Von Argèles über Montpellier in das Herz der Provence
Endlich ist es so weit. Es geht in die Provence. Nach Goult.
Bis dahin sind es etwa 300 Kilometer. Google rechnet uns dafür 3,5 Stunden aus.
Beim Blick auf die Streckenführung lacht mich der
Städtename "Montpellier" an. Kennt man irgendwie. Egal. Eine Pause in Montpellier macht ja auch Sinn.
Es ist ja nicht nur der Umstand, dass wir das nächste B&B viel zu früh erreichen würden,
wäre es zu schade eine Stadt wie Montpellier, die auf unserer heutigen Strecke liegt,
auszulassen.
Mit den Fahrrädern im Gepäck versprechen wir uns eine nette, wenn auch
kurze Stadterkundung.
Ausschlafen und Cappuccino im Bett lassen wir uns nicht nehmen.
Viertel nach Zehn fahren wir vom Hofe des wunderbaren Hotels. Die Sonne scheint und es sind angenehme 21°C.
Ein letzter Blick ...

Zwischenstopp in Montpellier
Zwei Stunden später kämpfen wir mit den Baustellen, Umleitungen und zähem Verkehr Montpelliers.
Für den Ausgangspunkt unseres kurzen Städtetrips habe ich glücklicherweise
schon während der Anreise einen Marker bei Googlemaps gesetzt. Wir hätten sonst die Orientierung verloren.
Nun. Die Zufahrt zum anvisierten Platz ist leider auch gesperrt. Beim langsamen Vorbeirollen entscheiden wir kurzerhand
den Parkplatz am Aqueduc de Saint-Clémentder zu nehmen, der sich wenig später
als ideal entpuppt. Gleich nebenan stehen wir vor gefühlt hundert Treppen. Nur von einer Fahrrad-Rampe ist nix zu sehen.
Selbst ist der Mann, packt die Räder und schleppt sie hoch.


# Der Komplex: Promenade du Peyrou
Die Promenade du Peyrouan befindet sich an einem der höchsten Punkte (52 Meter) der Stadt. Es ist ein wunderschöner, weitläufiger Parkkomplex, der gleich mehrere Sehenswürdigkeiten Montpellier's miteinander verbindet.
Am Château d’eau du Peyrouam, dem sechseckigem Wasserturm dessen Dach von korinthischen Säulen getragen wird, starten wir die Tour. So am Beginn der Promenade stehend ist der Anblick unglaublich dominant und schön anzusehen. Dieser 1766 errichtete Wasserturm ist mit dem Aquädukt, wo unser Auto parkt, verbunden und diente einst zur Wasserversorgung Montpellier's direkt aus der Quelle des Lez. Heute bedient dieser Wasserturm die vielen Brunnen in der Stadt aus der Quelle Saint-Clément.

Die Statue équestre de Louis XIV steht mitten im Park und mitten auf der Promenade.

Der nächste Hingucker ist der L'Arc de Triomphe (auch Porte du Peyrou), der dem großen Bruder in Paris ganz ähnlich ist. Der steht am anderen Ende der Promenade und misst 15 Meter in der Höhe und 18 Meter in der Breite. Sein Portikus hat eine Öffnung von 4.70 Metern und einer Höhe von 7 Metern. Erbaut im Jahr 1691 - auf Wunsch Ludwig dem XIV - handelte es sich um ein Prunktor, das nur seine Macht und seinen Reichtum symbolisieren sollte.
Das Schöne ist, man kann mit Fahrrad aber auch mit Auto durch den Triumphbogen fahren. Es ist nicht viel los auf der Rue Foch und so ist ein Bild aus der Mitte der Straße kein Problem. Alle drei Werke in einer Aufnahme:

# Cathédrale Saint-Pierre
Die Kathedrale von Montpellier ist ein weiteres must-see.
Ein Bau den man nicht übersehen kann - denken wir.
Abgelenkt vom Geschehen in den kleinen Gassen verlieren wir nicht nur etwas die Orientierung
sondern auch das Ziel vor den Augen.
Insgesamt ist Radfahren in Montpellier eine sportliche Herausforderung.
Auf unebenen Pflastersteinen geht es sehr steil bergab,
die wie so oft hier im Süden Frankreichs, nur locker nebeneinander liegen
und beim Überfahren diese typischen Klackgeräusche machen.
Die Route bis zur Kathedrale hätten wir zu Fuß machen sollen. Da wären wir wahrscheinlich schneller da gewesen.
Ok. Der Trainingsring ist geschlossen, als wir ein wiederholtes Mal die steile Gasse
runterfahren und endlich vor der Kathedrale mit den monströsen Eingangstürmen stehen.


Wir blicken hinein. Ich bin fasziniert von der gewaltig wirkenden Orgel. Die müsste man live hören. Leider haben wir nicht das Glück, zur rechten Zeit da zu sein. Es wird gebaut und alles was wir hören, sind laute Geräusche, die von den Bauarbeiten kommen.


# Impressionen von unterwegs
Etwas planlos geht es weiter. Auf der Jagd nach Impressionen aus Montpellier streifen wir rechterhand die L'Orangerie. Sicherlich auch ein schöner Ort zum Verweilen, wenn man in der Stadt ist. Wir bleiben immer mal stehen und schauen uns an, was man von außen eben sehen kann. Eine wunderbare Ausrede um auszuruhen, denn es geht wieder einmal sehr steil nach oben.

Auf der oberen Ebene angekommen, hat es das Bistro gegenüber nicht wirklich schwer uns anzulocken. Das Personal ist sehr jung. Wir sitzen draußen, direkt an der Straße und "gucken ob keener guckt", wie der Berliner es so sagt.
Criss Cross radeln wir weiter. Immer der Nase lang. Über die netten, kleinen Gassen mit vielen Hinguckern verschiedenster Art.
Montpellier gefällt uns. Es ist eine Universitätsstadt. Scheint als wäre das der Grund für die auffallend vielen jungen Menschen,
die hier unterwegs sind.






Am Place Martyrs de la Résistance machen wir kehrt. Es ist Viertel nach Drei.
Ein paar Aufnahmen vom hübschen Behördengebäude und dann geht's straight auf der Rue Foch
zurück, den gleichen Weg, den wir schon anfangs genommen haben.


Was für ein wunderschönes Gebäude...

Das imposante Gebäude gleich neben dem Poert du Peyrou beherbergt den Court of Appeal of Montpellier den Sitz des Berufungsgerichts.

Eigentlich ist's jetzt aber genug. Aber so ganz können wir uns von Montpellier nicht trennen.
Wir drehen noch eine Runde auf der Außenpassage der Promenade du Peyrou:




Es ist Dreiviertel Vier, als wir den Parkplatz Aqueduc de Saint-Clémentder verlassen.
Es ist später geworden, als wir dachten. Aber das ist nicht sonderlich schlimm. Einen wirklichen Plan für
den Tag gab es ja nicht wirklich. Ist eben ein Reisetag.
Bis Goult, unserer nächsten Basis sind's noch 135 Kilometer für die Google etwa zwei Stunden veranschlagt.

