Verrückt nach Venedig
Das andauernde Platschen ist es, weshalb ich ans Fenster gehe.
Zwei Gondoliere schaufeln mit einem Behälter das Wasser aus den Gondeln. Es scheint
geregnet zu haben. Und die Gondeln sind vollgelaufen. Das macht mich stutzig. Regnet es hier in Venedig so selten,
dass die Gondeln nicht besser vor Regen geschützt werden?
Hm. Der Himmel ist bedeckt. Aber das haben wir ja schon gestern in der WetterApp
gesehen. Doch am Nachmittag soll es wieder sonnig werden. Ganz klar, dass wir mit einer Indoor-
Attraktion den Tag beginnen werden.
Doch erst einmal geht es zum Frühstück.
Wir haben Anfang August 2020. Mitten in der Corona-Pandemie.
Jedes Hotel auf unserer bisherigen Reise, hatte ein anderes Corona-Hygienekonzept.
Hier im H10 gibt es ein Büffet zum Frühstück. Allerdings dürfen wir uns an diesem
nicht selbst bedienen. Eine Angestellte tut alles Gewünschte auf den Teller. Das ist auch ok so.
Wir essen im Innenhof. Auch hier zeugt alles vom starken Regen der Nacht.
Riesige Sonnenschirme erzeugen ein Dach, so dass hier trotzdem jede Menge Tische im Trockenen
stehen.
Das Personal ist flink und sehr freundlich. Sie servieren die gewünschten
Getränke und Backwaren. Damit sind sie sehr gut beschäftigt.
Das Frühstück ist insgesamt gut. Nicht sehr üppig. Aber ausreichend und das Geld wert.
Kurz nach 10 Uhr sind wir fertig für die weitere Erkundung Venedigs.
Erst geht es über die Rialto und dann so weit entlang der Wasserfront bis
dass wir unser Hotel und natürlich "unsere" Fenster ausmachen können.
Wir wohnen
einfach fantastisch. Mittendrin. Dabei meine ich jetzt nicht die Nähe zur Rialto, die ich persönlich absolut
overhyped finde. Aber das muss jeder selbst wissen.
"Viele Wege führen nach Rom" - in unserem Fall zur Piazza San Marco.
Mittlerweile haben wir uns etwas mit der (geringen) Größe Venedigs vertraut gemacht. Hier kann
man sich einfach nicht verlaufen. Auch das ist der Grund, warum wir jedes Mal eine andere Gasse
laufen in der Hoffnung auf einen noch spektakuläreren Blick.
Die Piazza San Marco ist etwa zwei Fußballfelder groß. Und auch heute
Vormittag ist die Anzahl der Besucher recht überschaubar. Die Schlange der Wartenden am Campanile
ist wesentlich länger als noch gestern Abend. Die gestrige Spontanentscheidung war also goldrichtig.
Auch an den anderen, beiden Hotspots des Platzes wird die Schlange zusehends länger. Bei beiden ist sie allerdings
fast gleich lang. Erst können wir uns nicht
wirklich entscheiden, was wir zuerst sehen wollen, doch dann fällt die Wahl auf den
Besuch des Dogenpalastes. Dem Palazzo Ducale.
Während Rainer sich in die Warteschlange einreiht, frage ich vorn, wie lange es dauern könnte.
"20 Minuten" sagt man mir. Ok. Ohne Reservierung absolut akzeptabel.
Aus zwanzig werden dann letztendlich dreißig. Denn jeder, der cleverer weise eine
Reservierung vorzuweisen hat, kommt vor uns rein. Aber auch diese Zeit ist in Ordnung.
Zeit genug um sich im Reiseführer etwas über die Geschichte des Dogenpalastes
zu belesen.
Und was heißt eigentlich Dogen? Das Wort haben wir noch nie zuvor gehört?
# Dogenpalast
Ein wenig Geschichtliches auf die Schnelle:
Die Republik Venedig hat im Gegensatz zu anderen Teilen Italiens eine ganz besondere Entwicklung.
Die Flucht der Veneter auf die Inseln der vorgelagerten Lagune als Folge des
Zusammenbruchs Roms und der drohenden Vereinnahmung durch Goten
war der Grund für die Gründung Venedigs.
