Panoramaroute? Leider nein... Es wird der Kruger
Es hat geregnet. Die ganze Nacht.
Unseren letzten Tag, den letzten vollen Tag hier in Südafrika, habe ich für die Panoramaroute reserviert.
Daraus wird wohl jetzt nichts werden.
Kurz nach halb Sieben ist es nicht nur kalt sondern total vernebelt. Man kann gerade Mal das Tor
der Lodge erkennen. Alles Dahinterliegende ist nicht erkennbar.
Waschküchenwetter.
Was nun?
Zum Frühstückengehen ist es noch zu früh. In Graskop öffnen die Restaurants frühestens
um Neun. Manche auch erst um Zehn.
Wir trinken einen Kaffee und essen die bereitgelegten Kekse.
Vier Minikekse für zwei Personen.
Na gut.
So richtig enttäuscht bin ich nicht.
Plan B tritt in Kraft. Wir fahren in den Krüger Nationalpark.
Yeaaah!
Den habe ich ja mit Absicht nicht in unsere Planung reingenommen. Schließlich interessierten mich
Tiersichtungen bis vor drei Wochen noch so gar nicht.
Erst die ersten Tiersichtungen und Begegnungen im Hluhluwe
haben mich so fasziniert, dass ich dort den Entschluss gefasst habe, auf jeden Fall nochmals
nach Südafrika zu kommen. Dann aber mit viel mehr "Tiertagen".
Ok. Aber noch sind wir hier
Die Strecke zum nahegelegensten Tor, dem Phabeni Gate, führt über Hazyview.
Die Sicht ist mies und die Straße ist im grottenschlechten Zustand!
Je näher wir dem Ort Hazyview kommen, umso schlechter wird die R535.
Eigentlich ist sie schon als gefährlich einzuschätzen. Nicht wegen der steilen Abhänge.
Nein. Es sind die "Potholes", also die Schlaglöcher, die es so gefährlich machen.
Anfangs ist es noch sehr, sehr nebelig. Doch je mehr wir die Höhe des Plateaus, auf dem sich Graskop befindet, verlassen, wird die Sicht besser. Schließlich fahren wir von 1.460 Höhenmetern auf 415 Höhenmeter über NN.
Nach einer Dreiviertelstunde Fahrt stehen wir vor dem Phabeni Gate.
Vor uns sind weitere drei Autos.
Rainer will die Zeit des Wartens überbrücken und greift nach der Videokamera...
"Ich hab' die Kamera vergessen mitzunehmen..."
Oh je. Das tut mir jetzt auch leid. Denn Fotos sind das Eine - aber Videos geben eine gute
Ergänzung zu einer Reise. Den Bewegungen zuzuschauen, ist etwas Besonderes.
Zurückzufahren ist keine Option.
Jedenfalls für Rainer nicht.
Nun liegt die gesamte Verantwortung das Gesehene festzuhalten bei mir.
Wir zahlen 656 Rand Eintritt (Stand 2018) und fahren rein.
Die empfohlene Broschüre gab es hier nicht.
Dank der Papierkarte aus der Lodge verschaffen wir uns eine schnelle Übersicht, was man in welcher Zeit
anschauen könnte. Auch hatte ich - teilweise zeitgleich - noch mit drei Kennern dieser Gegend über WhatsApp Kontakt.
Sie haben mir mit ihren Tipps sehr gut geholfen.
Mein Vorhaben, vom Phabeni Gate bis Satara zu fahren, reden sie mir aus. Und das war auch gut so!
(Vielen Dank nochmals!)
# Kruger in brief
Der Kruger National Park befindet sich zwischen den nördlichen Ausläufern der
Drakensberge und Mozambique. Das Areal hat eine Länge von 365 Kilometern und eine Breite von etwa 60 Kilometern
und gehört zu den 20 größten Nationalparks der Welt.
Die Fläche des Parks beträgt 19.633 Quadratkilometer und beherbergt mehr als 753 Tierarten
und 1982 Pflanzenarten. Im Kruger gibt es 254 bekannte Kulturdenkmäler, darunter 130 Felskunst-Stätten.
