Auf dem Weg nach Noci
An dieses umfangreiche Frühstück kann man sich schnell und gut gewöhnen.
Die vielen kleinen Speisen sind recht verschieden in ihrem Geschmack. So hat man von allem etwas.
Etwas Süßes. Aber auch etwas Deftiges.
Das Ganze hat einen entscheidenden Mehrwert: Man ist gesättigt bis zum Abend.
Angenehm gesättigt. Nicht Oberkante Unterlippe.
Und hätten wir schon früh gewusst, was uns essen technisch heute noch bevorsteht, hätten wir
uns doch glatt mehrere Portionen als Proviant einpacken lassen.
Doch erst mal von vorn:
Tanja, unsere allmorgendliche Bedienung zum Frühstück ist gut informiert. Sie fragt erst, wohin die Reise weitergeht und wünscht uns weiterhin eine gute Zeit in Apulien. Zuletzt gibt es noch eine Widmung von ihr auf einem Blanko-Frühstücksmenü. Letzteres wollte ich als Andenken haben, für dieses außergewöhnliche Frühstück hier im Pollicastro Boutique Hotel.
Ein letztes Bild vom Eingang unseres Zimmers und natürlich vom Eingang
des Hotels Pollicastro, bevor wir uns auf die weitere Reise begeben.
Gerade als wir unsere Koffer ins Auto laden, bleibt eine Reisegruppe vor unserem Hotel
stehen. Eine Gruppe Deutscher. Beim Blick auf das KFZ Zeichen, sind sie natürlich über unsere Herkunft
informiert und verwickeln uns in ein Gespräch. Wie es in diesem historischen Hotel sei.
Das interessiert sie insbesondere.
Es ist etwa halb Zwölf, als wir Lecce verlassen.
Es geht gen Norden, in die Nähe von Noci. Laut GoogleMaps sind es 130 Kilometer bis
zum Ziel. Zeit genug, um Zwischenstopps in Ostuni und Francavilla Fontana einzulegen.
Beim Vermieter sind wir erst zwischen 18 und 19 Uhr avisiert.
Auch heute klammert sich die Schlechtwetterfront förmlich an die Fersen der südlichen Adria. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mal regnet es mehr über dem Hacken des italienischen Stiefels - mal mehr über Albanien. Das geht schon seit Tagen so. Die letzten zwei Tage konnten wir erfolgreich ausweichen. Heute allerdings können wir nicht anders. Da müssen wir mitten durch.
Wir erreichen Francavilla Fontana in der Nähe des gleichnamigen Castello.
Es ist Samstag.
Und wie es aussieht ist hier Wochenendmarkt. Bauern
stehen entlang der Straße und offerieren ihr Obst und Gemüse. Doch wir kommen zu spät. Sie sind
mit Einpacken beschäftigt. Das große Geschäft fand früher statt.
Egal. Gemüse und Obst wollten wir eh nicht kaufen. Aber mal gucken. Das wäre schön gewesen.
# Francavilla Fontana
Francavilla gehört zu Apuliens Region Brindisi. Das Netz überschüttet uns nicht gerade mit Informationen über diesen Ort. Mein analoger Reiseführer hat dennoch ein paar Highlights aufgeführt, die es wert sind, besichtigt zu werden.
Palazzo Imperiali - Castello di Francavilla Fontana
Nur wenige Minuten vor Eins stehen wir vor dem Eingang.
Eigentlich wird gerade alles geschlossen. Doch eine letzte Mitarbeiterin hat wohl Mitleid
mit uns und macht noch einen kurzen Rundgang mit uns und erzählt etwas zur Geschichte
und zum Werdegang des imposanten Gebäudes.
Das Palazzo Imperiali (Castello di Francavilla Fontana) wurde 1450 vom
Prinzen Tarent Giovanni Antonio erbaut. Es wurde als Militärfestung am Rande der Stadt
genutzt. Später, 1570 wurde es wieder zur Residenz umfunktioniert. Erst für Marquis of Oria
später residierte hier Bernardino Bonifacio.
Aber erst nachdem die Namen gebende Familie Imperiali 1720 den Palast in Besitz genommen hat, wurde
es zu dem, was wir heute noch sehen können: Zinnen, blinde Bögen, die doppelten Treppen im Hof
und dieses wirklich noch heute majestätisch wirkende Eingangsportal kamen dazu.
Auch die Loggia an der Ostflanke des Palastes sollen wir nicht vergessen.
Heute befinden sich in den Räumen Gemälde venezianischer und neapolitanischer Malerschulen.
Wir bekommen noch einige Minuten Zeit, um uns flott etwas umzusehen und dann müssen wir den Palast verlassen. Wie großzügig!
Das nächste Ziel ist die Chiesa Matrice.
Durch enge Gassen, vollkommen zielorientiert, suchen wir den Weg dahin. Und wie schon so oft,
ist uns nicht die schnellste Verbindung wichtig. Sondern die Authentischste.