Der 25. März 421 gilt als Gründungsdatum.
Venedig gehörte weder zum Heiligen Römischen Reich noch
zum Byzantinischen Reich (Byzanz). Es knüpfte Handelsbeziehungen, profitierte
vom Salzhandel und als Umschlagplatz zwischen dem Byzantinischen
Reich und dem Heiligen Römischen Reich und wurde zur bedeutenden See- und Wirtschaftsmacht, die ihren Zenit im 15./16. Jahrhundert
erlebte.
Über die Anfangszeit berichten hauptsächlich Legenden und nur wenige historisch zuverlässige Quellen. Erst ab dem 13. Jahrhundert gibt es eine breite schriftliche Überlieferung, die dann aber vom Ausmaß mit der von Rom verglichen werden kann.
Der Doge:
Venedig unterstand niemals einem König sondern wurde von Dogen,
dem Staatsoberhaupt der Republik geführt.
Bis zum Ende der Republik Venedig im Jahr 1797 gab es
120 Dogen. Wobei neuere geschichtliche Erkenntnisse erst den 3.Dogen als ersten wirklichen Dogen ansehen.
Anfangs war ein Doge der unbeschränkte Herrscher.
Anfang des 11. Jahrhunderts wurde seine Macht jedoch eingeschränkt bis das zum Ende des 13. Jahrhunderts
er nur noch Repräsentant des Staates war.
Der Doge wurde auf Lebenszeit gewählt, durfte die Wahl nicht ablehnen und auch nicht abdanken.
Jederzeit konnte er jedoch durch einen Beschluss abgesetzt werden.
Sein Wohn- und Regierungssitz war der Dogenpalast.
Der Doge hatte den Vorsitz in allen Verfassungsorganen der Republik Venedig und konnte somit
Anträge auf den Erlass von Gesetzen stellen.
Als Oberhaupt des Staates war er der Oberbefehlshaber der Marine,
über Krieg und Frieden entschied jedoch der Große Rat.
Der Große Rat:
Mitte des 12. Jahrhunderts wurde der Große Rat eingeführt. Mitglied wurde
automatisch jeder adlige 20 jährige (später 25 jährige) Venezianer, mit Ausnahme derjenigen, die unter dem Stand geheiratet haben
beziehungsweise unehelich geboren wurden. So bestand Mitte des 16. Jahrhunderts
der Große Rat aus etwa 2.700 Mitgliedern. Mitte des 17. Jahrhunderts wurden auch
Nichtadlige, zum Beispiel einflussreiche Händler gegen eine Gebühr von 100 Tausend Dukaten zugelassen.
Um eine Vorstellung über die Summe zu haben: das entsprach etwa dem heutigen Wert von
mindestens 25 Millionen Euro.
Der Palazzo Ducale, wie wir ihn heute besichtigen dürfen, entstand im 14./15. Jahrhundert in mehreren Schritten und ist eigentlich ein Konglomerat aus verschiedenen Bauten. Der Bau überdauerte mehrere Dogen-Amtszeiten. Gleich mehrere Brände im 15. und 16 Jahrhundert beschädigten Teile und mussten wieder neu erbaut werden.
Nachdem wir den Kassenraum passieren, gelangen wir in den Innenhof.
Ich bin froh, dass wir den Innenhof nicht mit Unmengen anderen Besuchern teilen müssen.
Und ja. Es gibt Momente, wo wir den Platz ganz für uns alleine haben.
Fast unvorstellbar ist, dass diese Architektur bis heute in so gutem Zustand
überdauert hat und nach wie vor vom Reichtum der damaligen Zeit zeugen kann.
Der Innenhof war für die Bevölkerung Venedigs frei zugänglich.
Hier wurden Versammlungen, Feste und Turniere veranstaltet
Und seit 1485 fand hier das Zeremoniell der Dogenkrönung statt.
Wir sind ohne Führung unterwegs.
Der Grund dafür ist ganz einfach: wir können die Geschwindigkeit selbst bestimmen und
die vielen Infos, die man bei so einer Führung bekommt, sind too much für uns.
Und so besichtigen wir die Innenräume flanierend, versuchen uns vorzustellen,
wie die Dogen damals hier gelebt haben und manchmal schnappen wir doch ein paar Infos auf
von englisch sprechenden Guides.
