Yes we did it - Sani Pass
Ein letzter Morgen in diesem so exklusiven Hotel.
Nach einem morgendlichen Bad in der Aussichtsbadewanne, lassen wir uns das Frühstück
auf dem Balkon servieren.
Das Wetter - das sieht nicht einladend aus. Doch es ist angenehm warm und windstill.
Und den Service wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Ganz nach Wunsch, wird genau das gleiche Menü wie gestern gebracht.
Selbst die poached eggs sind perfekt zubereitet. Und natürlich sind alle warmen Speisen
auch noch warm!
So kann man es ewig hier aushalten.
Das Auschecken erfolgt ganz professionell.
Zwei größere Giraffen aus Holz und eine Schale im Zebradesign - mein ganz persönliches Andenken an
meinen Geburtstag - werden liebevoll eingepackt.
Ach ja. Jetzt erfahren wir auch, dass das dekorierte Zimmer eine zusätzliche Aufmerksamkeit
der Lodge war.
Und beim Einsteigen ins Auto fällt uns nun auch dieses I-Tüpfelchen auf, das den Gesamteindruck des ganz besonderen Services abrundet.
Es ist 10.13Uhr als wir vom Hofe fahren.
Wir fahren gen Norden raus.
Nochmals vorbei am Eland Lake Reservat und dann immer entlang der Kammstraßen.
Vorbei an vielen Dörfern und wunderbaren Ausblicken ist die Fahrt schon allein
ein Reiseziel.
Wir finden es einfach klasse, dass die Straßen hier immer auf dem höchsten
Punkt eines jeden Hügels entlangführen. So verliert man auch nie den Überblick.
So geht es weiter bis wir die N2 erreichen.
Unser Zwischenziel ist Underberg. Googelmaps will uns deshalb bis Kokstadt
und dort über die R617 direkt bis Underberg fahren lassen. Irgendwie passt mir das nicht.
Schlage Rainer deshalb eine Abkürzung vor.
Und zwar über die P608.
Das sieht anfänglich prima aus. Doch nach ein paar hundert Metern entpuppt sich
diese "Abkürzung" als ein ungepflegter Gartenweg mit babybadewannengroßen Schlaglöchern!!!
Als wir die R617 wieder erreichen ist die Welt wieder in Ordnung.
Eine wunderbar gepflegte Straße umgeben von traumhaft saftig grüner Landschaft - davon kann ich eh nicht genug bekommen!
Knackscharfe Aufnahmen macht man eigentlich nicht während der Fahrt! Doch manchmal geht es eben nicht anders
Underberg erreichen wir 13.15Uhr. Der Blick aus dem Auto lässt mich persönlich etwas ernüchtern.
Diesen Ort habe ich mir ganz anders
vorgestellt. Eher so wie St. Lucia. Nun gut.
Die Straßen sind unbefestigt.
Trotzdem herrscht hier eine gewisse Geschäftigkeit.
Bei 22°C haben einige Einheimische auch Pelzmützen auf dem Kopf
Verrückte Welt!
Wir tanken hier und dann geht's auch flott über die Sani Road Richtung Himeville.
Die Kreuzung und damit den Beginn der SaniPass Road kann man wirklich nicht übersehen.
Wenn man das tut, sollte man generell kein Auto fahren.
Ich gebe zu, ich bin extrem aufgeregt. Vielleicht nur, weil ich im Netz schon zu viele Infos
über diesen Pass erhalten habe, Bilder von steckengebliebenen Autos gesehen habe und in einem
Artikel wurde der Sani Pass den gefährlichsten Pässen der Welt zugeordnet.
Nüchtern gesehen: Was soll eigentlich schon passieren?
Wir haben genug Wasser an Bord. Und auch Alkoholika.
Sollten wir einen Reifenplatzer haben, dann werden wir sicher auch das irgendwie lösen.
# Unterwegs auf dem Sani Pass
13.30Uhr startet also das Abenteuer Sani Pass.
