Von Đà Nẵng nach Huế
Hội An, Đà Nẵng und nun folgt Huế. Alle drei liegen in Zentralvietnam, nur einen Steinwurf voneinander entfernt.
Und alle drei zählen zu den beliebtesten Reisezielen in dieser Region. Natürlich führt Hội An die Riege mit großem Abstand an.
Entsprechend höher sind hier auch die Preise für Taxis. Für uns kommt eh Grab oder die halb so teure Variante, der sogenannte Limousinenbus, infrage. Das sind Kleinbusse mit bequemen Sesseln, die wir im letzten Jahr schon zwischen Hà Nội und Hạ Long genutzt hatten und diese ziemlich gemütlich fanden. Die Fahrt kostet 22 €.
Der Fahrer erscheint pünktlich am Hotel.
Die vier guten Einzelsitze sind schon besetzt. Auch die hintere Bank ist besetzt. Für uns bleibt nur die schmale Bank vorne neben dem Fahrer.
Unser Kofferraum ist proppevoll.
Die großen Koffer werden hineingequetscht. Dafür müssen aber die Passagiere der letzten Reihe ihre Rückenlehne aufrecht stellen.
Der Rest unseres Gepäcks wird im Fahrgastraum verteilt.
Bequem ist anders!
Unterwegs wird sogar noch ein weiterer Fahrgast eingesammelt.
Glücklicherweise ohne Gepäck. Er muss in der letzten Reihe "eingeschichtet" werden.
Es fühlt sich eher nach Viehtransport an. Glücklich ist hier niemand.
Der Fahrstil ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir bislang in Vietnam erlebt haben: ruppig, zu schnell und mit deutlich zu wenig
Blick auf die Straße. Zwei Handys wollen schließlich gleichzeitig bedient werden.
Ich bin echt bedient.
Nach knapp zwei Stunden werden wir als Erste am Hotel abgesetzt und sind heilfroh, dass diese Fahrt endlich überstanden ist.
Nie wieder buche ich so einen Limobus, wenn man den Platz nicht vorab reservieren kann.
Aus dem Alter für solche Transportabenteuer sind wir einfach raus.
Das Pilgrimage Village Resort ist unser
drittes und letztes Resort auf unserer Reise. Es liegt etwas außerhalb von Huế inmitten üppiger Gärten.
Die Anlage erinnert an ein traditionelles vietnamesisches Dorf mit Bungalows und Seerosenteichen. Mindestens vier unterschiedlich große Pools,
zwei Restaurants und mehrere Bars gehören zur Anlage. Außergewöhnlich ist die ruhige Lage und der große Spa-Bereich.
Was will man mehr?
Der Ablauf beim Checkin ist immer der Gleiche: Wir werden platziert, ein Mitarbeiter von der Rezi schnappt
sich unsere Pässe und erledigt die lästigen Formalitäten.
Gleich anschließend werden wir mit Getränken empfangen.
Hier gibt es heißen Ingwertee und ein Schälchen Bananen-Kokos-Suppe.
So lässt sich die schreckliche Anfahrt vergessen.
Wir sind wieder in der gepamperten Welt Asiens angekommen.
Dann kommt Claudia. Sie ist der PR-Manager im Dienst, stammt ursprünglich aus Spanien und beginnt einen netten Smalltalk.
Rainer kann es sich nicht verkneifen ein "¿Cómo estás?" anzubringen.
Anschließend werden wir mit den üblichen Infos bombardiert. Das Resort ist ziemlich groß und so bekommen wir einen Lageplan.
Es besteht aus Zwei- und Dreistöckern und Villas. Da ist das Restaurant, da ist die Bar, da das Frühstücksrestaurant, da der eine Pool,
dort der andere… und alles hat andere Öffnungszeiten...
Das einzige das ich mir merken kann: Frühstücken können wir bis 10:30 Uhr. Endlich ausschlafen!



Und dann kommen die Benefits.
Täglich!!! eine halbstündige Spa-Anwendung für jeden. Wow.
Und jeden Morgen gibt es kostenlose Yoga- oder Tai Chi Stunden.
Ach ja. Eine Happy Hour gibt es auch.
Die Übernachtung habe ich bei Trip.com gebucht.
Für einen Preis, für den ich in den USA nicht einmal eine Nacht in einem Motel 6 bekommen hätte.
Unsere Villa ist eine Poolvilla mit sehr authentischer Einrichtung.
Riesig ist sie. Auf jedes Detail hat man geachtet. Witzig finde ich die Dachschindeln, die ich von innen sehen kann. Jede einzelne ist mit
Intarsien beziehungsweise mit einem Emblem versehenen. Alle Träger sind aus dunklem Tropenholz. Das Bett ist von Säulen umrandet.
Das dient dann nachts als Mückenschutz.
Vergessen hat man die Möglichkeit einer ordentlichen Beleuchtung. In unserem Alter liest man nämlich auch mal Papierbücher.
Und einen Kosmetikspiegel. Aber das sind jetzt Klagen auf sehr hohem Niveau.