Wie immer kommt es anders als man denkt.
Durch Avignon schleichen wir im Schritttempo. Der Berufsverkehr ist in vollem Gange. Letztendlich verlieren wir
nur eine halbe Stunde und erreichen die neue Unterkunft Quintessence Provence in Goult Viertel nach Sechs.
Valerie empfängt uns ausgesprochen herzlich.
Unser Zimmer scheint sich im Keller zu befinden. Tut es natürlich nicht. Nur steht das Haus auf einem abfallenden Grundstück.
Und so kommt es, dass die "Keller""-Etage gleichzeitig die Ebene wie der Pool ist.
Unser Zimmer ist riesig. Zwei Bäder, ein in der Mitte stehendes Doppelbett mit Blick auf den Pool.
Was will man mehr.
Und nicht anders als in jedem bisherigen B&B werden wir gefragt, ob wir für den heutigen Abend schon einen Tisch in einem Restaurant reserviert haben. Valerie kann ja nichts dafür. Aber mich nervt es immer wieder. Wir überlassen ihr die Wahl und sie macht sich gleich ans Werk und telefoniert sich durch die Restaurants.
Gefahrene Strecke: 331 Kilometer
Angefallene Mautgebühren: 6.30 €
!!!!‚Die Region Luberon in der Provence
Die Basis für die kommenden Tage ist hier in Goult.
In das Anwesen habe ich mich sofort verliebt. Rainer mit einer Verzögerung von einem Tag.
Nämlich erst dann, als er den Vorzug erkannt hat jeden Morgen, noch vor dem Frühstück,
den wundervollen Pool für ein paar Züge nutzen zu können.
Und so sind die morgendlichen Abläufe - es waren genau drei - nach genau dem gleichen Muster:
Aufstehen - ein paar Bahnen schwimmen - Frühstücken:

Zwei volle Tage für so viel Landschaft sind knapp. Am ersten Abend werden die Ziele ausgesucht. Dazu haben wir viel Lesematerial von Valerie erhalten. Den ersten Tag nutzen wir für das Gebiet nördlich von Goult und den zweiten Tag für alles, was sich südlich der Unterkunft befindet.
# Roussillon
Wir beginnen mit Roussillon. Es ist der Ort selbst und das Areal der orangenen Steinformationen, die hier Sehens- und Besuchenswert sind. Nach einer knapp Dreiviertelstündigen Fahrt, die auf das Konto der Schleichwege gehen, weil die Unterkunft vollkommen abseits von Goult gelegen ist, nehmen wir den erstbesten Parkplatz, dem Parking des Sablons. Gut dass es hier eine Tafel zur Orientierung gibt. So steht die Route recht schnell fest.

Erst geht es in den Ort. Nicht ohne die unendlich vielen Treppen zu überwinden, die wir bis zum Mini-Zentrum benötigen. Hier geht es verglichen mit dem bisherigen Weg, den wir gegangen sind, recht trubelig zu. Das Zentrum besteht eigentlich aus der einen Straße, der Rue de la Porte Heureuse. Vielleicht haben wir auch gerade einen Anlaufpunkt für eine Reisegruppe erwischt, denn schon kurze Zeit später sind nur noch wenige Besucher unterwegs. Der gesamte Ort ist von roten und orangenen Hausfassaden geprägt.





Der höchste Punkt des Ortes ist wie so oft eine Kirche. Hier ist es die Église Saint-Michel, die wir über diese weitere Seitengasse erreichen.



Hinter der Kirche befindet sich eine Art Plattform, von der man wunderbar auf die umliegende Landschaft schauen kann. Auch auf die äußersten Ausläufer der Le Sentier des Ocres. Unserem nächsten Ziel.



# Im Land des Ockers: Le Sentier des Ocres
Ocker ist ein mineralischer Farbstoff und seit Urzeiten bekannt. Einst verwendeten die Römer den
Farbstoff zur Bemalung von Töpferwaren. Später geriet er in Vergessenheit.
Erst im 18.Jahrhundert begann ein gewisser Monsieur Astier auf eigene Faust den Ockerabbau. Damit wurde Roussillon
zum Industriestandort. Der Farbstoff wurde dann europaweit exportiert. Der Höhepunkt fand zwischen 1910 und 1930 statt.
Man verwendete Ocker als Farbbeigaben zum Beispiel für den Hausputz und Malerfarben. Wegen seiner Unschädlichkeit
hat man ihn auch im Backteig, Schokolade und Make-up beigemischt. In den 1950er Jahre wurde die Produktion eingestellt.
Vom Zentrum Roussillon's bis zum Sentier des Ocres (Sentier heißt Weg in Französisch) sind es etwa zehn Spazier Minuten.
Am Eingang zahlen wir 3.50€ pro Person (Juni 2023)
Die Rundwege sind sehr gut ausgewiesen. Über Treppen bergab erreichen wir die stillgelegten Ockerbrüche. Ich kann es nicht anders sagen, aber solche intensiven Farben habe ich im Südwesten der USA noch nicht gesehen. Normalerweise sind es in den USA typische Farben, die man entweder bei Sonnenaufgang oder bei untergehender Sonne sehen kann. Wir sind jedoch zur Mittagszeit hier. Habe ich noch vor der Reise beim Betrachten der Bilder gedacht, dass da farblich etwas zu sehr "nachgeholfen" wurde, weiß ich jetzt, dass ich vollkommen falsch gelegen habe! Das dunkle Gelb über Orange bis Rot ist tatsächlich so knallig.



