Kalabrien - an der Stiefelspitze
Ganz früh, noch bevor die Sonne aufgegangen ist, werde ich wach. Der Blick aus dem Bett ist phänomenal!
Den Morgen beginnen wir mit einem Bad im warmen Whirlpool.
Ja, so kann man den Tag auch ganz nett beginnen lassen.
Dreiviertel Zehn geht's zum Frühstück. Natürlich nehme ich die Torta Caprese, die mir gestern schon außergewöhnlich gut geschmeckt hat.
11 Uhr lassen wir uns vom Hotel-Shuttle zum Hafen Procida bringen.
Unsere Fähre ist für 11.30 avisiert. Die ist auch ganz pünktlich.
Alles läuft nach Plan.
Das Wetter könnte nicht besser sein und die knapp 30 minütige Fahrt vergeht sehr schnell.
Bei dunkelblauem Himmel wirkt Pozzuoli vom Wasser gesehen sehr schön.
Viel schöner als noch vorgestern.
Es geht zum verabredeten Platz, wo der Shuttle zur Garage stehen soll.
Doch hier ist niemand. Also warten wir erst eine Weile.
Hat man uns etwa vergessen?
Ein Anruf bringt Aufklärung: Einen Shuttle gibt es nicht. Ein Mitarbeiter
steht irgendwo - ich kann es kaum verstehen - und wartet mit unserem Auto vor Ort.
Wir machen uns also auf die Suche und "scannen" den Parkbereich ab. Unser Auto steht
am Ende des Blocks. Wir zahlen nun noch 10,- € nach, weil unser PKW größer ist, als
wir bei der Reservierung angegeben haben. Wobei ich mich total unschuldig fühle,
denn unsere Ausführung des Autos war ja nicht auf der Liste.
Wir zahlen nach, was ja vollkommen in Ordnung ist, und erhalten dann unsere Schlüssel und können sofort weiter.
Rückblickend haben wir sehr gute Erfahrungen mit dieser Garage gemacht und würden
die immer wieder buchen.
Jetzt stehen uns noch über 400 Kilometer Fahrt bis Kalabrien bevor. Eine Strecke, die ziemlich langweilig wird. Langweilig werden muss. Denn wir werden die meiste Strecke über die Autobahn fahren.
Bevor Rainer allerdings auf Autopilot schaltet, machen wir einen kurzen
Boxenstopp in einem Carrefour südlich von Neapel. Wir benötigend nämlich dringend Sonnencreme, die
ich vergessen habe einzupacken. Auf Procida war die Sonne schon ziemlich strong.
Der fehlenden Sonnencreme ist nun auch unsere leicht rote Nase geschuldet.
Die Gefahr sich einen richtigen Sonnenbrand zu holen, ist umso größer, wenn wir
im viel südlicheren Kalabrien unseren kurzen Badeurlaub haben werden.
Und das will ja keiner riskieren!
Der Supermarkt ist riesig. Doch von Sonnencreme keine Spur.
An der Kasse stehen drei Mitarbeiterinnen des Supermarktes. Sie werden sich wohl auskennen und
mir sagen können, wo hier der Sonnenschutz einsortiert ist.
"Sun Creme - oh no Senora, the season is over."
Ok. Wir stehen etwas betreten da.
Mir schnellt durch den Kopf, dass wir in manchen Sommerwochen happy wären, so
ein "Season is over" Wetter zu haben. Aber was soll's.
Wenn es schon keine Creme gibt, gibt es ein Foto von der Fischauslage. Ich selbst esse ja kein Seafood. Aber ich liebe solche Auslagen. Alles wirkt so frisch und lecker. Und ich ärgere mich selbst darüber, dass mir das nicht schmeckt!
Auf der E-45 loggt der Captain ein und wir düsen gen Süden.
Es ist wohl nicht nötig hier zu berichten, wie langweilig so eine Fahrt sein kann.
Landschaftlich tut sich nicht viel.
Aus unserem entspannten Zustand werden wir erst bei einer Tankpause in Aufregung gebracht.
Dann passiert uns etwas, womit wir so gar nicht gerechnet haben:
An der Säule der Tankstelle in Consilina Ovest stehend, sagt der Mitarbeiter, dass wir jetzt nicht den billigen Diesel
tanken dürfen, weil gerade die Tanks aufgefüllt werden. Als ein anderer Mitarbeiter kommt, gibt es mit
dem günstigen Diesel kein Problem. War wohl nur ein Trick, um den "guten" Diesel zu verkaufen. Bei der Abrechnung
stellen wir allerdings fest, dass auf dem Kartenbeleg eine viel größere Summe abgebucht wurde, als wir getankt hatten.
Als wir den Tankwart darauf ansprechen, hält er uns sofort einen Zwanzigeuro-Schein hin. Das war also ein rotzfrecher
Versuch, uns um Zwanzig Euro zu bescheißen. Mit so viel Frechheit hatten wir nicht gerechnet. Wir brauchen eine ganze Weile,
um uns wieder zu beruhigen.
