Südlich von Cairns: Atherton Tablelands
Ja - wir sind schon beim Teil drei unseres Urlaubs, dem Teil, dem wir die meiste Zeit gewidmet haben.
Erst City, dann Outback und jetzt Queensland.
Und jedes Mal bin ich nicht ganz sicher, ob das schon Erlebte noch zu toppen ist.
Na mal sehen...
Jedenfalls machen wir die Augen auf und direkt vom Bett hat man die grandiose Aussicht auf das Meer.
Die Fenster sind bodentief verglast.
Warum dann eigentlich überhaupt noch aufstehen?
Am besten gar nicht mehr aufstehen und nur noch den Ausblick genießen.
In aller Ruhe schauen wir uns die Ausstattung an.
Die Küche hat alles. Alles was man braucht. Selbst Gewürze, Folien- und Backpapier, Auflaufformen alle möglichen Topfarten ja sogar ein
Reiskocher ist da.
Doch eine Sache fehlt!
Das ist ein Tablett, um das Frühstück von der Küche bis auf den Balkon zu bringen.
Es ist einfach anstrengend schon am Morgen so viele Schritte zu machen!
Vom Frühstückstisch genießen wir den Blick auf die auslaufende Bergkette. So kann der Tag beginnen.
Während dem Frühstück beobachten wir, wie sich weit draußen über dem Wasser eine
Wolkenarmada in unsere Richtung bewegt.
Auf dem heutigen Plan stand eigentlich die Fahrt entlang der Küste gen Norden.
Und da ich bei der Planung nur wenig dem Zufall überlassen will, checke ich die
Wettervorhersage und ändere den Plan. Denn hinter dem Bergland soll Sonne pur sein.
Aber erst muß eine Lösung mit dem Mietauto her. Denn der leicht lädierte Mitsubishi ist nicht das, was wir uns
für die nächsten zwei Wochen als Mietauto vorgestellt haben.
Offensichtlich ist das Auto schon ziemlich stark belastet worden. Die Stoßdämpfer lassen zu wünschen übrig.
Bei jedem Überfahren der kleinsten Straßenunebenheit verliert das Auto die Spur. Das Standlicht funktioniert auch nicht.
Also müssen wir in den sauren Apfel beißen und die Zeit investieren, um noch einmal zum Airport zu fahren, wo
Europcar seinen Sitz hat.
Am Counter versuchen wir dem Angestellten klar zu machen, daß wir uns nicht sicher fühlen mit diesem Auto.
Irgendwie ist aber der Wurm drin. Der Typ macht zwar ziemlich schnell die neuen
Unterlagen fertig, will aber nicht verstehen, warum wir das Auto als verkehrsuntüchtig empfinden.
Wie auch immer, wir bekommen einen RAV 4 mit 4.762 Kilometer auf dem Tacho.
Der riecht auch nicht so vermuffelt!
Die Reinigung des Autos vor der Übergabe wird offensichtlich bei Europcar nicht so ernst genommen.
Beim Wechsel zum neuen Auto schaut Rainer noch in jedes Fach und in jede Tasche und findet eine nicht mehr frische Babywindel.
Auch in dem gerade übergebenen Auto finden wir mehrere halbleere bzw. ganz leere Wasserflaschen.
Ok.
Aber das ist das geringste Problem!
Erst kurz nach zwölf Uhr verlassen wir das Gelände des Autovermieters.
# Atherton Tablelands
Es sind angenehme 27°C als wir Cairns verlassen.
Wir steuern die Atherton Tablelands an.
Bis Gordonville ist das Umland noch einigermaßen städtisch und eben.
Der Gillies Highway wird links und rechts von uns mit Bilderbuchlandschaften gesäumt.
Weite grüne Wiesen, grasende Kühe...
Irgendwie frage ich mich: Ob wir noch in Australien sind?
Die Atherton Tablelands waren ursprünglich ein Gebiet mit dichtem Regenwald.
Mit der Ankunft europäischer Siedler vor etwa 130 Jahren wurde das fruchtbare Land nach und nach urbar gemacht.
Begehrt waren die Bäumer aus der Gruppe der Mahagonigewächse. Dann folgte das Fällen der anderen Urwaldbäume.
So soll Queensland nun zur am intensivsten landwirtschaftlich genutzten Fläche Australiens gehören.