Natürlich ist auch hier alles abgezäunt, damit niemand in Versuchung gerät die Formationen zu erklettern oder anderweitig zu zerstören. In Anbetracht des kleinen Areals im Verhältnis zu der Menge an Besuchern, ist es wohl wirklich die beste behördliche Entscheidung gewesen, um diese Natur zu schützen.




Und weil's so schön war nehmen wir auch gleich die große Runde mit, die durch eine Art Laubwald führt. Hier ist so gut wie niemand unterwegs. Die ganz tollen Steinformationen finden wir auf dieser Runde nicht. Aber es ist dennoch sehr schön



Den schönsten Blick auf Roussillon gibt es dann vom Vorplatz, der sich kurz vor dem Zugang zum "Sentier des Ocres" befindet. Eine letzte Aufnahme auf den Hügel, auf dem Roussillon thront.


Zurück zum im Osten gelegenen Parkplatz gehen wir über die untere Straße, der Rue des Bourgades.
Hier gibt es keine Andenkenläden und keine Restaurants und somit keine Touristen.
Genau das Richtige um diesen Teil allein auf sich wirken zu lassen.







Wuchernder Rosmarin - ich platze gleich vor Neid

# Unterwegs durch die verschlafene Provence
Vom Süden her nähert sich ein dickes Regengebiet. Ich habe echte Bedenken, ob wir das nächste Ziel überhaupt trocken erreichen.
Es wäre doof im roten Schlamm waten zu müssen. Auch Gewitter während wir gerade in der freien Landschaft unterwegs sind,
wären für mich die blanke Horrorvorstellung.
Wir verlassen Roussillon auf dem Landweg. Und sind schneller als das Regen-UFO.
Die Landpartie bis Colorado de l'ocre allein ist schon ein klasse Reiseziel.
Unbeschreiblich schön. Ein Fest für die Augen. Auch ohne Lavendelfelder, für die wir leider zu früh sind.
Dafür begleiten uns ständig diese unendlichen Mohnfelder.

... und Lupinienfelder. Sowie Lavendelfelder, die noch an der Farbe arbeiten müssen. Beeindruckend wie gepflegt alles aussieht. Gepflegt und sauber. Es ist eine Freude, hier lang zu fahren.




