Der lange Weg nach Graskop
Kurz nach Fünf stehe ich mit meinem "Ofenrohr" bereit.
Bereit zur sensationellsten Aufnahme der Highlights des Amphitheaters.
Doch wie es scheint, habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und der Wirt heißt hier Petrus.
Wieso ist denn heute früh nicht das geniale Wetter wie jeden Morgen?
Ok. Ich hab's versemmelt...
Eine dunkle Wolkenmasse lässt nur partiell den Blick auf Sentinel & Co zu.
Amphitheater
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Es ist kühl und leicht windig.
Das Frühstück wird auch nicht auf der herrlichen Terrasse serviert sondern drin.
Auch die Kellnerin mit ihrem neckischen Kopfschmuck, die uns täglich bedient hat,
ist nicht da. Schade. Gern hätte ich zum Andenken ein Foto von ihr gemacht.
Halb Neun fahren wir vom Hofe.
Der Tümpel - vielleicht ist es auch ein Wasserspeicher - ist heute so glatt wie kein anderes
Mal in den letzten Tagen. Mag sein, dass es mir nur auffällt, weil die Sonne nicht so grell
darauf scheint.
Jedenfalls fühle ich mich gezwungen, ein paar Spiegelaufnahmen zu machen.
Die heute bevorstehende Strecke ist die längste unserer Reise.
Etwa 600 Kilometer sind zu fahren. Berlin - München.
Eigentlich kein Hit. Jedenfalls für uns nicht.
Die Verunsicherung kam erst mit der Nachfrage in einem Spezialforum.
Dort hatte ich mit dieser Frage wohl eine Welle der Antipathie ausgelöst.
Das Unverständnis war groß, dass wir diese lange Strecke an einem Tag machen wollen.
Die Straßenverhältnisse wären zu schlecht und niemals könnte ich das mit der
Strecke Berlin - München vergleichen.
Verstanden und doch anders entschieden.
Es gab die Wahl noch länger hier in der Gegend am Fuße der Drakensberge zu verbringen oder
eben die letzten zwei verbliebenen Tage unseres Urlaubs zu nutzen, um die Panaromaroute
zu fahren.
Zu verlockend waren die Bilder der Potholes im Netz.
Das wollte ich unbedingt sehen.
Selbst auf die Gefahr, dass wir Pech haben werden, weil wieder einmal Nebelwände
den Blick verhindern.
Selbst für diese Eventualität war ich dank Sandras Tipp vorbereitet:
"Fahrt doch dann einfach in den Krüger National Park. Das haben wir auch so gemacht!"
"Krüger National Park? Ach der ist wohl ganz in der Nähe?"
Man lernt nie aus. Reisen bildet eben.
Gute Idee.
Erst einmal verabschiedet uns auch die Kuhherde - wie jeden Morgen um diese Zeit - in dem
sie uns gleich zum Beginn der Reise ausbremst.
Nachts hat es wohl geregnet und riesige Pfützen sind entstanden.
Den Kühen ist unser Tagesplan egal. Sie interessiert es nicht, ob wir es eilig haben oder nicht.
Egal.
Das Zuschauen entschleunigt auch uns.
Was soll's? Dann kommen wir eben erst spät abends an
Route:
R74 bis Harrismith
R103/R34 bis Vreede
R546 bis Standerton
R39 dann R38 bis Bethal weiter nach Hendrina
R38 bis Carolina
In Carolina auf R36 gewechselt
R36 bis Bambi
R539 so lange bis N4 erreicht
Dann R539 bis R37 erreicht
R37 über Hendriksdal auf R532
R532 bis Sabie
Pause in Sabie: 15.32Uhr - 16.15Uhr
R532 bis Graskop
Ankunft in Lodge: 17Uhr
Randnotizen:
Die Straßen sind auf dieser Strecke überwiegend in sehr gutem Zustand. (Stand 2018)
Begleitet hat uns die App maps.me sehr verlässlich.
Problemchen gab es zwei Mal beim Auffinden der Anschlußstrecke in Bethal und Carolina.
Allerdings war dies das Verschulden des Beifahrers, der nicht schnell genug reagiert hat
Impressionen von unterwegs:
Alle Aufnahmen sind ausschließlich aus dem (meist fahrenden) Auto gemacht.
Auf der R38 - Eskom Tutuka Power Station in Thuthukani, Mpumalanga
Auf der R38 - Wohngebiet in Bethal, Mpumalanga
Auf der R38 - City of Bethal, Mpumalanga
Wetter:
Ab Standerton bleibt ein riesiges Unwetter-UFO uns auf der Fährte.
Entweder hinter uns oder vor uns. Während in geringem
Abstand zu unserem Weg sich übelste Gewitter abladen, bekommen wir "nur" Hektoliter
an Regen ab.
Faszinierende Wolkenformationen begleiten uns die gesamte Strecke.
Reise mit voller Angst (nur ich) von einer Windhose "weggeweht" beziehungsweise
vom Blitz getroffen zu werden. Besonders auf den Freistrecken und flachen Ebenen zwischen den Orten.
Ja, ja, ich weiß dass ich in einem Faraday'schen Käfig sitze! Dieses Wissen beruhigt mich jetzt auch nicht.
