Von Carcassonne nach Andorra
Der Aufenthalt in Carcassonne hat gut getan.
Ganz ohne Vorbereitung haben wir sehr viel gesehen und erlebt. Wir sind zufrieden.
Das kleine Hotel am Fuße der Festung war eine gute Wahl.
Der Luxus einer Terrasse,
die wir ganz allein für uns hatten, war enorm. Nach einem Tag voller Ereignisse konnten wir auch wegen des tollen
Klimas bis spät abends draußen sitzen.
Tschö Carcassonne!
Nun geht es nach Andorra. Dem Fürstentum in den östlichen Pyrenäen.
Für die Anreise entscheiden wir uns wie so oft für die langsamere dafür landschaftlich schönere Strecke.
Immer entlang der D118. Und die enttäuscht uns nicht im Geringsten.
Anfangs nennt sie sich Route de Carcassonne.
Es ist Montag und die Straßen sind total leer. Die kleinen Ortschaften wirken wie verlassen. Logisch. In Le Puy-en-Velay haben wir doch gelernt, dass am Montag ganz Frankreich schläft. Klang unglaublich - aber irgendwie hatte unser Host doch gar nicht so Unrecht.
Auf der weiteren Strecke tangieren wir Orte, die so nett klingen wie Limoux oder auch Champagne-sur-Aude.
Und die D118 bekommt auch ab und zu neue Namen.
Erst heißt sie Route des Pyrénées später Avenue du Roussillion.
Wir auch immer. Es fährt sich gut quer durch das ländliche Frankreich!
Kurz vor Brenac wechseln wir auf die D2.
Es geht bergauf.
Das spürt man. Insbesondere wenn ich meinen Arm raushängen lasse. Die Sonne hat Kraft.
Diese Kraft, die man auf der Haut spürt, wenn man hoch in den Bergen unterwegs ist.
Je weiter wir uns dem Bergmassiv der Pyrenäen nähern, wird es leider nicht nur immer kälter sondern auch bewölkter. Ist aber immer noch begleitet mit einer wunderschönen, grünen Landschaft.
Auf der weiteren Route überschreiten wir kurzzeitig die 1.600 Höhenmetermarke.
Eine wunderbar gepflegte Serpentinenstraße lässt den Blick auf das im Tal liegende
Ax-les-Thermes zu. Weiter hinten sieht man die N20. Die schnellste Verbindung um nach
Andorra zu kommen.
Aber wir sind ganz happy, diesen langsamen Weg genommen zu haben.
Hinten ist die Pont de Première Bazerque sur l'Ariège zu erkennen.
Mit 280 Metern Länge und 36 Metern über dem Fluss Ariège wurde sie 1995 eröffnet, um den Ort Ax-les-Thermes zu schützen.
L’Hospitalet-près-l’Andorre ist der letzte kleine Ort vor dem Grenzübergang
zu Andorra. Er gilt als Grenzort. Es braucht nicht viel Französischkenntnisse, dass man die Übersetzung des Ortes versteht:
Hospital nahe Andorra. Was es damit auf sich hat und warum ein Ort diesen Namen trägt, das hat mich interessiert:
Im Ort fanden Reisende Schutz vor Stürmen und Kälte, die auf dem Weg nach Süden die verschneiten Pässe
in den Pyrenäen nicht überqueren konnten. Nach einer alten Überlieferung schwor ein Ritter namens
Enveight im Jahr 1003, vor dem wegen Unwetter unpassierbaren 1.920 m hohen Col de Puymorens ein Hospiz
erbauen zu lassen. Daraufhin begann der Bau des Oratoriums Sainte-Suzanne. Quelle: Wikipedia
Die letzten Aufnahmen von der französischen Seite mit sehr interessanter Straßenführung.
Der Grenzübergang am des La Pas de le Casa ist unspektakulär. Ich dachte, da würde mehr passieren.
Schließlich verlassen wir die Europäische Union.
Am höchsten Punkt befinden wir uns bei 2.081 Metern Höhe.
Ganze 40 Minuten brauchen wir noch bis Andorra la Vella, der Hauptstadt Andorras.
Es ist halb Drei, als wir nach zwei Runden ums Karree den Eingang zur Tiefgarage des Hotel Yomo Cèntric gefunden haben. Und ich bin stolz auf uns. Denn die Tiefgarage zu finden, ist nicht so einfach, wenn sich das Hotel inmitten eines Shoppingcenters auf einer Shoppingpassage befindet.
