinkel, der die Schönheit der einstigen Matschepampe ausdrückt, verliere ich etwas die Zeit. Ich teste verschiedene Winkel. Aber in Wirklichkeit sieht es viel schöner aus.
Tja. Ich hinke gewaltig hinterher. Was zu erwarten war.
Aus meiner Perspektive gesehen, ist Rainer fast schon am Ziel.
Mit diesem Durchgang - ganz ohne Tor - verlassen wir das Privatgelände.
Es läuft sich ganz gut. Wenn die pralle Sonne nicht wäre.
Das Ziel - ich hoffe das ist unser Ziel - ist wohl dieser riesige Stein da vorn.
Ich bin kein Wanderer. Und deshalb ist das Ziel vor den Augen ein echter Ansporn.
Das Shaman Panel ist erreicht.
Der Monolith ist eingezäunt. Es soll hier ein Tor geben. Aber bei bestem Willen
ist nichts Derartiges zu sehen.
Der ist nicht nur eingezäunt, es ist auch ringsherum ein
etwa vier Meter dicker, aus Tumbleweed (diesem Trockenballengeflecht) angelegter,
unüberwindbarer Ring gelegt worden. Abgesehen davon gucken wir jetzt - es ist halb Eins -
auf die wichtigste Fläche voll gegen die Sonne.
Mit meinen Augen kann ich praktisch nichts sehen. Gut dass es mein i-Phone hinkriegt.
KI eben.
Das war also das Beste? Meine Enttäuschung kann ich nicht verbergen.
"Ich habe eine kleine Lagekarte. Hier dahinter müsste es noch mehr geben."
Also versuchen wir hinter diesen Berg zu kommen.
Endlich erreicht uns das einzige Wölkchen weit und breit, das hier unterwegs ist.
Endlich spendet es Schatten. Auch wenn es für nicht einmal zehn Minuten reicht.
Wir finden einen mittel-steilen Aufgang und begeben uns auf etwa einem zehn Meter
höheren Plateau über dem Shaman Stein.
Die Steine sind jeder einzeln ein Foto wert.
Zwischen den riesigen Kloppern zu stehen, gibt mir ein anderes Gefühl für deren Ausmaße.
Von weitem ist diese Dimension ja gar nicht begreifbar.
Ein kleiner Größenvergleich 😎
Suchen nach Petroglyphen ist wie Pilze suchen.
Erst findet man keine. Und hat man einen gesehen, findet man immer wieder neue Exemplare.
Während ich also ganz enttäuscht mich mit den schönen Steinen zufrieden gebe, gibt Rainer
Zeichen, dass da etwas sei. Also gehe ich zurück und komme aus dem Staunen kaum raus.
Das ist eine ziemliche Menge. Leider haben alle an der gleichen "Tafel" gemalt. Und oft
auch übereinander.
Na gut. Ich schaue mir die Kunstwerke an und stelle beim Fotografieren mit dem i-Phone fest,
dass der starke Kontrast im Bild die Petroglyphen besser darstellt. Mag aber auch daran liegen,
dass wir zwar im Schatten sind, aber ringsherum die Sonne brutal hell ist.
Der erste Fund war wie gesagt der schwerste.
Anschließend entdecke ich auch ein paar.
Diese Vogelformen kommen an verschiedenen Stellen vor.
Eine Brillenschlange?
Das Prinzip haben wir also erkannt und machen uns einen Reim drauf.
Nämlich, dass die Menschen sich auch vor der Sonne schützen mussten und im Schatten sitzend
diese Zeichnungen angefertigt haben. Denn alle Petroglyphen finden wir auf der mittags sonnenabgewandten Seite.
Im Schutz eines dieser Monstersteine versuchen wir uns abzukühlen.
Wirken zu lassen und uns einfach vorzustellen, wie das früher so gewesen sein mag.
Wie sich die Menschen vor der brennenden Sonne geschützt haben, ist klar.
Aber wie muss das zur kalten Jahreszeit gewesen sein?
Zum Abschluss macht noch jeder seine eigene kleine Entdeckungsrunde.
Während ich nämlich jetzt ganz heiß bin auf neue Entdeckungen, ist Rainer mit dem zufrieden, was er bisher gesehen hat.
Auf der Suche nach neuen Petroglyphen geht es immer höher.
So lange bis ich Ein- beziehungsweise den Freiblick nach oben habe.
Boa! Dass es da noch so weit nach oben geht - damit habe ich nicht gerechnet.
Dann, gerade als wir unsere Entdeckungstour beenden wollen, sehe ich noch eine Wand mit Petroglyphen.
Sucht Rainer etwa mit Kamera 🤔
"So wird das doch nichts!"
Hier gibt es Petroglyphen am unteren Teil der Steine und oben den Blick ins Tal.