Und das sieht man auch.
Doch bleibt ein Stück ungenutzt, ist es üppig und dicht bewachsen.
Wir folgen einer langen Serpentinenstraße mit einer beachtlichen Steigung.
Wieder und wieder bleiben wir stehen und nutzen fast jeden Outlook.
Wir sind fast alleine hier unterwegs.
Nachdem wir den ersten Bergkamm passiert haben, wird's wieder ländlich–sittlich...
Der Cathedral Fig Tree ist unser erster Anlaufpunkt.
Wir halten an vor einem Stück, ein Rest des dichten, tropischen Regenwaldes.
Man kann praktisch gar nicht durchgucken, wie man das von unseren Wäldern gewohnt ist.
Obwohl die Sonne scheint ist es dunkel.
Hier in diesem Reststück blieb ein Baumriese verschont. Mehrere hundert Jahre alt soll diese Würgefeige sein. Das Wurzelwerk ist total verflochten.
Wir haben es nicht geprüft. Aber um sich eine Vorstellung über die Größe des Umfanges machen zu können,
weist die hier stehende Tafel folgendes Beispiel an: es müssen sich 42 Menschen an den Händen anfassen, um so einmal
den Baum am Umfang zu umrunden.
Der Holzplankenpfad führt einmal herum und wir sind tatsächlich wieder alleine hier und versuchen in aller Ruhe
die Größe mit den Augen zu erfassen.
Etwas gruselig ist es schon. Wir sind nicht einmal hundert Meter von der Straße entfernt und
es ist düster und von der Straße hören wir kein Geräusch. Der Urwald ist hier wie eine Masse.
Das Einzige was wir hören ist ein Rascheln.
Hier und da entdecken wir einen schwarzen Truthahn.
Und was ist mit Moschusratten, Kängurus?... oder Helmkasuaren...?
Keiner läßt sich blicken.
Aber wir haben Zeit und sind ganz Ohr!
Als wir halb rum gelaufen sind, kommt eine Schülergruppe. Sie sind etwa 14 oder 15 Jahre alt.
"Jetzt ist es vorbei mit der Ruhe", denken wir.
Ja, so ist das mit der Voreingenommenheit.
Etwa zwanzig Schüler "schweben" in Zweierreihe absolut geräuschlos um den Baum, machen ein paar Fotos und verschwinden wieder
genau so leise wie sie gekommen sind.
Sachen gibt's...
# Lake Barrine
Der Ursprung dieses fruchtbaren Landes ist die Vulkanaktivität, die hier vor Millionen von Jahren
stattgefunden hat. Übrig blieben auch einige Kraterseen, die es im gleichnamigen Nationalpark zu sehen gibt.
Sie befinden sich praktischerweise links und rechts des Gillies Highways.
Am Lake Barrine gibt es das Lake Barrine Teahouse. Es bettelt praktisch
um einen Besuch.
Hier scheint die Welt stehengeblieben zu sein. Alles hat den gewissen 50er&60er Jahre Look.
Das Restaurant ist absolut europäisch eingerichtet.
Auf der Veranda gibt's Cappuccino und Kuchen.
Der Ausblick... ja der Ausblick ist nicht anders als zum Beispiel am Thuner See.
Naja, für diesen Blick hätten wir nicht fast 24 Stunden um die Welt fliegen müssen.
Ok.
Die mehr als zehntausend Jahre sieht man ihm nicht an. Aber ich habe mich noch nie dafür interessiert, wie
alt einige unserer europäischen Seen sind. So ist das eben.
Touries wissen eben immer mehr
Und schön anzusehen ist er auch noch.
Was wirklich beeindruckend ist, ist der gleich anschließende Wald. Außer einer schmalen Wegführung ist alles
wie die Natur es ursprünglich geschaffen hat: wieder einmal dichter und dunkler Regenwald.
Nun bin ich kein Botaniker aber ich notiere: es sind zwei eng aneinander stehende Kaurifichten.
Deshalb sind sie auch als Twin Kauri 's in der Literatur bekannt.
Wir schauen uns die Monster an und verlassen den Ort.
Besuche anderer Kraterseen sind zeittechnisch nicht drin.
Und so führt uns die weitere Fahrt vorbei an niedlichen, kleinen Orten und jeder Menge Farmen.