Fürstentum Andorra
Erst einmal die Fakten:
Der kleine etwa 468 Quadratkilometer große Zwergstaat liegt eingequetscht zwischen Frankreich und Spanien.
Andorra wurde der Legende nach von Karl dem Großen im Jahr 780 gegründet.
Die Verwaltung Andorras durch zwei Oberhäupter (den Bischof von Urgell und dem französische Staatsoberhaupt)
hat seinen Ursprung in einem System, das von 1278/1288 eingeführt wurde. Das sogenannte Paréage of Andorra galt bis 1978.
Andorra gehört weder zur Europäischen Union noch zum Schengen-Raum. Letzteres ermöglicht das freie Reisen
ohne Kontrollen an den Binnengrenzen
Das Wissen um Andorra hat mich schon zu Schulzeiten beeindruckt. Ein Land das
so klein ist, irgendwo in den Bergen, und zwischen den mächtigen Staaten Frankreich und Spanien eingequetscht ist.
Es ist wohl der beschränkten Reisefreiheit geschuldet, dass mich diese Vorstellung in den Bann gezogen hat.
Ich kann mich auch nicht mehr genau erinnern, aber irgendwie muss in unserem Schulbuch ein
Bild von Andorra abgebildet gewesen sein, dass kleine Steinhäuser inmitten
einer tiefen Schlucht zeigte.
Mit diesem, meinem Bild überqueren wir die Grenze und fahren
Richtung Hauptstadt, Andorra la Vella.
Andorra la Vella ist fast am anderen Ende des Staates gelegen. Unterwegs passieren wir mehrere
Orte, die nichts mit meinem Bild von Andorra gemein haben.
Wir sehen riesige Bettenburgen, so planlos aufgestellt wie aus dem Heli gefallen,
meist weder modern noch zum Stil des Ursprünglichen. "Potthässlich" würde ich mal kurz zusammenfassen!
Die Hauptstadt selbst setzt dem Ganzen eine Krone auf. Nun gut.
Unser Hotel befindet sich in der Shoppingpromenade. Hier spricht man Katalanisch. Also können wir mit unseren wenigen Brocken Spanisch gar nichts anfangen. Aber das ist auch nicht nötig, denn am Checkin spricht man ein hervorragendes Englisch.
Das Zimmer ist ganz nett. Sehr geräumig mit einem Balkon.
Die Aussicht sieht so aus:
# Impressionen von Andorra la Vella
Was also tun im Staate Andorra?
Wir tingeln durch die Shoppingmeile. Aber irgendwie ist alles langweilig.
Im Grunde kreist es mir durch den Kopf, dass uns mit diesem Aufenthalt ein Tag Urlaub verloren gegangen ist.
Ich teste in ein paar Parfümketten - es gibt aber vermutlich nur zwei: Julia und Gala - den
Preis meiner Lieblingscreme. Naiver weise erwarte ich unseren Preis in Deutschland Minus
Tax. Aber da habe ich mich kräftig geirrt. Tatsächlich zahlt man keine Steuer auf das Produkt,
nur gleicht der Preis dem in Deutschland. Und zwar mit Steuer.
Wir laufen einmal hoch und runter und versuchen etwas Schön zu finden.
In einem Kofferladen schauen wir uns um. Für die nächste Reise muss eh ein neuer Koffer
in XL Größe her. Der Laden ist groß genug, so dass wir die Suche optimieren. Jeder testet sich allein durch
das Angebot. Also das war der Plan. Zum Testen kommt es aber nicht. Kaum dass man einen Koffer öffnen will, kommt
ein Angestellter und nimmt den auserwählten Koffer aus der Hand. Ich solle mir den Kleinen anschauen.
Der große wäre genauso. Und innen? Zum Öffnen muss ich den ja irgendwo hinlegen. Aber wo?
Auf dem Teppichboden? Nein!
Auf einer Ablage? Nein!
Ok. Was immer man hier macht. Koffer will niemand verkaufen.
Ach ja. Der "billigste" kostet 140€ - ist schwer und klobig.
Aber es gibt hier auch coole Sachen.
Da wäre zum Beispiel der Straßenübergang.
Eine Ampel - das kennen wir. Zusätzlich aber gibt es für die Generation, die sich nicht vom Blick aufs Smartphone trennen kann,
im Boden einen Leuchtstreifen, der die Farbe der Ampel per LED angezeigt. So kann man nicht übersehen,
ob die Ampel gerade Rot oder Grün anzeigt.