Zum Glück ist das Wetter traumhaft.
Als wir Pizzo erreichen, steht die Sonne schon sehr tief und färbt die Häuser in ein so schönes
Licht. Der Ort ist recht klein und schon bald geht es auf die Landstraße. Ich finde
die Gegend hat so ein gewisses italienisches Flair, wie man das von alten italienischen Filmen kennt.
Vielleicht ist das nur Einbildung. Irgendwie möchte etwas in mir sagen: So ist das richtige Italien.
Das, obwohl ich das schon in jeder engen Gasse im Norden gesagt habe. Aber hier ist es anders.
Auch fällt mir auf, dass entlang der Straße viel mehr Kleinmüll liegt.
Na ja. Kalabrien, denke ich, ist eben das tiefste und ungeschönte Italien.
Wir versuchen noch bis vor Sonnenuntergang das Hotel zu erreichen.
Zu gern würde ich der malerischen, untergehenden Sonne zuschauen.
Doch stehen bleiben ist keine Option. Es sind nur ja nur noch wenige Kilometer.
Deshalb müssen diese Aufnahmen während der Fahrt entstehen.
Dreiviertel Sieben fahren wir auf das Gelände des
Capovaticano Resort Thalasso Spa.
Hier werden wir drei Nächte bleiben. Ich habe kein Programm für diesen Aufenthalt.
Es soll ein reiner Badeurlaub werden. Etwas im Meer planschen,
am Strand liegen und vielleicht mal eine andere Bucht besuchen oder aber nach Tropea fahren.
Im Netz habe ich irre Fotos gesehen: Eine Häuserwand am Abgrund eines Felsens vor türkisgrünem Meer.
Alles hier in der Hotelanlage sieht sehr unitalienisch aus.
Schon die Einfahrt hat Elemente, die durchaus auch in einem Resort in Arizona sein könnten.
Das Gebäude sieht extrem modern aus.
Das Foyer ist gigantisch.
Und der Architekt der Decke war wohl von der Deckengestaltung des Pantheons in Rom
mindestens so fasziniert, wie ich das war.
An der Rezeption warten gleich zwei Mitarbeiterinnen auf einen neuen Gast. Wir scheinen die letzten Gäste zu sein, die einchecken.
Ich habe ein Superior Doppelzimmer mit unverstelltem Meerblick gebucht.
So jedenfalls suggerieren das die Hotelfotos.
Unser Zimmer ist sehr großzügig. Der Balkon so breit wie das Zimmer.
Doch der Ausblick ist nicht das, was ich gebucht habe. Es ist eher ein
seitlicher Meerblick!
Ach nö. Ich mag nicht wieder zurück zur Rezi. Umgekehrt ärgert es mich, nicht das zu bekommen, wofür
wir einen Zuschlag zahlen. Also geht es doch zur Rezi zurück.
Erst gibt es eine kleine Diskussion. Dann zeigt Rainer ein Foto, womit das Hotel wirbt.
Daraufhin erhalten wir doch noch, das was wir gebucht haben.
Geht doch!
Der Tag ist praktisch durch. Und in dieser Gegend jetzt noch ein Restaurant zu suchen, wäre töricht. Das Hotel besitzt mehrere Restaurants. Doch wegen der Pandemie ist nur eins zum Abendbrot geeignet.
Im Mantineo gibt es Menüs à la Carte.
Doch die Karte ist recht übersichtlich.
Nannte man es früher nicht "nouvelle cuisine" wenn vom Teller mehr als 50% zu sehen ist?
Hier nennt man dies leichtere Gourmet-Variante der kalabrischen Küche.
Na gut - wir werden ja satt.
Etwas überdreht von der langen Fahrt und vom vielen Sitzen während der Autoreise machen wir
einen kleinen Rundgang in der Anlage. Und die scheint toll zu sein. Jedenfalls was man
in der Dunkelheit sehen kann.
Ein kleiner Absacker wäre nicht schlecht. Die Stromboli-Bar, direkt am Pool, scheint der geeignete Ort zu sein.
Aber kein Barmann ist weit und breit zu sehen. Auch sonst ist hier keine Menschenseele. Wie es scheint, lässt man uns hier
im Süden die Nachsaison richtig spüren.
Na gut.
Die Bergamotto Bar, in der ersten Etage, ein weiterer stylisch eingerichteter Ort, mag
uns auch keinen Cocktail servieren. Das ganze tolle Ambiente, ist das nur für die drei
oder vier Monate im Jahr errichtet worden?
Wir werden es nicht erfahren.
Dann beenden wir eben früher als sonst den Tag.
Gefahrene Strecke: 456 Kilometer
Reisezeit: etwa 6 Stunden