Mein absoluter Geheimtipp zum Sonntag: der Shrine in Nogizaka ...
Odaiba, manchmal auch nur Daiba gennant, ist eine durch Landaufschüttung künstlich geschaffene Insel ...
Es ist Sonntag.
Bei klarstem Wetter zieht es uns recht früh aus den Betten. Denn Tōkyō ruft!
Etwa fünf Minuten Spazierweg von unserem Hotel entfernt, zwischen den U-Bahn-Stationen Aoyama-itchōme Station und Roppongi Station und gegenüber der Nogizaka Station, befindet sich der Nogi Shrine .
Eine wunderschöne aber übersichtliche Anlage, die dem General der Kaiserlichen Armee Japans, Nogi Maresuke und seiner Frau gewidmet ist. Auf der Fläche seines ehemaligen Anwesens wurde dieser Shrine errichtet, im 2.WK zerstört und wieder aufgebaut.
Die Anlage ist noch leer von Besuchern. Nur ein Hochzeitspaar ist schon da, das für den Fotografen posiert.
Es ist ein Traum und eher eine Seltenheit Frau und Mann in einem echten japanischen Hochzeitsgewand zu sehen.
Man sagt, daß japanische Brautpaare sich ihre Hochzeitsgewänder nur ausleihen. Denn neu gekauft müßte man mit einem Preis von weit über 150.000€ rechnen.
Der Bräutigam sieht uns, ausgestattet mit Fotoapparat und Kamera, und deutet an bzw. fordert uns sogar auf zu fotografieren.
Das muß er uns nicht ein zweites Mal sagen. Ach wie schön!
Tsunokakushi
bedeutet wörtlich übersetzt "Hörner verstecken". Denn Hörner bedeuten Ärger und Eifersucht.
Einen Tsunokakushi bei einer Hochzeit zu tragen bedeutet auch, den Ärger zu unterdrücken.
Eine japanische Braut zeigt damit, daß sie die Pflicht haben wird, immer Geduld und Ruhe zu bewahren.
Während wir uns in der Shrineanlage umsehen, hat sich die Braut "schnell mal" umgezogen.
Dabei sollte man wissen, daß ein Umziehen eines echten Kimonos nicht "schnell mal" passiert. Es bedarf vieler Helfer.
Aber keiner ist zu sehen. Offensichtlich ist das in einem dieser Nebengebäude des Nogi Shrine auf dem Gelände passiert.
Jedenfalls trägt die Braut jetzt ein bezauberndes, weißes Hochzeitsgewand mit einem Tsunokakushi, einer traditionellen japanischen Hochzeitskopfbedeckung.
Ich frage mich dabei, ob die Körperhaltung, auf dem linken Foto uns sagen soll?
Nach soviel Aufregendem zum frühen Morgen ist mein Koffeinspiegel wieder stark gefallen.
Und das will ja keiner
Also radeln wir zu unserem Lieblingscafé, dem Tully's Coffee in Mitsuke
und suchen uns ein Plätzchen auf der nur etwa 80 cm tiefen Veranda.
Ich mache meine Pflichten. Habe ich mich doch hinreißen lassen bei unserer Hochzeit auch eine Art Tsunokakushi aufzusetzen,
genannt Schleier und schreibe ganz artig Ansichtskarten an die Lieben zu Hause.
Rainer studiert währenddessen die englischsprachige Japan Times.
Erfrischt starten wir nun einen ganz langen Fahrradtrip. Über Shinbashi, weiter über sechs Brücken auf die künstlich erschaffene Halbinsel in der Bucht von Tōkyō: Odaiba
ODAIBA
Schon Mitte des 19.Jh. begann man mit der Aufschüttung als Reaktion auf die Ankunft des
US-amerikanischen Commodore Matthew Perry und zum Schutz vor einer Invasion.
Doch aufgrund eines Freundschaftsvertrages mit den USA und auch aus Geldmangel ist der Plan, elf Kanonenstände
(japanisch: Daiba) zu schaffen, Anfang des 20.Jh verworfen worden.
1941 riß man wieder Teile der aufgeschütteten Fläche ab, damit der Zugang zum neueröffneten Hafen von Tōkyō
und der damit bevorstehende florierende Schiffsverkehr nicht behindert wird.
Um 1980 blieben nur noch zwei kleine Inselchen übrig, die mit dem Daiba Kōen verbunden wurden.
Die Fläche wurde als Containerhafen genutzt.
Zur Expo '85 begann man wieder mit der Neuentwicklung und Nutzung dieser Fläche.
Odaiba sollte ein Modell des futuristischen Lebens werden.
Wegen der Wirtschaftskriese in Japan blieb
es allerdings nur bei Planungen.
Bis Mitte der 90er Jahre war Odaiba fast verlassen.
Ein monströser Autotunnel verband das Festland und die Insel, die noch als Messegelände gedient hat.
Die traumhaft angelegt aber verlassene Insel war ein Geheimtipp um sich vom "hustle and bustle" Tōkyōs zu erholen.
Die einzige effiziente Verbindung, wenn man kein Auto hatte, war nur mit einer Fähre möglich.