Ich will auch nicht das Testfahrzeug sein!
Auf der N4 und der folgenden Strecke bis Sabie schüttet und gewittert es auf uns so stark, dass
die gesamte Autokolonne fast auf Schrittgeschwindigkeit abbremst und mit Warnblinkanlage unterwegs
ist.
Nur die Hinweisschilder, die man gerade noch so erkennen kann, teilen mir mit, dass wir schon auf der
wunderbaren Panoramaroute unterwegs sind!
In Sabie angekommen, ist das Schlimmste überstanden. Es regnet nur noch.
Und es sind nur noch 13°C.
Wir legen eine Pause ein.
Genau wie Clarens ist Sabie nur für Touristen gemacht.
Gefühlt hunderte Restaurants, Pubs und Cafés buhlen um Kundschaft.
Im The Wild Fig Tree Restaurant nehmen wir auf der Veranda Platz.
Die Wahl fällt auf leckere Crêpes und ebensolchen Kaffee.
Nach knapp einer Dreiviertelstunde geht es weiter. Bis Graskop
ist es nicht mehr weit. Wir sind nicht mehr im Auge des Unwetters.
Graskop wirkt total grau und verlassen.
Nur sehr wenige Menschen sind unterwegs.
Die Laguna Lodge
ist schnell gefunden.
Gerda - sie selbst nennt uns ihren Namen und es klingt eher wie Halskratzen: Chrda -
begrüßt uns sehr, sehr freundlich.
Wir bekommen eine informativ aussehende Umgebungskarte. Wie schön!
Doch bevor wir sie ausgehändigt bekommen, gibt sie uns noch viele Tipps für die Erkundung der Gegend.
Während sie redet - und ich bin da so gar kein Freund davon -
"bekritzelt" sie die schöne Karte mit ihrem fetten, schwarzen Marker.
Kreise über Kreise, Pfeile und etwas Geschriebenes...
Am liebsten würde ich sagen: "... und hast Du noch eine Karte für uns?"
Die Zimmer sind der Knaller.
Die gesamte Einrichtung einfach mal ganz anders.
Ich liebe so etwas und notiere schon im Sinn was ich zu Hause umdekorieren, erweitern beziehungsweise
neu gestalten könnte. Schließlich befinden wir uns seit November 2017 in der Umbauphase, die bisher
immer noch nicht beendet ist. Dieser Urlaub ist einfach zwischendrin reingerutscht.
Rainer findet es alles andere als schön. Er kann mit dieser Art Einrichtung so gar nichts anfangen.
Aber das kenne ich schon.
Zum Beispiel wenn wir nach dem
Hotel in Wien
gefragt werden, dann scheint es, als hätten wir in unterschiedlichen Hotels
übernachtet
Ich jedenfalls bin begeistert!
Auf der Veranda nehmen wir in den coolen Stühlen unser Käffchen zur Ankunft ein.
Das ist Usus bei uns. Egal ob wir gerade vor einer Stunde in irgendeinem Café gesessen haben.
Das machen wir immer so.
Der Tag ist gegessen. Vor allem bei der Wettersituation!
Ins Städtchen mögen wir auch nicht zu Fuß laufen.
Im Glashaus haben wir einen Tisch durch "Chrda" reservieren lassen. Das funktionierte auch sehr gut.
Obwohl ich über das Portal booking.com
gebucht habe. "Chrda" reagiert innerhalb kürzester Zeit.
Das Glashouse ist übervoll. Man findet erst unsere Reservierung nicht. Als wir "Chrda" erwähnen, werden
wir zu einem Vierer-Tisch gebracht.
Die Einrichtung des Restaurants ist dekoriert mit allerlei Tineff. Alles was der
südafrikanische Andenken-Markt so hergibt.
Lange müssen wir nicht auf der Speisekarte suchen. Man hat hier alles, was wir mögen: Fleisch und Surf&Turf.
Die Preise sind angenehm niedrig.
Wir beobachten, wie immer wieder Gäste hier reinkommen, jedoch permanent abgewiesen werden.
Es gibt auch kein: "Kommen Sie später noch mal vorbei".
Hier wird nur eine Schicht gemacht und dann wird das Restaurant eben geschlossen.
PS: wer einmal hinter dem Haus die primitive Küche sieht, der wird verstehen, warum das so ist
Und dann... Dann gibt es sonderbare Zufälle!
Neben uns steht ein Paar.
Kerstin & Micha
Die kenne ich doch! Also nicht analog sondern nur aus der digitalen Welt. Genauer gesagt
haben wir uns über Social Media kennengelernt, als sie mich zur Vorbereitung ihres Kurztrips nach Tokyo
kontaktiert hat. Und in losen Zeitabständen hat man sich dort auch wieder "gesehen".
Und nun also ganz altmodisch und analog.
Wir verstehen uns auf Anhieb und haben einen tollen, lustigen und recht Rot-und Portwein-lastigen Abend.
Und was für ein Fauxpas!
Bei all dem Geschnatter haben wir vergessen, wenigstens ein Foto von unserem gemeinsamen Treffen zu machen.
Gefahrene Strecke: 604 km