Eigentlich weiß man nicht, wohin zuerst zu schauen. Und ich war schon in einigen großartigen Palästen. Nicht nur in deutschen. Sondern auch zum Beispiel im Ermitage und dem Sommerpalast Peter des Großen, die mir als außergewöhnlich in Erinnerung blieben.
Wenn man weiß, dass Napoleon Vieles aus dem Palast plündern lassen hat, dann erstaunt es
doch, wie viel Reichtum die unmöblierten Räume dennoch ausstrahlen. Wandgemälde und
opulent gestaltete Kamine zeugen immer noch sehr gut vom Lebensstil der Dogen.
Die Decken der Treppenaufgänge sind sensationell.
Die Sala del Maggior Consiglio befindet sich in der 3.Etage und
ist der Saal des Großen Rates. Hier wurde über Verfassungen und Gesetze beraten.
Schön ist auch, dass man als Besucher auf den Bankreihen an der Wand Platz nehmen kann.
Beeindruckend. Einfach nur hier zu sitzen und zu versuchen das aufzunehmen, was man sieht.
Es ist der größte Raum im Palast. Und durch seine riesigen Fenster kann man sowohl in die Lagune
als auch auf den Innenhof schauen.
Das Wandbild Paradiso wurde 1587 bis 1590 geschaffen und misst 7.45 Meter
in der Höhe und 24.65 Meter in der Breite. Es gehört oder ist sogar das größte Ölgemälde der Welt.
Viele Fenster stehen offen und man hat die Möglichkeit rauszuschauen.
Venedig soll ja damals schon ungefähr so ausgesehen haben, wie wir es heute erleben.
Ist das nicht Gänsehaut-mäßig, nachzuvollziehen beziehungsweise die Möglichkeit
zu haben, den gleichen Ausblick zu haben, den die Bewohner, Angestellten oder
auch Besucher hatten?
Wie mag es damals gerochen haben?
Was hat man damals von hier aus hören können?
Dem ausgewiesenen Rundgang folgend geht es nun zum eher unangenehmen Teil des Dogenpalastes.
Gefängnisse zu besuchen sind nicht so mein Ding. Was mich allerdings reizt,
ist der Gang durch die Seufzerbrücke mit dem Blick in einen
Kanal auf der einen Seite und direkt zur Lagune auf der anderen Seite.
Zwischen 1556 und 1595 entstanden die sogenannten neuen Gefängnisse. Unter dem Dach befinden sich die Bleikammern, die Piombi. Hier war es sehr heiß - dafür trocken. Dagegen waren die Gefangenen in den Piozzi in dunklen und modrigen Zellen untergebracht.
Der Gang führt an den fensterlosen Zellen vorbei. Fotos mache ich nicht.
Irgendwie kann ich das nicht. An den Wänden sind teils Inschriften zu sehen,
die wohl die Insassen hinterlassen haben.
Na ja. Ich finde es gruselig.
Amüsant:
Angeblich entkam Casanova aus einer Zelle des Piombi,
also den Bleikammern, durch ein Loch in der Decke seiner Zelle.
Und zum ersten Mal macht sich mein neuer Selfiestab echt nützlich. Durch die engen Mauerdurchbrüche schafft es mein Smartphone ganz schlank durchzuschauen und Aufnahmen zu machen.
Tief beeindruckt verlassen wir den Dogenpalast.
Die Sonne hat in der Zwischenzeit gut an der Wolkendecke geknabbert.
Was machen wir also jetzt?
Auf den Besuch der Basilica haben wir beide keine Lust. Das jetzt Gesehene muss man einfach erst einmal
sacken lassen. Wir verschieben den Besuch auf heute Nachmittag. Außerdem ist das Wetter zu schön, um
nur Indoor-Attraktionen zu besuchen.
Der Dogenpalast in seiner vollen Schönheit. Und der Besuch hat sich gelohnt!
Wir gehen hinter dem Dogenpalast, wo sich die berühmte Ponte della Paglia
befindet. Hier sind wesentlich mehr Menschen unterwegs. Sie alle wollen die Seufzerbrücke
fotografieren. Aber daran sind wir nicht interessiert. Wir gehen zielgerichtet zur Vaporetto Station,
wo die Linie 2 ablegt.