Eine halbe Stunde dauert die Überfahrt bis zum nächsten Ziel am Rand des Ortes Rustrel:
# Le Colorado Provençal bei Rustrel
Genau wie schon Rousillon gehört Rustrel zum Land des Ockers. Auch dieser Ort lebte vom Ockerabbau. Das Areal, das man heutzutage besuchen kann, ist weitaus größer als das Roussillon's. Aktiv wurde hier im 19. und 20. Jahrhundert das gewinnbringende Ocker gewonnen. Der erste Stich fand 1871 statt und der letzte 1993. Dieser Ocker wurde weltweit vertrieben Le Colorado Provençal befindet sich auf einem Privatgelände.
Der Parkplatz ist riesig. Und er ist sehr gut besucht.
Am Kiosk zahlen wir 8€ pro Person (Stand Juni 2023)
Zwischen den Bäumen stehen etwa fünfzehn Picknicktische. Auch die sind fast alle belegt. Ziemlich viel los - könnte man sagen.
Vom Parkplatz bis zu den "bunten Steinen" ist es ein etwa zwanzig Minuten langer Spazierweg,
den man laufen muss, um zum Steinbruch zu gelangen. Gut dass wir festes Schuhwerk tragen, denn der Weg ist ausgetreten aber
teilweise uneben und sandig.
Wir hätten auch in der am Zugang näher gelegenen Seitenstraße parken können, aber die Eintrittskarten gibt es eben nur am Parkplatz (Stand Juni 2023).
Und ganz ohne Ticket am Ziel zu erscheinen wäre keine gute Idee. Denn ein weiterer Kontrollposten wartet direkt vor der Arena des bunt leuchtenden
Abbruchs.
Im besuchbaren Teil des Parks gibt es zwei verschiedene Touren, die einzeln oder auch hintereinander gelaufen werden können: Die Sahara-Tour (blaue Markierung) und die Tour de Belvederes (orangefarbene Markierung).
Als wir starten, ist es sehr warm und die Luft extrem drückend.
Die regengeschwängerten Wolken hängen tief. Aus der Ferne hören wir immer wieder ein tiefes Grollen. Also planen wir
erst einmal die blaue Route zu nehmen und vor Ort alles Weitere zu entscheiden.
Der erste Anblick ist schon sehr beeindruckend. Das schreibe ich auch, obwohl wir so etwas nicht zum ersten Mal sehen.
Das gesamte Areal der Ockerfelsen ist gut geschützt. Nicht nur Absperrungen weisen den Besucher in die Schranken.
Es gibt überall Volontäre. Eigentlich ist es traurig, dass diese wirklich notwendig sind.
Scheint aber notwendig zu sein. Mehrfach hören wir, wie andere Besucher darauf hinweisen werden müssen,
dass sie über die Absperrung getreten sind 😳 .
Für dieses Verhalten kann kein vernünftig denkender Mensch Verständnis haben. Alles
für ein Selfie!





Genau schon so wie bei den Le Sentier des Ocres sind auch hier die Farben außergewöhnlich intensiv. Die Farbpalette reicht von hellgelb über Gelbbraun, Orangebraun, Braun bis hin zu Rotbraun. Offiziell spricht man von 25 Farben des Ockers.
Die ockerfarbenen Ablagerungen, wie sie hier im Luberon in der Provence typisch sind, sind nicht neu.
Man findet sie weltweit in Teilen Afrikas, Jamaica, Südindien. Und sogar der australischen Uluru (Ayers Rock)
besteht aus den gleichen Sedimenten.
Ganz zufällig steht hier die Miniausgabe des Uluru:



Am anderen Ende angekommen werden die Wolken immer dunkler und ich habe ehrlich gesagt etwas Schiss, auf dem Weg zurück zum Auto in ein Gewitter zu kommen. Damit ist auch definit entschieden, dass wir den folgenden Trail nicht mehr laufen werden. Die Steine mit den buntesten Schichten sind eh hier gewesen.
Ein paar letzte Bilder mit den dunklen aber wegen dem Kontrast unheimlich fotogenen Wolken bevor es nun wieder zurückgeht.



Auf dem Rückweg tangieren wir diese Wasserstellen.
Auch die sind vom staubigen Ocker gefärbt.




# Ménerbes am Abend
Nach einem langen Tag voller grellroter Steine, wie wir sie in Frankreich nie erwartet haben, erholen wir uns erst am Pool - natürlich immer in Deckung vor vorbeiziehenden Gewittern und als sich die Lage beruhigt, fahren wir nach Ménerbes.
Ménerbes liegt etwa zehn Kilometer südlich von unserer Unterkunft. Der mittelalterliche Ort klebt langgestreckt auf und an den Hängen eines Hügels. Dieser Bergfelsen ist etwa 500 Meter lang und nur 50 Meter breit und ist schon seit mehr als zwei tausend Jahren bewohnt.
Unser angepeiltes Restaurant befindet sich sozusagen auf dem Kamm des Bergrückens. Die hübschen Gebäude stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.