Und dann ist da dieser futuristische Bau, der aus der Masse heraussticht. Es ist ein "Spa der Superlative". Jedenfalls steht es in der Broschüre.
Auch die Ampeln sind anders als bei uns. Die kann man einfach nicht Nichtverstehen.
Irgendwann nehmen wir dann wahr, dass Beschriftungen wie Beschreibungen oder die typischen Banner mit Begrüßungen, die über der Straße hängen in mehreren Sprachen ausgeführt sind: Katalan, Spanisch gefolgt von Englisch und dann - große Überraschung! - in Russisch.
Ansonsten hält sich meine/unsere Begeisterung in Grenzen. Es gibt nur zwei Aufnahmen am Abend. Die eine ist verwackelt und das ist die einzige Vorzeigbare:
Als wir am Abend ins Hotel zurückkehren, entdecke ich in der Lobby mehrere Coffee Table Bücher in deren Rücken mit fetten Lettern "Andorra" geprägt ist. Eins dieser Exemplare, nehme ich mit aufs Zimmer. Es macht mich neugierig, was es über Andorra Buch füllendes zu lesen gibt. Tatsächlich bestätigt es sich, dass es in den Sommermonaten gar nicht so viel zu sehen gibt. Andorra ist schlichtweg ein Paradies für Skisportler. Dennoch. Zwei Ziele scheinen auch für uns interessant zu sein. Ich suche die Destinationen für den morgigen Vormittag heraus. Für den Tag, der eigentlich der Anreise zum nächsten Ort gilt.
# Skigebiet Arcalís
Das Skigebiet Arcalís fahren wir als erstes an.
Je mehr wir uns dem Ziel nähern, desto schöner wird die Landschaft.
Und dann kommt das Andorra, wie ich es im Sinn habe. Sicherlich ein veraltetes Bild.
Aber so wollte ich es sehen.
Grüne Wiesen, Blümchen, Kühe und ein paar Schiefersteinhäuser.
Oben angekommen erreichen wir ein gigantisches Skigebiet im Sommerschlaf.
Dennoch ist die Wirklichkeit etwas ernüchternd.
Ich will nicht zum Moralapostel werden. Denn wir selbst sind ja auch Skifahrer. Und lieben diese Sportart.
Und sicher. Ist man im Winter hier, hat man nur "Skifoarn" im Sinn.
Am Straßenrand stehend - jetzt im Sommer - ist so gut zu erkennen wie die gesamte Landschaft dem
Skisport gewidmet wurde. Man erkennt die breiten Skipisten. Und die Transportanlagen sowie deren Stationen.
Daneben riesige Parkplätze.
Wahrscheinlich sind die Skitouristen eine der größten Haupteinnahmen des Fürstentums.
Die Kehren der Serpentinenstraße sind breit. Breit genug um selbst bei viel Schnee und
Vereisungen sicher um die Kurve fahren zu können. Das sieht man sogar ohne Schnee.
Auf dem Rückweg besuchen wir in den anderen Ort, dessen Bilder ich gestern in diesem Buch gesehen habe.
# Pal
Pal wirkt auf den ersten Blick wie ein Ort aus einer anderen Zeit. Es liegt im Westen des Fürstentums Andorra, gehört zur Gemeinde La Massana, und befindet sich in einer Höhe von 1.551 Metern. Die Dorfkirche Església de Sant Climent stammt aus dem 11. Jahrhundert und wird dem romanischen Stil zugeordnet. Es leben momentan knapp 250 Menschen hier.
Pal ist so wie ich Andorra sehen wollte. Verschlafen und Ruhe ausstrahlend.
Es ist Ende Mai. Also außerhalb der Saison. Und das ist auch gut so.
Im Winter scheint es hier ganz anders auszusehen.
Denn über der Stadt, im Wald von Pal, wurde 1982 das "Skigebiet Pal" eingeweiht,
das jetzt mit dem Skigebiet Arinsal verbunden ist und das den Vallnord bildet.
Mit einer Fläche von 11.5 Quadratkilometer und einer Liftkapazität von rund 48.000 Personen je Stunde
gehört es zu einem der größten Skigebiete Andorras.
Insgesamt gibt es im Skigebiet 89 Kilometer Abfahrtspisten mit 43 mechanischen Liftanlagen, 442 Schneekanonen
und 15 Cafés...
Wow. Der Winter ist sicherlich Halli-Galli-Zeit!
Schön dass wir Pal in der ruhigen Zeit entdecken konnten.
Wahrscheinlich... Nicht wahrscheinlich, wir sind die einzigen Besucher hier.