Der Kruger National Park ist Heimat der
Big Five: Büffel, Elefant, Leopard, Löwe und Nashorn
Five Trees: Baobab, Fieberbaum, Süßdornakazie - Knob Thorn, Marula und Mopane
Paul Kruger, als Sohn deutscher Einwanderer in dritter Generation geboren, damaliger Präsident Transvaals
(ehemalige Provinz Südafrikas - der heutigen Provinzen Nordwest, Limpopo, Mpumalanga und Gauteng) und Tierliebhaber
proklamierte 1898 das Areal zum Sabie Game Reserve.
Sein revolutionärer Plan: Die Tierwelt im Lowveld zwischen Sabie und Crocodile River zu schützen und die
Jagd einzuschränken.
Der erste Schutzbefohlene des Parks wurde 1902 der in Schottland geborene James Stevenson-Hamilton.
Das Sabie Game Reserve wurde 1927 (nach der Bekanntmachung des Nationalparkgesetzes)
mit dem Shinwedzi Game Reserve zusammengelegt und erhielt den Namen Kruger National Park.
Mehr als 300 archäologische Stätten von Steinzeitmenschen wurden gefunden, was den Kruger National Park zu einem Ort mit großer Geschichte macht. Bedeutende und sehenswerte archäologische Ruinen finden sich in Thulamela und Masorini. Es gibt außerdem zahlreiche Felsmalereien der San.
Im Jahr 1957 entstanden erste Wildnispfade, forciert von den Wildhütern des Natal Park Boards Dr.Ian Player und Magquba Ntombela. Die errichteten Wildnispfade sowie Walking-Safaris wurden in Südafrika in den 1950er und 1960er Jahren von visionären südafrikanischen Naturschützern und vorausdenkenden Persönlichkeiten entwickelt. Diese sind noch heute die Grundlage für das jetzige Straßennetz im Park.
# Route
Und so sah unsere Tagesroute aus:
Einige Meter hinter dem Tor sind wir alleine weit und breit.
Im Hinterkopf haben wir noch die Worte von Kerstin & Micha im Sinn. Sie waren vom Kruger so gar nicht begeistert:
Viel Fahrt und kaum Tiere.
Hm. Irgendwie sind wir so gar nicht auf dieses Thema eingegangen. Jetzt wo wir hier sind, fragen wir uns, ob sie vielleicht
Recht hatten. Denn ja, wir sind alleine, aber auch von Tieren ist weit und breit nichts zu sehen.
Deshalb verlassen wir auch flugs die Hauptstraße S1 - Doispane Rd. und stechen linkerhand in eine untergeordnete Straße, die S3 - Sabie River Rd., ein.
Zuallererst begegnen wir den üblichen Verdächtigen:
Doch dann...?
Irgendwie gähnende Leere.
Mit den Tiersichtungen ist das irgendwie so, wie mit dem Pilze sammeln: sieht man erst einmal einen -
sieht man plötzlich ganz viele.
Genau so läuft das bei uns.
Rainer legt ganz plötzlich ganz smoothly den Rückwärtsgang ein und lässt uns einige Meter nach hinten rollen.
Auf seiner Seite stehen mitten im Dickicht zwei riesige Nashörner.
Die sind jetzt nicht fotografierbar. Aber das ist ja nicht alles!
Wir beobachten sie und sie uns.
Ein klasse Erlebnis, das man mit Worten nicht wiedergeben kann.
Es folgen ein paar Sichtungen verschiedener Vogelarten. Als Neuling würde ich behaupten, der Eine da ist ein Spatz. Keine Ahnung. Schön sehen sie aus, wenn sie auf der obersten Astspitze eines vertrocknet wirkenden Baumes sitzen.
Pel's Fishing Owl
Female Red-backed Shrike (Jungvogel)
Gabelracke - Coracias caudatus Lilac-breasted Roller
Unsere Gamedrives, ganz am Anfang unserer Reise, waren sehr informativ.