Erst tangieren wir noch ein paar Lodges, bevor die Straße nach 13.7 Kilometern unbefestigt und etwas ruppig wird.
Aber nur eben örtlich begrenzt.
Die hohen, mit "Golfrasen" bezogenen Berge ragen rechts und links unserer Straße gen
bedeckten Himmel.
Leicht ängstlich hoffe ich, dass wir kein Gewitter oder Starkregen erleben müssen.
Die Steigung hält sich in Grenzen - um nicht zu sagen: wann kommt die Steigung und wann wird die Straße
gefährlich?
Das Navi zeigt uns noch eine bevorstehende Fahrzeit von 30 Minuten an.
In 30 Minuten da irgendwo oben?
Das kann ja gar nicht sein. Von hier sieht man noch nicht einmal das Ende des Tals.
Der Himmel beginnt aufzubrechen. Nein. Nicht zum Unwetter.
Es wird immer sonniger.
Die Landschaft noch schöner. Das Grün ist faszinierend. So satt und saftig.
Versteckte Wasserfälle und nach jeder Kurve ein neuer Anblick. Wir sind begeistert!
Von Steigung kann allerdings immer noch nicht die Rede sein. Schließlich wollen wir am Ende
der Fahrt eine Höhe von 2873 erreicht haben. Momentan sind wir allerdings noch weit davon entfernt.
Als wir 14.43Uhr die Grenze erreichen, kann man schon von sonnigem Wetter sprechen.
Während Rainer mit den Pässen zum Grenzpostenkiosk geht, gucke ich mich um und mache ein paar Aufnahmen.
Das scheint hier aber nicht im Sinne des Erfinders zu sein. Der Grenzbeamte möchte mich sehen und eine persönliche
Bestätigung, dass ich nicht gegen meinen Willen nach Lesotho entführt werde.
Ok.
Auf der Strecke durch das Niemandsland sind wir vorerst genauso alleine wie bisher.
Mitten auf der Strecke stehenzubleiben ist somit kein Problem.
Es folgt eine erste Passage, die etwas Aufmerksamkeit erfordert. Von Gefährlichkeit
trotzdem keine Spur. Hier ist einfach die halbe Straße weggebrochen. Allerdings ist die Stelle
notdürftig abgesichert. Also immer noch keine Gefahr.
Doch bald ist die absolute Einsamkeit vorbei. Es sind die ersten Autos verschiedener Veranstalter auf dem Weg nach Unten, nach Underberg.
Und offensichtlich hat hier nicht derjenige Vorfahrt, der den steilen Berg vor sich hat, sondern
der, der nur runterrollen muss. Merkwürdig.
Das passiert gerade als der Weg nun zum ersten Mal steil, eng und im schlechten Zustand ist.
Wir müssen zurückrollen.
Aber kein Problem. Rainer macht das.
Die letzten vier Kilometer holen wir alles an Höhe nach, was bisher ausgeblieben ist. Der Sani Pass wird zur Serpentine mit traumhaft schönen Ausblicken. Und selbst auf diesem, steilen Abschnitt ist genug Platz um stehen zu bleiben, den Anblick zu genießen ohne den vorbeikommenden Verkehr aufzuhalten.
Das Ziel direkt vor den Augen
Jetzt fehlen nur noch einige wenige Meter bis zum Plateau.
Das Haus steht schon auf dem Gebiet von Lesotho.
Es ist der Gemeinschaftsraum und die Freiluftterrasse der Sani Mountain Lodge.
Da oben schwebt die Wolkendecke, die genügend Regen mit sich führt, um den Pass unpassierbar zu machen.
Die letzten zwei, drei Windungen sind die Steilsten bevor wir das Plateau 16 Uhr erreichen.
Nur wenige Meter weiter, linkerhand, steht das verfallene, vom vielen Müll umgebene Grenzhäuschen.
Ein halbtoter Hund hinkt an mir vorbei.