Der kürzere Abgang über die Westseite ist durch das kratzige Gestrüpp versperrt.
Also nehmen wir wieder den auf der Ostseite. Genauso, wie wir gekommen sind.
Das ist vermutlich der Graben, den man hätte überwinden müssen, wären wir vom MM 28 gekommen.
Letztendlich haben wir nun gelernt, dass die Anfahrt über den MM 28, also von Naturita kommend - mit Stand August 2022 -
eine längere Fahrt auf unbefestigtem Weg bedeutet, dann aber einen kürzeren Anmarsch erfordert.
Denn hier gibt es noch weit mehr Petroglyphen zu entdecken, die sich eher östlich von unserem Standpunkt befinden.
Wir sind für heute zufrieden.
Vielleicht wird es ein zweites Mal in dieser Gegend geben, so können wir unsere
Suche fortsetzen.
Die Hitze, wenn auch sehr trocken, ist gerade so noch auszuhalten.
Mein i-Phone denkt da ganz anders darüber. Etwas geschockt bin ich über die folgenden Aufnahmen,
von denen dies hier die beste ist. Und nein ich habe nicht auf die Linse gefasst.
Beim Neustart - hier und sofort - kommt alles wieder ins Lot. Und ich frage mich, ob
das nur ein Einzelfall war oder ob ich damit jetzt öfter zu rechnen habe?
Als das Auto so nah zu sehen ist, bin ich echt happy.
Von hier aus sieht man auch die "Langlöcher" in der Wand.
Deshalb
könnte das Betreten am oberen Rand nicht ganz ungefährlich werden.
Ein ordentlicher Adrenalin-Ausstoß ist garantiert!
Rainer ist schon etwas vor gelaufen und hat die Klimaanlage im Auto gestartet. Das ist echt angenehm. Wir atmen kurz durch und vergleichen die Ergebnisse auf unserer Watch.
Der kleine Aufstieg aus dem Graben hat mich ja extrem angestrengt.
Jedenfalls sagt das meine
Watch. So schlimm habe ich das gar nicht empfunden. KI eben.
Doch beim Blick auf die gelaufene Strecke frage ich mich, ob die KI gepennt hat,
als ich aus Versehen mit "Gehen indoor" meine Runde aufzeichnen wollte? Meine Watch zeigt,
dass ich nur an einer Stelle gestanden habe!
Oh Mann...
Wir verlassen das Gelände und versperren ganz vorbildlich den Zugang.
Ein letzter Rückblick.
Ist es nicht beeindruckend, wie weit unten wir standen? Und wie viel
wir noch klettern hätten müssen, um wenigstens die erste, von hier aus sichtbare, Ebene zu erreichen?
Es ist Halb Drei. Die Besichtigungstour hat uns knapp drei Stunden gekostet.
Und was nun? Es ist einfach zu früh, um zum Camp zurückzukehren.
Ein neues Ziel ist gefunden. Wir fahren die Dd19 Road hoch, die auch den Beinamen Monogram Truck Route hat.
Wieder eine Schotterstraße, die jedoch recht breit und festgefahren ist.
Wir gewinnen recht schnell an Höhe. Und über den Blick ins Paradox Valley kann man auch nicht meckern.
Eine Parktasche wäre schön. Aber für wen soll so etwas eingerichtet werden?
Hier wohnt niemand. Und für die drei Männekieken von Touristen lohnt wohl der Aufwand nicht.
Endlich tut sich eine Freifläche auf.
Eine tiefere Tasche mit diesem markanten Stein.
Erinnert mich sofort an einen Kopf einer Moräne.
# Paradox Valley
Das acht Kilometer breites und etwa 40 Kilometer langes Tal trägt einen
einprägsamen Namen: Paradox Valley.
Paradox? Was ist paradox an diesem Tal?
Antwort: Es ist der eigenwillige Verlauf des Dolores River, der anstatt längs durch das Tal zu fließen,
fließt er quer durchs Tal. Das Tal ist geologisch gesehen kein Tal im eigentlichen Sinne.
Es ist eine Fläche über einem einstigen Meeresarm in dem sich Salzablagerungen gebildet haben, die sich im Laufe
der Jahrtausende durch Erosion aufgelöst haben. Unter dem Druck sackte die Oberfläche ein und es entstand das Valley.
Das so zum ungefähren Verständnis.
Es ist Lunchtime.
Lunchtime mit Aussicht. Ganz nach unserem Geschmack.
Das ganze Paradox Valley liegt vor uns.
Rechterhand und weiter unten ist ein offener Steinbruch. Es ist die Paradox Number Four Mine.
Eine von vielen Vanadium-Minen in diesem Areal.
Wir fahren weiter. Bis es nicht mehr weiter geht.
