Der Tag ohne Plan
Tief und fest und viel geschlafen haben wir.
Und das, obwohl der Boden so ein starkes Gefälle hat, dass ich mich mitten in der Nacht um 180 Grad drehen musste.
Einerseits störte mich der leichte aber fiese Windzug der durch das angeklappte Fenster unentwegt auf meinen Kopf zog.
Andererseits ist der Fußboden am Kopfteil so abschüssig, dass mein Bett (direkt an der Wand stehend) mir den Eindruck verschaffte zu hängen.
Falsch! Es war kein Eindruck. Es ist Tatsache. Das sehe ich aber erst am frühen Morgen, nach dem Aufstehen.
Kurz nach Zehn kommen wir erst zu uns. Das haben wir wohl gebraucht.
Urlaub vom Urlaub eben.
Gefrühstückt wird draußen. Es gibt Gourmet-Frühstück. Mit Speck, Spiegelei und Hashbrowns.
Natürlich auch Toast mit Marmelade. Letztere habe ich aus dem Hotel in Vernal mitgenommen.
Als Entschädigung für das grottenschlechte Frühstück sozusagen
Das Wetter und die angenehmen Temperaturen sind perfekt. Und der Blick auf den Lake Ramona auch.
Unser Plan für heute? Es gibt eigentlich keinen.
Ich wollte ein Kajak ausleihen und über den Teich kreuz und quer fahren. Etwas schwimmen stand auch auf
meiner Wunschliste. Beim Durchblättern des Ordners, der auf dem Couchtisch liegt, steht es geschrieben:
Schwimmen ist in allen See verboten. Und Kajaken? Ja darf man. Aber nur wenn man sich vorher ein Permit besorgt.
Und natürlich ist ein eigenes Böötchen mitzubringen. Das Gleiche gilt fürs Angeln. Gut vorbereitet, Sylwia!
Ok. Damit ist klar, was wir alles nicht machen können.
Was machen wir dann also hier?
Wir gehen Wandern. Besser gesagt See-umrunden.
Es ist Punkt Zwölf als wir losziehen.
Zu Fuß? Puh. Das wäre zu weit. Frank sucht einen See aus, der es wert ist, umrundet zu werden.
Deutlicher gesagt, den man auch umrunden kann. Denn viele Seen kann man wegen der Privatgrundstücke
direkt am See gar nicht umrunden.
# Red Feather Lakes
Das gesamte Gebiet, das zu den Red Feather Lakes gehört, umfasst eine Fläche von etwa 95 Quadratkilometer
und liegt nordwestlich der Stadt Fort Collins, bei etwa 2.500 Höhenmetern.
Es ist Teil des Roosevelt National Forests, der sich in den Rocky Mountains befindet.
Die gleichnamige Gemeinde, in der etwa 350 Einwohner auf einer Fläche von 25 Quadratkilometer leben,
beherbergt ein Postamt und einen Supermarkt.
Übrigens sind nur vier Seen öffentliche und damit der Allgemeinheit zugängig: Der Parvin Lake, West Lake, Dowdy Lake und der Bellaire Lake. Acht weitere Seen, darunter der Größte, der Hiawahta Lake und unser Lake Ramona, sind private Seen, in denen angeln nur mit einer vorher beantragten Genehmigung möglich ist.
Übrigens soll Prinzessin Tsianina Redfeather, ein indianisches Mädchen, die Namensgeberin sein.
Quelle
# Dowdy Lake
Mit dem Auto geht es zum Dowdy Lake. Mit 1.15 Quadratkilometern gehört er zu den
großen Red Feather Lakes. Er ist der zweitgrößte See. Mit knapp fünf Kilometern Küstenlinie passt es in unseren
schon weit voran geschrittenen Tag.
Im Gegensatz zu den meisten Red Feather Lakes ist Bootfahren aller Art auf dem Dowdy Lake mit einer
maximalen Geschwindigkeit von 10 Meilen pro Stunde erlaubt. Einschließlich gasbetriebener Motoren.
Das zum Allgemeinwissen.
Sandalen werden gegen Wanderschuhe getauscht und los geht's.
Der erste größere Stein auf der Strecke gehört denen, die mit dem bloßen Umrunden
nicht ausgelastet sind.
Das Schwimmen im Dowdy Lake ist nicht gestattet.
Jeden Gedanken daran, es doch zu tun, verkneifen wir uns. Auch wenn die Schwimmsachen im Rucksack nach Einsatz rufen.
Wir tangieren Camping- und diverse Picknickplätze.
Ein netter Spaziergang. Teils schattig durch hohe Kiefernbäume. Teils vollkommen in der Sonne. Die schleierhaft aber doch
mit großer Kraft niederprasselt.
Auf Deutsch: In der Sonne zu laufen ist echt unangenehm!
Fotomotive gibt es viele. Allerdings nichts, weshalb es einem ein Ooooh oder Wow abringt. Vielleicht ist es auch gut so. So haben wir viel Zeit, um mit Franki ganz entspannt zu reden und unsere Gedanken auszutauschen.