# Ortschaften im Luberon
Der zweite Tag unserer Zeit in der Provence ist ein Sonntag.
Ursprünglich wollte ich das machen, was Mirelle Mathieu aus dem Radio meiner Eltern rauf und runter trällerte:
"An einem Sonntag in Avignon".
Nun kommt es doch ganz anders.
Zum Frühstück, das wir auf der erhöhten Terrasse des Anwesens mit traumhaftem Ausblick serviert bekommen,
kommen wir mit einem Ehepaar aus Südtirol ins Gespräch. Die beiden kommen gerade aus Avignon und erzählen und schwärmen von diesem Ort.
Das klingt alles wunderbar fruchtet bei uns beiden leider überhaupt nicht.
Jetzt wieder Stadt? Hm... Wir sind gerade so schön im Slow-Motion-Modus.
Dann kommt Valerie, unsere Hostmama und empfiehlt uns die Fahrt durch das Luberongebirge.
Der Luberon ist eine Gebirgskette die in Ost-West-Richtung verläuft. Etwa mittig dazwischen schneidet die Schlucht Lourmarin dieses Gebirge ein. Es ist die Scheidelinie des Kleinen Luberon im Westen und dem Großen Luberon im Osten. Die Dörfer des kleinen Luberon befinden sich im Norden der Bergkette. Während die Dörfer des großen Luberon sich im Süden der Bergkette befinden.
Lacoste am Nordhang des Luberon ist der erste Ort den wir begegnen. Das was daraus ragt ist ausnahmsweise nicht die Kirche sondern ein Schloss. Im Ort selbst ist außer den verwinkelten Straßen nichts Attraktives zu entdecken. Das Schloss hoch oben hat nur in den Monaten Juli und August geöffnet. Deshalb halten wir uns nicht lange auf und fahren weiter. Nicht ohne uns einen Moment zu nehmen und den Blick auf den Ort von der Straße zu genießen.

# Bonnieux
Bonnieux begegnet uns als Nächstes.
Wie auch die anderen Orte "klebt" auch Bonnieux ganz charakteristisch auf einem hochgelegenem Felsen. Die Straße führt
steil berghoch. Und egal an welcher Stelle wir uns befinden, der Blick aufs Umland ist gigantisch.

Wir stromern etwas durch den Ort. Viel Zeit investieren wir in Anbetracht des weiteren Plans für heute nicht. Die Gassen sind wie überall in den Orten des Luberon eng und steil. Bevor es weiter durch die Luberonschlucht geht, finden wir eine schöne Terrasse. Machen ein paar Aufnahmen - wie man das so macht - und fahren weiter. Nicht ohne die dunklen Wolkenformationen, die sich zu einem Unwetter türmen genauestens zu analysieren. "Rainer der Chef-Meteorologe" in unserer Familie meint, dass wir noch genug Zeit haben werden, auf dem Rückweg die oben gelegene Kirche zu besuchen.





Nun geht es nach Lourmarin, das zum großen Luberon zählt.
Aus praktischen Gründen ziehe ich den Bericht zum Teil 2 in Bonnieux vor:
Nach dem uns also das Wetter aus Lourmarin vertrieben hat, landen wir wieder in Bonnieux. Bevor wir hoch zur Kirche eilen,
checken wir den Standort des Restaurants in dem Valerie einen Tisch für heute Abend reserviert hat. Da unten rechts ist es:

Anschließend geht es hoch zur alten Kirche (vieillee Églis) aus dem 10. Jahrhundert. Die wurde auf 429 Meter Höhe gebaut und ist zu Fuß
über 86 Treppenstufen erreichbar. Beim Aufstieg durchstreifen wir wieder einen Teil der Altstadt (vieux Village),
die sich vom 12. bis 14. Jahrhundert Le Castellas nannte.
Das zum Grundwissen.




Die Kirche ist geschlossen. Leider. Es gibt keinen Blick ins Innere.
Recht plötzlich weht ein starker Wind. Klar. Wir sind hier auch ganz oben und es gibt nichts, was sich in den
Weg stellen könnte. Zusammen mit dem dunklen Grollen, was auf Höhengewitter hinweist, fühlen wir uns ziemlich
ungeschützt. Der Wind ist gruselig und würde wohl jedem Hitchcock-Film ein gutes Panorama bieten.