Zwar werden wir immer wieder per Verkehrszeichen auf über die Straße hüpfende Kängurus hingewiesen.
Aber bei diesem Umland scheint es mir so unwahrscheinlich zu sein wie ein Elefant, der
in Berlin eine Straße überquert. Das paßt hier gar nicht ins Bild!
# Waterfall Circuit
Wir sind wie immer etwas spät dran.
Aber eine weitere Attraktion in diesem Gebiet sind die vielen unterschiedlich großen Wasserfälle.
Ich habe aus den Vorbereitungen noch viele Attribute im Sinn: die größten (ganz klar), die hübschesten,
die perfektesten, die bilderbuchähnlichen...
Jeder kann Werbung aber das ist nicht alles.
In die Tour paßten dann aber die Wasserfälle aus dem Waterfall Circuit.
Östlich von Milla Milla beginnt der fünfzehn Kilometer lange Roundtrip entlang der Theresa Creek Road.
Wir beginnen mit dem Milla Milla.
Was für ein Name! Und die gehören auch noch zu den Perfektesten.
Prima!
Direkt vom Parkplatz geht der kurze Weg ab (es ist alles wunderbar ausgeschildert) zu den gleichnamigen
Wasserfällen.
Nun ist der Wasserfall schon im Schatten, aber an seiner Perfektheit gibt es nichts zu rütteln.
Nein, der ist nicht nur perfekt, der wird rechts und links von grüner Pflanzenkulisse gesäumt und
ein fotogener Riesenfarn steht auch noch da.
Das Wasser ist schweinekalt. Doch ein vor Jugend sprießender Mann wagt den Gang ins Wasser... alle gucken zu und erwarten,
daß er sofort wieder rausrennt... nein, er tut es nicht... er schwimmt bis zum Wasserfall.
Nach etwa einer Viertelstunde sind alle wieder weg und wir haben den Wasserfall für uns alleine.
Zwischen den Wasserfallbesuchen kehren wir immer wieder auf die Theresa Creek Road zurück. Die ist etwas höher gelegen. Und so zieht die Bilderbuchlandschaft an uns vorbei wie ein Film.
Nur wenige Kilometer weiter östlich befinden sich die Zillie Falls.
Kaum ist man aus dem Auto raus, schon hört man den Wasserfall. Um diesen vom Fuße aus sehen zu können,
muß man schon ein wenig laufen.
Ach nö. Dazu ist es einfach auch zu spät.
Wir halten noch etwas inne und schauen dem abfließenden Wasser zu.
Dem Rundweg folgend ist der letzte Wasserfall in dieser Runde, der Elinjaa Fall.
Der Weg bis zur Basis ist nicht weit. Der oder die Wasserfälle sind auch schön.
Ich bin begeistert.
Wie immer ist es etwas nervig, daß die Sonne schon so früh ihre Strahlen einpackt
Wir wollen ja nicht hetzen und beenden die Wasserfallbesichtigungstour.
Gut. Trotzdem schön hier gewesen zu sein und die Wasserfälle gesehen zu haben.
Es ist kurz vor 6pm als wir uns wieder auf den Rückweg machen.
Die Sonne macht jetzt ganz schnell Feierabend.
Gerade noch habe ich mich über den Anblick der schön beleuchteten Landschaft gefreut und schon
ist es zappenduster.
Nur noch in den kleinen Örtchen kann man etwas sehen.
Und natürlich überall noch Werbung für den einen und anderen Wasserfall.
Auf dem letzten Stück, nach dem wir den Ort Atherton passiert haben, sind wir ziemlich angespannt und
extrem konzentriert. In jeglicher Literatur wird davor gewarnt, im Dunkeln mit Auto unterwegs zu sein.
Gefühlte aller paar Meter taucht ein Verkehrszeichen mit einem Känguru auf. Was heißen soll:
Achtung, hier können sie jede Minute aus dem Wald hoppeln.
Noch wissen wir nicht, ob wir das ernst nehmen oder uns darüber lustig machen sollen.
Denn auch am zehnten Tag in Australien haben wir noch kein Känguru gesehen!
Erst sehr spät abends... ach nee, es ist ja erst 8pm, aber in Trinity Beach sind die Gehsteige schon hochgeklappt... kommen wir zu
Hause an.
Wir haben ein Traumapartment und gurken den ganzen Tag in der Gegend rum.
Ist das nicht schade?