Auf halben Weg tangieren wir einen weiteren See. Der hat nicht einmal einen Namen. Dennoch ist der groß genug, dass die Paddlerin 'ne Weile zu tun hat, um das anderen Ufer zu erreichen. Wahrscheinlich wird dieser See vom Dowdy gespeist.
Das letzte Stück ist nochmal etwas schweißtreibend. Nicht weil die Strecke so schwierig zu laufen ist, sondern weil es immer schwüler wird.
Nach einer reichlichen Stunde sind wir zurück am Auto.
Was also nun?
Das Wetter scheint bald umzuschlagen.
Wir fahren zum "Dorfkonsum". Das richtige Bier für Frank kaufen. Denn wir beide
trinken in den USA nur noch IPA. Und das ist so gar nicht sein Geschmack. So musste
der Arme den gestrigen Abend bei italienischem Prosecco bleiben 🤪
Eigentlich wollen wir noch nicht zu unserer Cabin zurückfahren und schlagen vor die unbefestigte Straße,
die wir gestern gekommen sind, zu fahren. Hier oben heißt sie übrigens Manhattan Road. Unterwegs habe ich gestern ein
paar Wanderwege und auch einige Miniberge gesehen.
Wie wir aber feststellen müssen, sind die eingezäunt.
Dann fahren wir eben zum Bellaire Lake.
# Bellaire Lake
Am Bellaire Lake gibt einen schön angelegten Parkplatz mit einem Haupthaus.
"Ach ja. Lasst uns einen Kaffee trinken und auf der Veranda das Treiben auf dem See beobachten!"
Aber daraus wird nichts. Alles ist geschlossen. Ist etwa im August keine Saison?
Wir werden es nicht herausfinden. Denn außer eine Anweisung eine Gebühr für die Nutzung des Sees/Parkplatzes? - Wer weiß das schon? zu zahlen,
wirkt alles zwar gepflegt aber verlassen.
Am See selbst ist geschäftiges Treiben zu beobachten. Erinnert uns alle an einen künstlich angelegten See im Disneyland:
Am anderen Ende steht eine Wand aus runden Steinen, die wie Pappmache aussieht.
Im Wasser sitzen Angler in einer Art Schwimmring mit Boden und zwei Löchern wo die Beine
durchgesteckt sind. So können sie sich im Wasser fortbewegen.
Was es nicht alles gibt...
Wahrscheinlich sind Boote hier verboten. Da wird man erfinderisch.
Auch am Ufer versuchen 'ne Menge Angler ihr Glück. Hin und wieder werden kleine Fische raus gezogen.
Ich frage mich gerade, woher die alle kommen. Am Parkplatz stehen zwar eine Handvoll Autos.
Aber die können unmöglich so viele Angler hier weg transportieren.
Während wir also diesen Angler genau beobachten...
... hat dieser kleine Squirrel etwas anderes im Sinn.
Dieser große, schwarze Sack scheint der Tagesvorrat an Nüssen für den Angler zu sein.
Das riecht der Kleine natürlich. Und sobald der Angler mit Nachschieben des Köders beschäftigt ist,
schleicht sich das Hörnchen an und versucht sich am Beutel. Der Angler wiederum muss ständig seine Tätigkeit unterbrechen
und sich um seine Belongings kümmern. Ein Katz und Maus Spiel dem wir 'ne ganze Weile mit Vergnügen zuschauen.
Inzwischen ist offenbar das Unwetter aus dem Osten rüber gezogen. Es ist windig und auch etwas gruselig bei dem Gedanken in ein Unwetter zu kommen. Den Wanderweg, den wir noch auf dem Hinweg zum Bellaire Lake im Vorbeifahren entdeckt haben, den lassen wir jetzt rechts liegen. Und suchen ganz fix unsere Hütte auf.
Aber am Lake Ramona ist zwar keine Sonne, von anrückendem Unwetter jedoch auch keine Spur. Doch die Luft ist drückend. Rainer zieht sich zu einer Augenpflege zurück, während ich mit Frank auf der Bank liegend über Gott und die Welt debattiere.
Später kommt dann fast die Sonne raus.
Wenn der Vater mit dem Sohne... zu Kindern werden und erst Zikaden fangen und dann
was auch immer ausdiskutieren müssen.
Eine Verwandtschaft kann schon allein wegen der gleichen Körperhaltung nicht abgestritten werden 🤭
Am Abend wird wieder gegrillt und so lange bis uns die Mücken den Platz streitig machen, draußen gesessen.
Nebenbei teste ich mein Handy, mit dessen Leistung ich sehr zufrieden bin. Mit meiner DSLR wäre um diese Zeit schon ein Stativ nötig!
Außer diese Aufnahme. Die macht mich stutzig.
Sieht die KI mehr als ich mit meinen eigenen Augen sehen kann?
Der große, gelbe Mond war das Objekt, das ich einfangen wollte. Aber was ist mit dem andern da hinten???
Seltsam. Das scheint über dem Dowdy Lake zu sein. Dem wird ja nachgesagt, dass der Dowdy Lake von Geistern heimgesucht wird.
Gefahrene Strecke: 14 Meilen = 22.5 Kilometer