Wie so oft ist niemand zu sehen und der Ort gehört uns.
Mit diesem Anblick erreichen wir das Ende von Pal.
Hier kehren wir um.
# Carretera de la Comella i de la Plana
Die Straße mit dem furchtbar langem Namen, die Carretera de la Comella i de la Plan als Scenic Road auf Andorra de Valle hat Rainer
gestern noch spät abends bei der Google Suche gefunden. Diese liegt südlich der Hauptstadt,
hoch oben am steilen
Berghang Es ist ein kleiner Umweg für uns.
Das Wetter macht leider schlapp. Es regnet. Mal mehr oder auch mal weniger.
Letztere Phasen nutzen wir, um stehen zu bleiben. Das obwohl es hier keine ausgewiesenen
Aussichtspunkte gibt. Irgendeine Tasche am Straßenrand findet sich immer.
An dieser Stelle verabschieden wir uns von Andorra und fahren Richtung Grenze.
Hier haben wir gegessen
# Restaurant Coure
Im Restaurant Coure gibt es eine kleine Menükarte. Wie sich herausstellt ist der Koch aus Barcelona
und bietet nur Speisen der katalanischen Küche an. Die Speisen der Menükarte
klingen bekannt. Die Ausführung ist außergewöhnlich.
Cannelloni mit Haselnüssen verfeinert. Was für ein Gaumenschmauss
Und das Filet Wellington bekomme ich in einer Perfektion serviert, wie ich es noch nie gegessen habe.
Das Gleiche gilt auch für Rainers Fisch. Lediglich meine Nachspeise, Rosmarin Merengue mit Mandelsauce ist enttäuschend.
Viel zu süß und viel zu fettig. Dafür ist Rainers Nachspeise ein Träumchen.
Unser erster Kellner spricht offensichtlich nur Spanisch. Unsere mühsam
erlernten Brocken in Französisch, versteht er nicht. Mit Bière kann er nichts anfangen.
Und als er dann Cerveza sagt, fällt es uns wieder ein. Ja! So hieß doch das Gebräu in Spanisch.
Ganz plötzlich bekommen wir eine Kellnerin. Der andere Kellner taucht nicht mehr auf.
Die neue Kellnerin ist eine sehr auskunftsfreudige Person. Und so erfahren wir unter
Anderem, dass jeder der in Andorra leben will Katalan lernen muss. Als Aufnahmebedingung
sozusagen. Damit sich keinerlei Communitys bilden, die nur chinesisch oder russisch sprechen.
"Russisch?" - "Ja russisch."
Unsere Unterkunft: Hotel Yomo Cèntric
Das Hotel Yomo Cèntric befindet sich im
Zentrum von Andorra la Vella.
Reist man wie wir mit Auto an, erreicht man es über die
Tiefgarage, die man sich mit dem darüber liegenden Shoppingcenter teilt. Dennoch war es kein
Problem einen Parkplatz zu finden. Die durch das Hotel reduzierten Gebühren für die Garage betragen im Mai 2023 für 48 Stunden 20,- Euro.
Es gibt natürlich auch einen Ausgang für Fußgänger, der dann direkt auf die Fußgängerzone im Zentrum der andorranischen Hauptstadt,
der Avenue Meritxell führt.
Unser Zimmer, die 603, hat bodentiefe Fenster, ist sehr geräumig und hat einen Balkon mit Blick auf die Shoppingmeile und auf die umgebende Berglandschaft. Auch im modern gestalteten Bad hatten wir viel Platz. Was wir sehr wertschätzen.
Aufgrund der kurzen Zeit, die wir in dem Hotel waren, konnten wir nicht alle Räumlichkeiten nutzen. Es gibt einen Fitnessraum, eine offene Fläche zum Verweilen und ein Restaurant mit sehr ansprechender Dekoration.
Die Unterkunft bietet Frühstück und Abendessen an. Wir haben uns nur für Ersteres entschieden.
Bei der Auswahl kann man nicht meckern. Es ist alles und vor allem reichlich da.
Das Personal ist flink und füllt ständig auf.
Prädikat: Kann man machen.
Uns hat der Aufenthalt im Yomo Cèntric sehr gut gefallen.
So geht es weiter
Es erwartet uns ein sehr, sehr langer Reisetag mit einigen Attraktionen.
Wir überqueren vier Mal die Grenze und fühlen uns zeitweise wie in die Rote-Steine-Gegend im Westen der USA versetzt.
Am Ende des Tages erreichen wir endlich die südfranzösische Küste.