Sefiso's Schule: Den Blick zu schärfen und einfach geduldig und langsam zu fahren, ist das
oberste Gebot.
Und genau so machen wir das. Relativ frische "Hinterlassenschaften" von Elefanten, deuten darauf hin, dass sie sich irgendwo hier rumtreiben.
Unsere Geduld zahlt sich aus:
Eine ganze Familie latscht von rechts nach links.
Schön alle nah beieinander und zügig - jedenfalls für ihre Verhältnisse - überqueren sie die Straße.
Die zwei "Teenager" der Familie haben keine Lust mit der Masse zu laufen.
Und Bummelletzter bleibt auf dem Weg stehen und schaut zu uns, was wir so machen.
So ganz wohl ist mir persönlich nicht. Kommt jetzt noch etwas?
Nein. Er guckt einfach nur.
Dann kommt eine Vorführung wie galant er mit seinem Rüssel alle frischen und jungen
Baumspitzen mit einem Mal in sein Maul transportiert.
Sehr interessant.
Wir passieren einen Teil mit dichterem und etwas höherem Bewuchs.
Zwei Ranger sitzen etwas versteckt drin.
Sie kontrollieren die Geschwindigkeit, mit der man hier unterwegs ist.
Ein großes Exemplar eines Kudus ist unsere nächste Sichtung.
Das Tier steht ganz nah am Wegesrand und ist herrlich zu beobachten.
Es sind tatsächlich diese vier Aufnahmen im Kasten als meine EOS streikt.
Oh nee! Das gibt es doch nicht!
Nicht nur, dass Rainer seine Kamera vergessen hat, jetzt ist wohl meine gute Kamera auch noch kaputt.
So soll es wohl sein. Anscheinend ist das der Wink mit dem Zaunpfahl, dass wir nochmals herkommen müssen.
Nun ja. Just in dem Moment, als ich das Objektiv abschrauben will, um es in die Tasche zu verstauen, entdecke
ich den wahren Grund, warum kein weiteres Auslösen möglich ist: SD Card voll.
Eine andere SD Card habe ich zwar mit aber nicht hier - sondern in Graskop.
Also - SD Card aus der Olympus raus und rein in die EOS.
Ob das so einfach funktioniert?
Ein weiblicher Wasserbock mit Kind macht hier den Poser.
Wie auf Bestellung dreht es den Kopf nach links und rechts.
Und dann bekomme ich noch den Frontblick geschenkt.
Im Cattle Baron Restaurant & Take Away in Skukuza machen wir erst einmal Pause.
Es ist kurz vor Eins und bisher hatten wir noch kein Frühstück.
Rainer lässt sich also ein ganz traditionelles Frühstück mit Spiegelei, Toast und Marmelade bringen, während ich
mich für etwas "Richtiges" entscheide. Ein Steak mit Salat.
Im Shop kaufen wir eine neue SD Card und ein Buch über den Kruger Park.
Ich bin natürlich überglücklich, dass ich wieder fotografieren kann, ohne ständig darauf zu achten,
wie viele Aufnahmen überhaupt noch auf die SD Card passen!
Nach dieser knappen Stunde Pause geht es nun weiter.
Auf der Info-Tafel des Shops haben wir gesehen, dass Löwen und sogar Großkatzen auf unserer angedachten Strecke gesehen wurden.
Es bekräftigt nur unsere Planung und so entschließen wir uns, diesen Weg zu nehmen.
Natürlich immer im Sinn: die Schließzeiten am Numbi Gate.
Aufgrund fehlender Zeit ist eine Fahrt gen Süden und dann wieder zurück einfach zu riskant.
Ich weiß zwar nicht, was passiert, wenn man zu spät an einem Gate ankommt. Aber wir wollen das auch
gar nicht erst testen.
Von Skukuza nehmen wir also die Fahrt in südliche Richtung auf:
Erst auf den untergeordneten Wegen östlich der H1 und H3.