Rainers Idee: wir machen einfach eine Sightseeing Tour mit einem Vaporetto.
# Sightseeing mit Vaporetto
Die Vaporetto-Linie Nummer 2 führt uns vorbei an der Insel San Giorgio,
fährt uns entlang des Canale della Giudecca (wieso eigentlich darf sich dieser Kanal einfach "Canale" nennen,
der Grande dagegen nur Canal 🤔)
zwischen den Inseln Giudecca und Dorsoduro, vorbei an Tranchetto und dann durch den Canal Grande bis...
Ja bis wir wieder Dorsoduro erreichen. So der Plan.
Wir Glücklichen haben Plätze ganz in der ersten Reihe erwischt. Kein Kopf der stört. Fast wie eine Privatfahrt.
Viel gibt es hier nicht zu beschreiben.
Die Aufnahmen sind fast selbsterklärend.
Es beginnt mit dem Gesamtblick Richtung Piazza de Marco mit seinen Highlights und ganz nebenbei noch die Santa Maria della Salute.
Die erste Station ist auf der Insel San Giorgio Maggiore. Direkt an der Church of the Santissimo Redentore.
Hier steigen viele aus. Doch wir sind nur zwei Nächte hier in Venedig und können
uns diesen Luxus, hier auszusteigen, um die Kirche zu besuchen, einfach nicht leisten.
Vielleicht beim nächsten Besuch.
Dann folgen mehrere Stationen auf der Insel Giudecca:
Il Redentore (Chiesa del Santissimo Redentore) ...
Wir bleiben anfangs mehr auf der Seite von Guidecca. Das alles sieht sehr beeindruckend aus. Auf einer der letzten Inselchen von Guidecca stehen ganz "normale" Wohnhäuser. So wie wir sie auch von uns in Deutschland kennen. Hier steigen auch Passagiere aus mit Eingekauftem. Ob sie nun am anderen Ende der super langen Insel einkaufen waren oder auf dem Mercato di Rialto waren, das wissen wir nicht. Nur dass es komisch ist, nach all den für Venedig typischen Häusern so etwas Normales zu sehen.
Gegenüber der Garageninsel Tronchetto steht eine Super-Yacht.
Internet macht es möglich. Es bedarf nur ein paar Klicks und schon weiß man, wem die Yacht gehört.
Ok. So schön groß und geräumig sie auch sein mag: Wir in unserem H10
haben jedoch eine eindeutig bessere Aussicht und müssen nur aus der Tür gehen, um mittendrin in Venedig zu sein.
Den weiteren Weg ab der Station Tranchetto kennen wir ja schon von der gestrigen Anreise. Nur... Heute haben wir einen ganz anderen Blick auf das Ganze 😉
Unglaubliche 435 Brücken hat Venedig - je nach Quelle 😉
Und einige befinden sich mitten auf der Hauptstrecke:
Ponte degli Scalzi und die Kuppel der San Simeone Piccolo, einer Kirche aus dem frühen 17. Jahrhundert. Sie gehört zu den prominentesten Anblicken bei der Einfahrt in den Canal Grande, wenn man aus Tronchetto oder auch vom Bahnhof kommt.
Chiesa di San Geremia - Sestiere Cannaregio
Die erste Kirche, eingeweiht im 11. Jahrhundert, beherbergt Gebeine des Heiligen Bartholomäus.
Das Bauwerk, das jetzt zu sehen ist, wurde 1753 gebaut an der Mündung zum des Canale di Cannaregio.
Der 43 Meter hohe, romanische Campanile, also Glockenturm, der Chiesa di San Geremia zählt zu den ältesten in Venedig. Er ist das einzige Überbleibsel des Gebäudekomplexes des ursprünglichen Bauwerks.
Besonders schön finde ich die Art, wie man sich kleine Flächen schafft, um
in dieser Enge noch eine grüne Oase zu schaffen. Teilweise sind es kleine Flächen neben dem Haus,
Mini-Terrassen oder gar aparte Balkone auf dem Dach.