Hier geht's wieder in den Ort:

# Schlucht Lourmarin - Tal der Aigue Brun
Unsere Strecke, die D943 trennt das Luberongebirge von Nord nach Süd.
Der große Luberon hat seinen höchsten Punkt mit dem Mourre Nègre bei 1.124 m. Während der kleine Luberon lediglich 726 m hoch ist.
Es ist - besser gesagt soll - ein hervorragendes Wandergebiet sein. Dafür haben wir aber so gar keine Zeit. Nicht
in diesem Urlaub. Für die sieben Kilometer brauchen wir etwa zwanzig Minuten. Mit Fotopause 😎




# Lourmarin
Das erste was man sieht, ist das Schloss von Lourmarin. Es sieht klasse aus. Leider werden wir unser Auto nicht los und fahren mehrere Runden bis wir gefühlt JWD (Janz weit draußen) vor der Stadt einen Parkplatz finden, der uns hoffentlich kein Strafticket beschert. "Aber wir sind ja nicht die Einzigen die hier parken", ist dann immer mein Argument.

Auf dem Weg ins Städtchen planen wir etwas um.
Ein leichter Salat und ein Weinchen wäre vor der Besichtigung des Schlosses keine schlechte Idee.
Aber ganz anders als in den bisher besuchten Orten am heutigen Tag, ist hier der Teufel los. Menschen über Menschen!
Wir schauen uns kurz um und lassen das mit dem Salat. Auch wenn meine Bilder leere Straßen zeigen,
ich will gar nicht wissen, wie lange wir auf eine Bedienung warten müssten.
Viel lieber spazieren wir in den Gassen.
Statt Salat kaufe ich getrockneten Lavendel, der mindestens fünf Jahre unsere Klamotten vor Motten schützen soll.
Wir wollen's mal glauben. Wir sind extrem gut gelaunt und so auch gutgläubig.




Dann trennen sich unsere Wege. Rainer zieht es zum Château de Lourmarin. Mich reizt dieses nun gar nicht mehr.
Ich lasse mich lieber durch die engen Häuserschluchten treiben. Verlaufen kann man sich hier eh nicht.
Das Schöne ist - auf meinem Weg ist niemand unterwegs. Klar. Hier kann man auch nix kaufen.




Raus aus den Häuserschluchten treffe ich auf diese kleine Église Saint-André et Saint-Trophime aus dem 11. Jahrhundert. Seltsam ist der kleine Brunnen, rechts vor der Kirche. Hier kommt zwar momentan Wasser raus aber kurz nach dem das aus dem Hahn kommt trifft es auf eine Ablagerung, die vollkommen von Moos eingenommen ist.



Wie es aussieht, bleiben die allermeisten Besucher gleich am erstbesten Platz des kleinen Städtchens hängen. Denn während es dort brechend voll war, schlendere ich ganz allein über die östlich gelegenen Gassen mit so vielen schönen Fotomotiven:






Technik sei Dank gibt es kein Problem, uns wieder zu finden. Jeder hatte seine Runde mit seinen Erlebnissen. Nun ist es Zeit zum Auto zu flitzen. Es ist windig und just als wir im Auto sitzen beginnt es zu regnen.
Zurück geht es über Bonnieux (siehe oben), wo uns letztendlich auch das Gewitter verjagt.
Den restlichen Abend verbringen wir am Pool unserer Unterkunft.
Hier haben wir gegessen
# Bistrot des Roques in Saint-Pantaléon
Julie's und Meddy's kleinem Bistro würden wir zugegeben diese Qualität nicht zutrauen.
Schon am ersten Abend sind wir überrascht. Das Personal ist zwar super flink und sehr freundlich, aber ehrlich gesagt macht weder
die Küche, die man im Inneren sehen kann, noch die Kellnerin einen professionellen Eindruck.
Es gibt ein fertiges Menü für 38€ mit kleiner Anpassungsmöglichkeit für jeden Gang.
Aber was soll ich sagen?
Das Essen war gelungen und wirklich schmackhaft. Und das ist es, was letztendlich zählt.