Hier war ich sehr oft mit den Kindern. Denn hier hatten wir "Strand und Meer".
Damals gab nicht viele Dinge auf der Insel.
Aber eine Telefonzelle und ein Getränkeautomat mußte
einfach sein.
Heute verschwinden die Telefonzellen, aber Getränkeautomaten stehen mehr denn je in der Stadt verteilt.
Im Body des Automaten befinden sich nicht nur kalte Getränke oder Zigaretten. Nein!
Man hat die Auswahl zwischen kaltem oder heißem Kaffee, Tees aller Art, heißen Suppen und kalten Säften.
Das ist doch mal Service. Und bezahlte man noch vor 20 Jahren für eine Dose 100 ¥ zahlt man heutzutage
meist 120 ¥. Wer sagt denn, daß alles massiv teurer werden muß.
1996 wurde die Umgestaltung der Insel wieder in die Hand genommen und wir staunten schon bei unserem Besuch im Jahr 2000
über das was hier neu gestaltet wurde.
2010 aber haben wir dann die Insel kaum noch erkannt.
Wir kommen über's Festland.
Über insgesamt sechs Brücken.
Und der Weg dorthin ist nicht gerade kurz.
Auf dem künstlichen Land, mitten zwischen den sehr hohen Wohnblöcken, ist alles recht großzügig und sehr weitläufig gestaltet und wirkt sehr futuristisch. Es gibt eine Hochbahn und Straßen, die breiter sind als die A9.
Das wohl bekannteste und auffälligste Gebäude ist der Sitz des Fuji-TV Studios.
Hier kann man auch an einer Führung teilnehmen und allerhand über das Fernsehen erfahren, selbst probieren und lernen.
Diese Tour haben wir schon im Jahr 2000 mit unserem Sohn gemacht. Deshalb fällt das heute aus.
Um die etwaige Gesamtansicht der Halbinsel sehen zu können, muß man entweder mit einem Zeppelin fahren oder bis
an die westlichste Spitze spazieren.
Es ist sommerlich warm und wir suchen uns hier ein gemütliches Plätzchen im Grünen und genießen
die Aussicht auf Odaiba und gleichzeitig in die Bucht von Tōkyō.
Irgendwann übermannt uns die Müdigkeit und wir fallen in einen schönen tiefen Mittagsschlaf.
Die Rainbow Bridge ist schon 1993 fertiggestellt worden. Sie verbindet das Festland
mit Odaiba.
Bei 60 m Höhe über eine Länge von 798 m wird der Verkehr auf 2 Ebenen befördert: oben befindet sich
eine mehrspurige Schnellstraße und in der unteren Ebene fahrt die vollautomatische Yurikamome-Bahn
eine Straße und ein Fußweg. Letzterer darf nur tagsüber benutzt werden.
Bei unserem letzten Besuch 2000 haben wir nach großen Diskussionen mit dem Personal, das den Eingang zum Fußweg kontrolliert,
erreichen können, daß wir auch die Räder mitnehmen durften.
Auf diesen Streß haben wir dieses Mal keine Lust und so nehmen wir die Fähre zum Hinode Pier.
Blick in die Tōkyō-Bucht
Zurück geht es über die Roppongi.
Vorbei am...nein nicht dem Pariser Eiffelturm
sondern am Tōkyō TV Tower.
Aus Protest wegen der einfallslosen Kopie war ich noch nie oben. Und ich werde da auch nicht hochgehen!
Die Steigung der Straßen läßt mich an meine Grenzen kommen... ich laufe lieber zu Fuß.
Rainer hat offensichtlich noch mehr Power und zieht mein Radl mit.
Ok.
Ich gebe spätesten hier zu, am Ende meiner Kräfte zu sein.
Bevor es nach Hause geht, kehren wir in unser neues Lieblingsrestaurant in der Gaien Higashi Dori unweit der Kreuzung zur
Roppongi Dori ein.
Das Restaurant hat einen Bar-ähnlichen Charakter. Ganz junge Burschen mit schwarzen Strickmützen... keine Ahnung, ist denen kalt???...
managen das Ding. Man kann sogar beim Zubereiten zugucken.
Hier bestellen wir wieder die leckersten Gyozo's, Ramen und Bier aus geeisten Gläsern.
Es geht alles sehr schnell zu annehmbaren Preisen.
Näckisch auch das Interieur... ein Vogelkäfig zum Aquarium umgestylt.
Ja und dieses Foto mußte hier noch rein.
An einer Y-Kreuzung, der Gaien Higashi Dori in Höhe des Nogi Shrine's, wo
heute Morgen unsere Rundreise begann, hier steht das von uns so genannte "Hochzeitshaus".
Keine Ahnung ob es ein Hochzeitshaus ist. Den Namen hat unsere Tochter dem Haus gegeben. Weil
die Schaufensterfiguren immer ganz tolle und außergewöhnliche Kleider trugen und jede einzelne in einer Art Bogen stand.
So ist der Name geblieben. Und es hat sich an dieser Ecke tatsächlich nichts geändert.
Gefahrene Strecke mit Fahrrad: etwa 25 km (unser Navi hat heute nach 1,4 km den Geist aufgegeben)