Die Luft ist eine Mischung aus extrem sauberer Luft aber auch kurzzeitig gemischt mit stechend riechendem
Rauch, das von einem offenen Feuer stammen könnte.
Die Grenzbeamtin macht einen "angefressenen" Eindruck.
Lieblos schiebt sie uns ein paar Formulare durch
den kleinen Schlitz der Scheibe. Eine seltsame Stimmung.
Aus dem Augenwinkel entdecke ich einen kleinen, durchsichtigen Plexiglascontainer, aus dem man sich mit
kostenlosen Kondomen eindecken kann.
Lesotho hat ein HIV-Problem. In einem Bericht habe ich gelesen, dass eine ganze Generation dem
Virus zum Opfer gefallen ist.
# Lesotho - ein erster Kontakt
Auf der anderen Seite befindet sich die Sani Mountain Lodge
Die Sonne kämpft gerade noch mit der Wolke.
Die Wolke gewinnt und scheint uns einzuverleiben.
Es sind trotzdem noch 18°C.
Ich werde das Gefühl einer Unheimlichkeit nicht los.
Sind wir alleine hier und die einzigen Gäste? Niemand ist zu sehen.
Rainer erledigt die Eincheckformalitäten alleine - während ich im Auto bleibe und das Schlimmste befürchte.
Als die Tür zum Rondavell aufgeht, kann ich es nicht fassen: genial eingerichtet und blitzeblank sauber.
Auch das Bad! Und womit wir gar nicht gerechnet haben: Es sind genügend Steckdosen vorhanden. Sogar mit unserem Format.
Es gibt nix zu meckern und von mir fallen alle Bedenken ab.
Eine Karaffe voll mit Willkommens-Sherry und Gläser stehen auf dem kleinen Tischlein.
Dünne Luft macht bekanntlich glücklich.
Ja das sind wir auch.
Wir trinken jeder zwei Sherry und gehen vor zum Haupthaus.
In den wenigen Minuten, die wir im Haus waren, haben sich die Lichtverhältnisse total geändert.
Man kann kaum etwas sehen und es ist extrem nebelig.
Das Hauptgebäude rühmt sich nicht nur der höchste Pub Lesothos zu sein - die Einrichtung hat überhaupt kein Lesotho-Flair. Alles erinnert eher an eine Skihütte.
Aber absolut Klasse!
Wir gesellen uns zu zwei Holländerinnen, die hier mit ihrem südafrikanischen, rotschöpfigen Guide
sitzen. Bei Kaffee und Tee erhalten wir noch wertvolle Tipps für den restlichen Tag.
Der Schleier hat sich, genauso blitzschnell wie er gekommen ist, auch wieder verkrümelt.
Von der Terrasse des Hauses hat man einen einmaligen Blick auf den Pass, den wir gerade hoch gekommen sind.
Die Sicht muss nun genutzt werden. Denn wie es aussieht, ist das Wetter hier oben "unpredictable" - unser neues
"afrikanisches" Wort, für das es hier sehr viele Einsatzbereiche gibt
Der Tipp des Guides ist goldwert.
Wir fahren knapp fünf Kilometer ins Land bis wir eine Siedlung erreichen.
Hier verkauft Alina, eine englischsprechende Lesothin, Brot und einheimisches Bier.
Die Siedlung wirkt menschenleer.
Drei Männer kommen uns entgegen. Ich bin bei solchen Begegnungen immer etwas skeptisch.
Nur gut, dass Rainer keine schlechten Phantasien plagen. Er geht auf sie zu und fragt nach dieser Frau,
deren Namen wir wieder vergessen haben.
Natascha? Oder wie war noch der Name?
Keiner der Drei spricht englisch. Aber sie zeigen auf eine junge Frau die gerade ihr Rondavell abschließt.
Ihre Hauptattraktion, das deutsch anmutende Brot ist allerdings schon für heute ausverkauft.
Gut so. Nach Lesotho zu fahren, um deutsches Brot zu essen, war eh nicht unser Ziel.