Am dritten Abend haben wir nochmals im Bistro des Roques in Pantaléon gegessen.
Das Wetter in Bonnieux, da wo für heute ein Tisch für uns reserviert war, hat den mit einigen Blitzeinschlägen den ganzen Ort
außer Gefecht gesetzt. Somit konnte natürlich auch nicht gekocht werden.
# Les Saveurs Gourmandes in Ménerbes
Das kleine Restaurant Les Saveurs Gourmandes in Ménerbes strahlt ein ganz besonderes
Ambiente aus. Es ist eine Art Gewölbekeller. Das Personal besteht vermutlich aus drei Leuten, die das volle Restaurant sehr gut managen.
Die Gäste sind auffallend international.
Die Menükarte ist recht übersichtlich. Jeder Gang hat drei Speisen zur Auswahl.
Die einzelnen Gerichte sind optisch ein Hingucker. Vor allem in Kombination mit dem ausgewählten Geschirr.
Geschmacklich ist alles sehr gut aber nicht so überragend, dass wir immer wieder hier essen möchten.


Unsere Unterkunft: Quintessenz Provence
Fantastisch gelegen, zwischen Gordes, Ménerbes und Bonnieux liegt etwas abseits des Ortes Goult das B&B Quintessenz Provence. Etwas versteckt ist der Zugang und verspricht von der ersten Minute eine abgelegene Unterkunft in vollkommener Ruhe.

Das "Chambre Nuage" habe ich als
Zimmer mit Queensize-Bett und Poolblick gebucht. Es war für uns die perfekte Wahl.
34 Quadratmeter im Erdgeschoss mit privatem Zugang zum Pool ist unsere Bleibe für drei Nächte.
Es gibt zwei Bäder, ein großes mit Dusche und ein kleineres.
Außerdem stehen eine Tee- und eine Nespressomaschine im Zimmer.




Vor dem Zimmer haben wir eine Sitzgruppe und Liegen, die wir nutzen können.
Und das absolute Highlight ist natürlich der beheizte Pool.

Das Frühstück nehmen wir auf der oberen Terrasse ein.
Die Aussicht auf die Umgebung ist einfach nur klasse!
Neben verschiedenen kalten und heißen Getränken gibt es Toast, Croissants und verschiedene Marmeladen.
Zusätzlich bietet Valerie jeden Morgen eine andere selbst zubereitete warme Speise an.
So lässt sich leben!



Dieser Granatapfelbaum steht direkt am Eingang:

Aufnahme von der Vorderansicht am Abend:

So geht es weiter
Dass ich mich von der Provence nicht trennen mag, ist mir schon nach einem Tag klar. Hier will ich nochmals hin. Mit viel mehr Zeit.
Mit diesen Handyaufnahmen werde ich wohl keinen Blumentopf gewinnen - dafür ist meine Hardware bei der Beleuchtung einfach ungeeignet - aber das ist meine Provence, wie ich sie erlebt habe. Auch ein heimlicher Abschied von diesem Aufenthalt in der Provence ganz ohne farbigen Lavendel.


Bevor es weiter gen Osten geht, kaufen wir am Vormittag auf einem Bauernhof unweit der letzten Unterkunft ein. Im Hofladen gibt es die herrlichsten Tomaten in gelb und rot. Frische Erdbeeren und Radieschen vom Feld. Ach ja. Und Ziegenkäse, der nicht nach Ziege schmeckt!
Eine knappe Woche Urlaub in Frankreich stehen uns noch bevor.
Die kommenden zwei Nächte werden wir an der Côte d'Azur verbringen. Eigentlich hatte ich vor in Menton zu übernachten.
Aber schon Ende Dezember waren die bezahlbaren Unterkünfte ausgebucht. Ein Glück auch - kann ich jetzt schon verraten.