Blick auf die Villa vom Pool:

Trotz der enormen Größe der Anlage gibt es leider keine Fahrräder.
Der Weg zur Villa oder der Weg zum Restaurant ist elende lang. Aber ich will nicht meckern. Der Weg ist eine Augenweide - egal wohin man läuft.
Wie so oft sorgen fleissige Gärtner rund um die Uhr damit alles so perfekt aussieht.
Nach dem Frischmachen und einem Cappuccino aus der Nespresso-Maschine laufen wir ne Runde durch das Resort, um einen Überblick zu bekommen. Wären wir nicht in Huế, würde ich sagen: Wir verlassen das Resort nicht. Es ist viel zu schön hier!





Das Spa:
Was aus Drohnensicht schnöde wie eine Unterbrechung der grünen Landschaft aussieht, ist in Wirklichkeit ein wunderschön gestaltetes Areal.
Vier Tage sind wir hier. Und jedes Mal, wenn wir vorbei spazieren - und das tun wir ständig, denn unsere Villa liegt dahinter - kann ich
nicht anders als immer wieder ein Foto zu machen. Aber wie so oft, kommt es auf dem nicht so rüber, wie ich das vor Ort empfinde.






Die vielen Pools sind wunderschön.
Leider ist die Beheizung vor zwei Jahren abgestellt worden. Sprich: Wasser ist saukalt. Da mag man nicht rein. Jedenfalls nicht bei 20 bis 25 Grad.
Abends gehen wir zur Happy Hour.
Hier lernen wir Thanh kennen. Auch eine PR, die uns unaufgefordert nach der Zufriedenheit unseres Zimmer fragt. Wahrscheinlich sollten wir
jetzt überschwänglich schwärmen. Würde wir auch. Wenn da nicht das Badehaus wäre, das uns zum Teil den Blick versperrt.
Es ist einer der teuersten Zimmerkategorien, die man buchen kann. Wir dachten, da könnte man auch etwas nörgeln. Darauf hin verspricht sie
zu versuchen ab morgen eine andere Villa zu organisieren.
Aber eigentlich wurde sie gerufen, weil zwei Gäste - nämlich wir - die Sache mit der Happy Hour nicht verstanden
haben und den Kellner, der grottiges Englisch spricht, mehrfach ungläubig das Gleiche fragen:
Sollen wir tatsächlich beide das gleiche Getränk trinken, um ein einziges Getränk dann kostenlos zu bekommen?
Das soll Happy Hour sein???
Das war bisher in keinem Resort so.
Aber den Chef haben wir nicht verlangt...
Na ja. Thanh regelt das für heute zu unserem Vorteil. Aber morgen müssen wir die reguläre Variante zahlen.
Am Ende ist uns das Ganze dann doch etwas peinlich. Denn die Summen sind lächerlich 🙈
Dafür entscheiden wir uns, das Dinner im Resort-Restaurant zu essen. Das hat dann wiederum westliches Preisniveau.
Bei der Vorspeise haben wir etwas anderes erwartet. Nicht, dass es am Essen etwas zu beanstanden gäbe. Nein. Es ist die unerwartet enorme Größe.
Wer rechnet schon mit einer mehrstöckigen Menagerie?
Wir wären jedenfalls schon nach der Vorspeise satt gewesen.
Aber was soll's. Alles - auch das Rinderfilet, sind ausgesprochen lecker.

Der erste Tag beginnt entspannt. Wir schlafen aus.
Kurz vor Zehn sitzen wir auf einer überdachten Terrasse mit Blick auf ein angestautes Gewässer in dem die ersten Lotusse
im Begriff sind ihre Blüten zu öffnen. Das Frühstück hat Niveau. Es gibt alles, was der westliche und asiatische Gaumen liebt.