Wieder ist es "Italien wie ich mir das vorstelle". Wir begegnen noch einer Gruppe,
wahrscheinlich Gäste einer Feier, die aber in ihren Häusern verschwinden.
Und so haben wir alles für uns alleine. Wie in einer Geisterstadt. Oder einem Museum.
Basilica Minore del Santissimo Rosario
Die genaue Entstehungszeit der Kirche ist unklar. Verschiedene lokale Geschichtsschreiber erwähnen
jedoch schon um 1300 eine Kirche. Sie wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrfach erweitert.
Das heutige Gebäude ist das Ergebnis des Wiederaufbaus im Jahr 1743,
nachdem ein Erdbeben im 14.Jahrhundert einen großen Teil der Kirche zerstört hatte.
Sie ist die größte Kirche des Bistums Oria. Und mit einem Durchmesser von 13 Metern
thront die höchste Kuppel Salento's auf der Kirche
Dass katholische Kirchen Schließzeiten haben, das habe ich erst hier im Süden
Italiens gelernt. Mein Glauben, dass Kirchen immer geöffnet sind, scheint überholt.
Und so werden wir die angeblich Wunder wirkende Ikone der Madonna della Fontana,
der Schutzpatronin der Stadt, die hier beherbergt ist, nicht sehen können.
Denn man schließt hier 12 Uhr und öffnet erst 16.30 Uhr. So lange können und wollen wir nicht bleiben.
Wir müssen uns mit der Außenansicht begnügen. Und die ist sehr schwer auf eine Aufnahme zu bekommen. Das Café ganz in der
Ecke ist die einzige Position, auf der ich die Kirche einigermaßen fotografiert bekomme.
Was also nun tun?
Mitten in den Gassen zu spazieren scheint sehr verlockend. Die Einwohner scheinen
in der Mittagspause zu sein. Aber wirklich auch alle. Kein Mensch ist auf den Straßen.
Wir haben einen ganzen Ort für uns allein.
Und der ist selbst bei fehlender Sonne sehr sehenswert!
Chiesa di San Sebastiano
Die Kirche ist ein katholisches Gotteshaus. Erbaut mit einer großzügigen Spende Andrea Imperiali's
entstand 1728 neben der Kirche und zum gleichen Komplex gehörend das "Collegio delle Scuole Pie".
Das Kloster wurde 1814 aufgelöst. 1830 wurde es mit dem angrenzenden Internat wiedereröffnet. Ab 1841 unter dem Namen
"Real Collegio Ferdinandeo". Und galt als eine der angesehensten Schulen des 19. Jahrhunderts in Apulien.
Mit der Übertragung des Klosters an die Gemeinde, die 1868 stattfand, wurde die Kirche nach und
nach aufgegeben. Periodisch war hier das städtische Gymnasium untergebracht.
Die Kuppel ist 9.50 Meter hoch. Die Spitze erreicht eine Höhe von 35 Metern.
Auch hier sind die Fassaden das Einzige, was wir sehen dürfen. Denn wegen Restaurierungsbedarfs wird der Komplex nur noch sporadisch genutzt und ist für die Öffentlichkeit nicht zugängig.
Hier ein netter Innenhof. Da eine nach Renovierung schreiende Fassade. Irgendwie total fotogen. Vielleicht genau deshalb, weil die Sonne fehlt und die Stimmung zum Ganzen noch besser passt.
Es wird ungemütlich. Jetzt beginnt es sogar zu nieseln.
Das meiste haben wir vermutlich gesehen. Das Auto erreichen wir noch
bevor es anfängt stärker zu regnen.
Ich checke die RegenradarApp.
Ja es lohnt der Umweg über Ostuni. Ein in allen Medien angepriesener Ort. Also nix wie hin!
Von Ostuni habe ich immer wunderschöne Bilder gesehen. Ostuni gehört wohl zu einer Reihe
der "weißen Orte". Aber als wir Ostuni erreichen ist nichts weiß.
Eher grau. Und nicht nur der Himmel! Dann fängt es auch noch an zu schütten. Na sehr schön.
Ein Café wäre nicht schlecht. Der Regen soll sich laut Radar bald verziehen. Man könnte es ja aussitzen.
Aber so soll es nicht kommen. Wir finden keinen Platz, wo wir unser Auto loswerden können. Kurven durch die
Straßen und geben letztendlich auf.
Wir fahren weiter.
Es beginnt eine gewisse Expedition unter dem Namen: "Offenes Restaurant gesucht".
In Locorotonto soll es tatsächlich Restaurants, Osterias und etc. geben. So Google.
Aber diese Infos sollten dringend nochmals überarbeitet werden. Alles was wir anfahren, ist geschlossen.