Sie gewährt uns einen Blick in das Innere des Rondavells.
Auf einer Decke sind allerlei Andenken
aufgestapelt. Sie zeigt uns den Ofen, in dem sie das Brot zubereitet.
Ich denke: Ein Glück, dass es schon aufgebraucht ist!
Wir nehmen ein Sixpack Bier mit.
Natürlich muss noch ein Bild her, bevor wir wieder auf die Hauptstraße fahren.
Unglaublich aber wahr. Die Straße würde bei uns als wunderbare Autobahn durchgehen.
Kein Loch. Von fantastischer Qualität.
Wir setzen uns immer wieder ein neues Ziel. Aber irgendwie lockt auch die Straße.
Ein schwer zu beschreibendes Flair.
Es ist niemand zu sehen.
Wir ganz alleine auf einer Traumstraße direkt auf dem Mond - oder auf einem anderen Planeten.
Das ist also das Hochplateau von Lesotho.
Beeindruckend.
Die Wolken werden dichter. Wind kommt auf und es beginnt zu regnen.
Auch wird es immer dunkler.
Schwer einzuschätzen ob es schon Abend ist oder ein aufkommendes Unwetter auf uns zurollt.
Im dichten Nebel erscheinen immer wieder ein paar Schatten. Es sind Hirten, die
wir zuvor nicht gesehen haben.
Es regnet immer stärker.
Eine mit einem Wollumhang gekleidete Frau trägt ein etwa fünf- oder sechsjähriges Kind auf dem Rücken.
Der Regen prasselt auf die Autoscheiben.
Nachdem ich gesehen habe, wie es im Inneren eines
solchen Rondavells aussieht, male ich mir aus, in welcher Armut und Primitivität diese
Menschen wohnen und leben. Erbärmlich.
Wir dagegen residieren in diesem hübschen Rondavell, deren Inneneinrichtung mit jedem
westlichen Hotel locker mithalten kann. Wie ungerecht die Welt doch ist!
Das Dinner gibt es 19 Uhr im Haupthaus. Vorher trinken wir noch jeder zwei Sherry.
Ich bin etwas "overwhelmed" von den Erlebnissen des Tages und lege mich aufs Bett. Natürlich gibt es hier auch "free wifi".
Ich muss der Welt erzählen, was ich erlebt habe!
Es klopft.
Ein von oben bis unten in schwarzer Kleidung eingemummelter Angestellter kommt ins Zimmer.
Auch er hat eine Kapuze oder Mütze auf.
Er deutet auf den kleinen Ofen neben dem Bett hin.
Völlig von den Socken schauen wir ihm zu, wie er den Ofen anheizt und die Kohlen auflegt.
Nach so viel Sherry ist uns momentan nicht kalt im Bauch. Aber nachts werden hier
Temperaturen um die Null Grad erwartet.
Das Essen in der "Ski-Hütte" ist prima.
Zum ins Bett gehen ist es noch zu früh.
Am großen Tisch stoßen wir auf den völlig übertrieben als gefährlich geltenden Sani Pass an.
Yes - we did it!
Glücklich darüber, dass wir das besondere Flair erleben dürfen.
Auf der Couche sitzen drei junge Leute. Es ist mittlerweile so warm eingeheizt, dass die Männer nur in Shorts dasitzen.
Die junge Frau spricht uns an.
Und wie nicht anders zu erwarten, sind die Drei aus Deutschland. Drei Studenten die ein
Praktikum bei KZN machen. Sie erzählen von ihren Erlebnissen hier im östlichen Afrika.
Ein schöner Abend und ein toller Tagesabschluss.
In unserem kleinen Häuschen ist es urgemütlich und warm.
Unter den Schichten von Decken finden wir noch je eine Wärmflasche. Und unter dem
Bettlaken wartet eine vorgewärmte Heizdecke.
Einfach genial!!!
Gefahrene Strecke: 275 km