Palazzo Vendramin-Calergi - Sestiere Cannaregio
Der Palazzo wurde von Mauro Codussi in den Jahren 1481 bis 1509 für Andrea Loredan errichtet
und vom Dogen Leonardo Loredan finanziert. Berühmt wurde er vor allem durch Richard Wagner, der dort 1883 gestorben ist.
Heute beherbergt das Gebäude das Wagner Museum sowie das Casinò di Venezia.
... und manche Zugänge von der Wasserseite machen absolut keinen vertrauenswürdigen
Eindruck. Aber wie zu sehen, wohnt in der darüber liegenden Etage auch jemand.
Dieses Haus steht auf Cannaregio's Insel zwischen Rio di Noale & Rio di san Falice
Kurz nach dem wir die Ponte di Rialto passiert haben, werden wir
an der gleichnamigen Vaporetto Station gebeten das Boot zu verlassen.
Hier endet die Fahrt. Warum auch immer? Jedenfalls scheint das ganz unplanmäßig zu sein.
Kurzer Check auf dem Vaporetto-Plan...
Wir entscheiden uns auf die Linie 1 zu warten, um unsere Runde zu vollenden.
Das Boot der Linie 1 ist nicht nur extrem voll, sondern hat nur einen
ganz kleines Freiluftplateau. Und zwar ganz hinten. Also kämpfen wir uns durch. Hier ist jeder Quadratzentimeter
gut genutzt. Die Sitze alle voll. Egal.
Wir wollen den unverstellten Blick.
Den besten Blick auf die Brücke gibt es eben nur vom Wasser!
Linkerhand steht unser Palazzo, das H10 in dem wir logieren. Es hat einfach eine ausgezeichnete Lage!
Weitere Impressionen:
Wir sind uns nicht ganz sicher, wo wir aussteigen werden. Es sollte möglichst die letzte Station auf Dorsoduro
sein. Möglichst bei der Basilica.
Wie heißt die Station und legt die 1 auch dort an?
Das schöne Flair einer Bootsfahrt, wie wir es auf dem anderen Vaporetto hatten, ist hier nicht mehr gegeben.
Die zwei Kleffer neben mir können sich offensichtlich nicht leiden, ein Kind im Kinderwagen, brüllt wie
von der Tarantel gestochen, doch keinen kümmert's...
Gerade als wir die Station Accademia erreichen, entscheide ich sofort auszusteigen.
Der Lärm ist nicht auszuhalten.
Eine Wohltat das Vaporetto verlassen zu haben.
Hinter der Ponte dell'Accademia entdecke ich ein kleines Restaurant.
Ein Tisch in der Front Row "winkt" mir zu.
Also nix wie hin, um den weiteren Plan für den Tag bei leckerem Salat und Spritz zu machen.
Hier auf der Freiluft-Terrasse der Bar Foscarini verbringen wir mehr als eine Stunde. Ein wunderbarer Ort am Wasser mit Blick auf die Basilica. Was will man mehr!
# Das östliche Dorsoduro
Dorsoduro ist der südliche Stadtteil Venedigs und ist nach seinem hartem Untergrund benannt (dorso duro - harter Rücken), der stabiler und sogar teils felsig ist. Auch die langgezogene Insel Guidecca gehört zum Stadtteil Dorsoduro.
Das wohl bekannteste und omnipräsente Bauwerk ist die Basilica Santa Maria della Salute.
Weiterhin bietet es eine Reihe bedeutender Kunstmuseen und Galerien, wie zum Beispiel
die Galleria dell'Accademia, die die weltweit größte Sammlung venezianischer Malerei
beherbergt.
Auch steht in Dorsoduro das Palazzo Venier dei Leoni wo sich eine umfangreiche
Sammlung moderner Kunst befindet, die Peggy Guggenheim Collection.
Man kann berühmte Werke Pollocks und Picassos oder auch Salvador Dalí's betrachten.
Wem das noch nicht reicht, der findet auch in der Punta della Dogana, dem einstigen Zollgebäude hinter der
Basilica Santa Maria della Salute noch weitere Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst.
Gut zu wissen. Das zum Überblick.
Wir haben fantastisches Wetter und nur einen ganzen Tag zum Kennenlernen von Venedig.