Zwischen Martina Franca und Locorotonto fahren wir ein Gasthaus an. Der Parkplatz
ist gut belegt. Die Hoffnung steigt hier etwas essen zu können.
Während ich im Auto warte, schließlich regnet es ziemlich stark, schaut Rainer
sich um. Alles geschlossen. Nur die Tür zum großen Saal ist offen. Der ist hoffnungslos
überfüllt. Es sieht nach einer Familienfeier aus. Tatsächlich ist es eine geschlossene Veranstaltung.
Es ist kurz vor Vier. In Locorotondo hat noch genau eine Pizzeria geöffnet. Die sieht sogar echt nett aus.
Doch wie sollte es anders sein: Sie werden unsere Bestellung nicht aufnehmen. Denn man schließt gleich.
Es täte ihnen furchtbar leid. Aber außerhalb der Saison wird eine kleine Schließzeit eingeschoben.
Um Sieben öffnen sie wieder und würden sich freuen, wenn wir dann wieder kommen.
Da melden sich Carmine und Clara, die Hosts unserer nächsten Unterkunft. Sie möchten, dass wir etwas eher kommen,
denn sie müssen irgendwie weg. Spätestens um Fünf verlassen sie das Gut und werden erst um Neun wieder da sein.
Laut Navi könnten wir es schaffen.
# Gestrandet im Olivenhain - Dimora Casanoja
Die Anfahrtsbeschreibung ist perfekt. Und so stehen wir nur wenige Minuten vor Fünf vor unserem
Häuschen. Carmine steht schon mit den Schlüsseln da. Er schließt uns auf, erklärt ganz kurz und
nimmt sich dann doch noch Zeit, um uns kurz das Anwesen zu zeigen. Jedenfalls einen Teil davon.
Sein Englisch ist schlecht. Aber er gibt sich allergrößte Mühe.
Vom Obst an den Bäumen dürfen wir uns bedienen.
Mich erwartet anschließend
eine praktische Schnelleinführung in die italienische Kräuterkunde.
Und immer wenn er nicht weiß, wie es in Englisch heißt, reißt er einen Stängel oder ein Blatt ab und lässt
mich riechen. Oder er pflückt ein paar Samen und macht kreisende Bewegungen auf seinem Bauch. Ich probiere sie auch. Ahhh...Anis.
Super nett der Mann. Super nett der Empfang!
Der Pool ist wunderschön angelegt. Leider, leider ist das Wetter nicht entsprechend.
Sie selbst wohnen in diesen neckischen Trulli.
Unsere Villa ist von außen allein eine Augenweide. Absolut gemütlich
eingebettet in diesen riesigen Garten. Umgeben von all den wilden Gewächsen, die
alle essbar sind.
Bei diesem Wetter wünscht man sich nichts weiter, als
ganz schnell im Haus zu sein und den Garten aus der warmen Stube genießen zu können.
Im Untergeschoss befinden sich ein Esstisch und die Küche.
Auf dem kleinen Beistelltisch ist ein Korb. Voll gepackt mit Lebensmitteln für uns zur Verfügung gestellt.
Drei verschiedene Brote, Cerealien, verschiedene apulische Nudeln und eine Flasche passierter Tomaten.
Das Olivenöl stammt aus ihrer eigenen Produktion. Auch der Wein und der Honig.
Neben der Kochfläche wartet eine Foccacia auf uns. Wir finden hier alles, um uns die nächsten Tage sehr gut zu ernähren.
Denn auch der Kühlschrank ist gut gefüllt. Melone, verschiedener Käse, Milch ...
Wir sind angenehm überrascht.
Und eins ist klar: Heute brauchen wir kein Restaurant mehr. Wir machen unser Essen selbst!
Ist das nicht ein filmreifer Ausblick?
Der schönste 3D Fernseher aller Zeiten!
In der oberen Etage befindet sich die Schlafgelegenheit. Das Fenster hier oben ist noch breiter als das unten. Vermutlich ist diese Bleibe auch super geeignet um Abzuschalten. Niemanden zu sehen. Und als Selbstversorger einen Kurzurlaub zu machen, ohne das man weiß, welchen Tag wir gerade haben.
Nach der ersten Inspektion sind wir mehr als zufrieden. So schön hier. Da ist selbst mir das Wetter schnuppe!
Ach ja. Und eine Sauna gibt es natürlich auch.
Draußen ist es schon dunkel.
Ich koche uns Orecchiette und muss an Carmine denken. Der uns beim Erklären der Zutaten auch die Nudelsorten
erklärte. Und beim Wort Orecchiette griff er sich ans Ohr. Übersetzt heißt es Öhrchen.
Besser kann man Vokabeln einfach nicht lernen 😆
Wir bleiben noch eine gefühlte Ewigkeit vor unserem "3D TV" sitzen und
schauen raus.
Ein gut gefülltes Glas Rotwein immer in der Hand haltend.
Gefahrene Strecke: 319 Kilometer