Ein Stück geht es dann entlang der H3 bis zur Voortrekker Road H2-2.
Zuletzt kommen wir etwas in Bedrängnis. Denn keiner von uns beiden hat geschaut, wie lange das Numbi Gate offen ist.
Jetzt hoffen wir nur, dass es erst 17Uhr schließt.
Unterwegs entdecken und beobachten wir viele Exemplare aus der Tierwelt.
Auch absolute Neulinge sind dabei.
Nur Löwen und Großkatzen nicht.
Unsere Impressionen und Tiersichtungen:
Southern Yellow-billed Hornbill - Südlicher Gelbschnabeltoko - Tockus leucomelas
Cape Glossy Starling - Rotschulter-Glanzstar - Lamprotornis nitens
Das Dreieck Stevenson-Hamilton Memorial Road, S114 und S112 umfahren wir in Gänze.
Mitten aus dem Flachland ragt diese Steinformation raus.
Man kann hochfahren, um einen noch besseren Rundumblick zu haben.
Klippspringer
Am Renosterkoppies Waterhole Viewpoint :
(Eine kleine Auswahl von etwa 40 Aufnahmen)
Es ist ausreichend Platz an dem Wasserloch. Und doch wir gedrängelt was das Zeug hält
... die Erfinder des Strohhalms
... jetzt aber ab durch die Mitte
Und zwischendrin immer wieder diese grazilen Geschöpfe: Die Supermodells der Tierwelt
Und manchmal neigen wir dazu, dem Vorgehen in der Tierwelt rein menschliche Geschichten anzudichten.
Sieht das nicht aus wie eine Verhandlung?
Erst wird der Preis genannt - beide sind ganz Ohr...
Und dann? Dann wird verhandelt und ausgeführt.
Red-billed Oxpicker mit einer Antilope im Geschäft:
Auch der letzte Abschnitt hält Einiges für uns bereit.
Manche kennen wir schon aus vorherigen Gamedrives und andere haben wir noch nie gesehen:
European Bee-Eater
Auf der Voortrekker Road - H2-2 sind wir alleine.
Keiner kommt uns entgegen. Und keiner ist hinter uns.
Jetzt steigt im Unterbewusstsein eine leichte Unruhe hoch. Wird das Numbi Gate noch offen haben?
Und schaffen wir das überhaupt noch bis 17 Uhr am Gate zu sein???
Helmeted Guineafowl - Helmperlhuhn
Southern ground hornbill - Südlicher Hornrabe
Leopard Tortoise - Pantherschildkröte
Und dann ein Gnu - einsam und ganz allein.
Für die letzten Begegnungen mit der Tierwelt nehmen wir uns nun nicht mehr soooo viel Zeit wie noch am Vormittag.
Etwas hin- und hergerissen bin ich. Einerseits ruft das Gate und andererseits sind da zum Beispiel Giraffen.
Ach sind die schön. Und sie nehmen sich auch noch Zeit zum Posieren!
Wir sind knapp schneller als das Erlaubte unterwegs. Und die Strecke wirkt unendlich.
Die Sonne steht schon ziemlich tief.
Nur wenige Minuten vor Fünf erreichen wir glücklich nicht zu spät gekommen sein, das Numbi Gate. Hier wird ebenfalls wie schon beim Eingang heute früh unser Kofferraum kontrolliert.
Die Rückfahrt führt uns wieder durch Hazyview.
Heute ist Freitag - Wochenende.
Auf der Straße und in den Restaurants entlang der Straße ist Party angesagt.
Laute Musik kommt nicht nur aus den Bars. Auch aus den Autos
vibrieren die Klänge der Musik.
Getreu dem Motto: "Never change a running system" gehen wir heute Abend wieder ins Glasshaus zum Abendessen.
Dort waren wir sehr zufrieden und der Wirt kennt uns auch schon.
Damit lassen wir unseren letzten Urlaubsabend würdig ausklingen.
Gefahrene Strecke: 275 km