Für Museen ist da leider kein Platz. Vielleicht - oder bestimmt bei einem anderen Besuch.
Wir starten unseren Spaziergang hinter der Ponte dell'Accademia und gehen gen Osten. So gerade und möglichst nahe dem Canal Grande, was man eben in Venedig als "gerade" bezeichnen kann. Es ist Sonntag und trotzdem ist kaum jemand unterwegs. Vermutlich gehört ein Spaziergang durch Dorsoduro nicht zum Hotspot eines Venedig Besuchers. Und das ist auch gut so.
# Basilica Santa Maria della Salute
Die Basilica Santa Maria della Salute thront an der östlichsten Spitze der Insel, an der Mündung des Canal Grande. Und sie ist aus der Nähe genauso imposant wie von der gegenüberliegenden Seite.
Die barocke Basilika ist einer der zwei Votivkirchen Venedigs.
Als Votivkirche bezeichnet man übrigens eine gestiftete Kirche, die aufgrund eines Gelübdes gebaut wurde.
Die Basilica della Salute wurde zum Dank für die Erlösung der Stadt von der verheerenden Pest gebaut.
Übrigens ist die andere Votivkirche, die Il Redentore (Chiesa del Santissimo Redentore),
die der Erlösung der Stadt von der Pest im 16. Jahrhundert, gewidmet wurde.
Die Pest kam meist mit den großen Handelsschiffen nach Venedig. Seit Mitte des 14.Jahrhunderts
kämpfte die Stadt mehrfach mit dem Schwarzen Tod.
Eingeschleppt von Flöhen die auf den Ratten saßen, die den Erreger in sich trugen. Stirbt die Ratte an der Seuche,
springen die Flöhe auf einen anderen Wirt. Und dann eben auch auf Menschen. Und jedes Mal
starben sehr viele Menschen.
Denn in der See- und Wirtschaftsmacht Venedig herrschte ein ständiges Kommen und Gehen.
Im dicht bebauten Venedig gab es eine Rattenplage und die hatten leichtes Spiel.
Man spricht bis dahin von etwa 20 Malen, dass die Stadt mit der Seuche kämpfte.
Im Juni 1630 kam die Seuche erneut in die Stadt. Es traf nicht nur Arm sondern auch Reich.
Im Oktober, als die Seuche trotz vieler Maßnahmen nicht mehr zu bändigen war,
beschloss der Senat ein Versprechen an die Gottesmutter:
Zum Dank für die Erlösung Venedigs von der Pest gelobte der Senat,
der Jungfrau Maria ein Gotteshaus zu errichten.
Es wurden 50.000 Dukaten aus den öffentlichen Kassen für die Errichtung der Kirche gestellt,
die den Namen
1630 begann man mit dem Bau, der mangels Geldes immer wieder stagnierte.
57 Jahre später war der Bau beendet.
Die Gesamtkosten beliefen sich letztendlich auf 420.136 Dukaten.
Am 9. November 1687 wurde sie eingeweiht. Da war der Architekt Baldassare Longhena
bereits fünf Jahre tot.
Eine Kirche deren Geschichte man gerade im Jahr 2020, in der die weltweite Corona-Pandemie herrscht, noch besser verstehen kann.
An der absoluten Spitze, vor der Basilica, ist der ideale Ort, um den besten Rundblick
an der Mündung des Canal Grande zu haben.
Hier machen wir - wie viele andere auch - eine Pause und lassen auf uns wirken, was wir bisher
erlebt haben.
Es ist schon irgendwie verrückt: Ohne zu hetzen haben wir bis jetzt so viel
vom Ambiente der Stadt aufgesaugt.
Während ich also versuche fotografisch ein wenig von dem was uns beeindruckt festzuhalten, liest Rainer aus dem Reiseführer vor. Das ist übrigens bei uns eine feine Tradition und Aufgabenteilung.
Ausblick nach vorn und zum Markusplatz:
# Spaziergang durch Dorsoduro
Von der östlichsten Spitze Dorsoduro's spazieren wir auf der Le Zattere. Eine Uferpromenade immer mit Blick auf die Insel Giudecca. Hier ist kaum etwas los. Meist sind wir alleine unterwegs.