Die Strecke gibt keinen Mehrwert. Es scheint, als hätten wir an Höhe gewonnen.
Wir fahren immer entlang einer abschüssigen Kante. Weitestgehend breit genug, um nicht in Gefahr zu geraten.
Rechts unten ist ein Teil des Paradox Valley zu sehen. Mitten drin die CO-90, die schön parallel zu beiden Bergketten verläuft.
An der letzten Kehre, bevor die Dd19 hinter einer Bergkante verschwindet, beschließen wir umzukehren.
Hier steht ein vereinzelter etwa vier Meter hoher roter Stein. Dahinter eine Art Mauer aus den gleichen Steinen.
Vermutlich wird es in einigen Jahren, wenn das Tal touristisch entdeckt wird, auch ein Schild geben. Jetzt gibt es jedenfalls keinen Hinweis.
Laut Google Maps sollte das da oben die Monogram Mesa sein. Wir testen noch mehrere weitere Wege. Aber keiner führt uns zur CO-90. Im Gegenteil. Mehrfach müssen wir umdrehen, weil uns ein Verbotsschild die Durchfahrt verbietet. Es ist eben ein Minengebiet. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als letztendlich den gleichen Weg zurück zu fahren.
Auf dem Rückweg ins Tal geht es wieder an der großen Mine vorbei. Beziehungsweise dem, was davon übrig blieb.
Im Camp wird Siesta gemacht. Cappuccino getrunken und etwas gelesen.
Es ist kurz nach Fünf. Offensichtlich sind wieder fast alle abgefahren. Jedenfalls die Familien in unserer unmittelbaren
Nähe. Es herrscht absolute Ruhe. Hach wie gern würde ich das unbeschreiblich schöne Ambiente
einpacken und nach Hause mitnehmen!
Auch die Rezi hat wieder zu.
"We are feeding the chicken" steht da.
In Naturita ist verglichen zum Camp viel mehr los.
Es sind immer noch 33°C, als wir vor dem kleinen Dorfladen parken.
Direkt am Eingang steht ein gelbes Motorrad mit Seitenwagen.
Der Passagier ist ein Hund. Und der wartet ganz geduldig auf sein Herrchen.
Endlich ist das Kühlfach mit Ribeye Steaks aufgefüllt worden.
Da ist aber einer besonders happy 😜
Die Steaks bringen wir in den Kühlschrank und fahren gleich wieder weiter.
Es ist unser letzter Abend hier. Und damit auch die letzte Chance das Paradox Valley und die Y11 Road
zum Sonnenuntergang zu sehen.
# Sunset @ Paradox Valley und Y11
Paradox Valley am Abend - hat seinen ganz eigenen Reiz.
Die immer tiefer ziehende Sonne intensiviert alle Farben. Nicht nur das Rot.
Am Horizont ist schön die Silhouette der La Sal Mountains zu sehen:
Den Rest muss man nicht kommentieren.
Je tiefer die Sonne, desto knalliger die Färbung der Steine.
Wir fahren nicht bis zum Ende des Paradox Valley. Das heben wir uns für einen erneuten Besuch auf. Wir fahren in die Y11 Road - unsere Neuentdeckung in diesem Urlaub.
Das Gegenüber - ganz ohne Sonne - ist nicht weniger schön.
Vorn, entlang des San Miguel Rivers, überraschen wir zwei junge Hirsche. Die wollen sich gerade durch das mehrere Meter breite Gestrüpp zum River kämpfen. Wir fahren ganz langsam, um ihnen Zeit zu geben. Entweder tiefer ins Gestrüpp zu gelangen oder eben auf die andere Seite zu flüchten. Aber sie rennen auf den Weg, auf dem wir auch unterwegs sind. Es wirkt, als ob sie um ihr Leben rennen. Deshalb bleiben wir stehen und beobachten sie. Aber dann bleiben sie auch stehen. Ok. Übernachten wollen wir hier auch nicht. Also rollen wir ganz langsam in ihre Richtung. Endlich flüchten sie etwa fünf oder sechs Meter auf die Bergseite. So können wir langsam vorbeifahren.
Da drüben ist unser "Orientierungsstein" zum Beginn der Y11.
An dem sind wir in den letzten Tagen mehrfach vorbeigefahren. Dessen Form hat sich uns jetzt für immer eingebrannt.
Unser Abendbrot musste ziemlich lange warten.
Es ist Viertel nach Zehn, als wir am Lagerfeuer mit unseren Steaks nebst Salat sitzen.
Und die Mücken? Die scheinen um diese Zeit vollgefressen zu sein. Oder mein Körper ist gesättigt von Chemie.
Jedenfalls bleibt es der einzige Abend, an dem ich fast gelassen das abendliche Ambiente im Freien genießen kann.
Gefahrene Strecke: 86 Meilen = 138,5 Kilometer