Wir haben kein spezielles Ziel und nehmen uns Zeit, um in die Höfe zu blicken, Details zu
entdecken oder auch nur zwischen den Häusern zu spazieren.
Die Aufnahmen sprechen für das, was uns begegnet.
Venezianische Hinterhöfe sind immer fotogen.
Und dann noch ein paar Brücken:
Zuletzt erreichen wir die Santa Maria Gloriosa dei Frari.
Hier sind auffallend viele Menschen unterwegs.
Es ist heiß. Knapp über 30° Celsius.
Eine kleine Snack-Bar lockt mit Spritz. Wer würde da schon ablehnen?
Die Tour endet an unserem Hotel.
Hier legen wir erst einmal eine Pause ein. Das tut einfach gut.
Cappuccino und etwas Lektüre ...
Und ein Nickerchen verhelfen uns zu neuer Energie.
Halb Sieben machen wir uns wieder auf den Weg.
Unser Ziel: Basilica di San Marco.
Am Eingang steht niemand an. Ach was haben wir für ein Glück!
Die Freude darüber ist kurz. Denn es steht niemand an, weil die Türen
für Besucher gerade geschlossen wurden. Wie Schade! Wir sind einfach zu spät gekommen.
Die Seitentür wird streng überwacht, damit niemand diesen Eingang nutzt.
Hm. Ok. Dann verschieben wir das Vorhaben.
Vielleicht auf morgen Vormittag? Aber wir machen es noch nicht fest.
Denn morgen verlassen wir Venedig wieder.
Zwei Nächte sind einfach zu wenig für diese Stadt!
Es geht zurück Richtung Canal Grande.
Ein paar Aufnahmen im warmen, abendlichen Licht müssen noch sein.
Mir tut es schon jetzt Leid, dass wir nur so kurz hier sein können.
Auf der "Vorderseite" der Rialtobrücke ist es wesentlich voller.
Auf der anderen Seite ist kaum jemand. Dabei gleicht der Anblick in diese Richtung
einem Gemälde - obwohl es schon im Schatten liegt.
Zum Greifen nah ist hier rechts gleich das Fondaco dei Tedeschi, das Luxus Kaufhaus, auf dessen Terrasse wir gestern waren.
Das Campo dell'Erberia ist ein wunderbarer Platz, um am späten Nachmittag oder am Abend
zu dinieren oder auch nur einen Spritz zu haben. Ein Restaurant beziehungsweise eine Bar reiht sich an der anderen.
Gerade an solchen Tagen wie heute tut es gut, im Schatten zu sitzen dabei aber auf die
sonnenbeschienenen Häuserfronten zu schauen.
Auf dem kleinen vorgelagerten Anleger ist es
extrem voll. Man kann es schon fast als dichtgedrängt bezeichnen.
Junge Leute sitzen auf den rohen Planken. Alle haben einen Wein und Gläser mit. Manche auch
etwas zum Essen. Es wirkt echt malerisch.
Im Hotel empfahl man uns die Osteria Bancogiro. Doch wir haben nicht reserviert und
so dürfen wir nicht an den Tisch in vorderster Reihe Platz nehmen. Kein Problem.
Die daneben stehenden Tische gehören der nächsten Osteria. Hier hat man kein Problem
damit, wenn wir uns den Tisch auswählen. Keine Ahnung was wir nun Gourmet-technisch verpassen. Aber
auch hier hat weder Rainer noch ich ein Problem etwas im Menü zu finden.
Rainer liebt diese schwarzen Spaghetti und ich entscheide mich für Carpaccio.
Beides ist wirklich lecker.
Einzig den Spritz muss Rainer alleine genießen. Ich darf ja immer noch nicht.
Wir sitzen hier eine gefühlte Ewigkeit.
Das wunderbare Klima gibt es her!
Als wir endlich aufbrechen - es sind ja nur ein paar wenige Schritte bis zum Hotel - ist der Wasserspiegel sichtlich gestiegen. Nicht nur am Campo dell'Erberia kann man es sehen.
Ein Abschiedstrunk auf der Terrassenbar des H10 fällt heute flach.
Der Tag war so voll gefüllt mit Erlebnissen, dass wir froh sind, uns nur noch
ins Bett fallen zu lassen!