Pool direkt neben dem Frühstücksrestaurant:

Auch Thanh ist da. Sie benachrichtigt uns, dass eine neue Villa, die Villa 188, für uns bereit steht.
Wir tauschen noch fix unsere WhatApp Kontakte damit sie für eventuelle Fragen während unserem Aufenthalt immer für uns da sein kann.
Die neue Villa liegt mittig in der Reihe und hat nicht nur einen besseren Ausblick. Nein. Die hat noch auf der überdachten Veranda zwei Liegen. Von denen machen wir in den nächsten Tagen immer Mal Gebrauch.
Drei Tage in Huế sind eigentlich ziemlich knapp bemessen. Es ist der Ort mit der besterhaltenen Historie.
Der Himmel ist leider dicht. Aber es ist angenehm warm.
Unser Hotel liegt nicht mitten in der Stadt. Wie jedes gute Hotel, bietet auch unseres einen Shuttle zu den verschiedensten Attraktionen an.
Aber das ist nun bekanntermaßen nicht unser Ding. Denn sind wir erst individuell einmal auf der Straße, entdecken wir auch Orte, die schön sind
aber in keinem Reiseführer beschrieben stehen.
Wir entscheiden uns Huế und Umgebung auf meine Lieblingsweise zu erkunden. Nämlich mit Moped oder Scooter - wie es neudeutsch heisst.
Gleich gegenüber vom Hotel ist ein Mopedverleih. Hier holen wir unser Schätzchen für die nächsten Tage. Natürlich nebst Helme.
Fahrerlaubnis, Kreditkarte zur Absicherung ist hier überflüssig. Es reicht die Nummer der Villa im Resort.
Unser Ziel am Tag 1 ist die Hauptattraktion von Huế: die Zitadelle.
Aber wir wohnen ja etwas außerhalb der Stadtmitte, also ist erst einmal der Weg das Ziel.
Huế wie es lebt und leibt
Bis zur Zitadelle gibt’s erst mal knapp eine halbe Stunde „nur“ Vietnam pur. So wie ich es liebe!
Ich sitze hinten und bin rasender Knipser – im wahrsten Sinne. Dank moderner Technik kann ich im Vorbeifahren vom fahrenden Moped aus knipsen.
Letztendlich fahren wir ja nicht schnell. Für deutsche Verhältnisse schleichen wir mit knapp 30 km/h durch die Stadt, was perfekt ist.
Denn hier ist einfach alles fotogen: bröckelnde Tore, klapprige Bahnübergänge, Mopeds als vollbepackte Lastwagen.
Kaum schaut man einmal nicht hin, verpasst man das nächste Motiv. Bei manchen ärgere ich mich, dass ich zu langsam bin.
Das muss ich mir für den Rückweg merken. Aber manchmal drehen wir einfach um. Muss sein.











Puh. Ist das nicht beeindruckend?
Nach diesem Einstig ins individuelle Reisen und Erkunden eines Ortes erreichen wir das Zentrum.
Hier steht die Zitadelle. Umringt von einem Wassergraben. Am südlichen Ufer steht dieses Gebilde.
Damit man's nicht vergisst: 2025 ist ja das Jahr der Schlange in Asien.

Huế in Brief
Huế war einst die kaiserliche Hauptstadt Vietnams und gilt bis heute als kulturelles und historisches Zentrum des Landes. Die Stadt liegt am sogenannten Parfümfluss und war einst Sitz der Nguyễn-Dynastie.
Die Nguyễn-Dynastie war die letzte Kaiserdynastie Vietnams und regierte von 1802 bis 1945. Ihr Zentrum war Huế. Hier entstand
die imposante Zitadelle, als Kopie der Verbotenen Stadt in Peking. Verwunderlich ist, dass der Kaiser niemals einen Fuß auf den
chinesischen Boden gesetzt hat.
Nun ja. Auch wir werden das Rätsel nicht lösen.
Unter der Herrschaft der Nguyễn wurde das Land erstmals vollständig geeint. Der letzte Kaiser Bảo Đại bestieg 1926 mit nur 12 Jahren den Thron der Nguyễn-Dynastie, regierte deshalb nur symbolisch unter französischer Aufsicht. Nach seinem Studium in Paris kehrte er zurück. Doch seine Macht wurde erst von den französischen Kolonialherren, später durch die japanische Besatzung kontrolliert.
Während des Vietnamkriegs wurde Huế schwer beschädigt, insbesondere während der blutigen Schlacht von 1968.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Monarchie abgeschafft, Bảo Đại lebte zwischenzeitlich im Exil und kehrte erst 1949 als Staatsoberhaupt
des französisch gestützten Staates nach Vietnam zurück. Er übernahm den Posten als Staatschef - nicht als Kaiser.
1955 wurde er von Ngô Đình Diệm per Referendum abgesetzt und ging endgültig ins Exil nach Frankreich.
Heute ist die Stadt ein Ort mit zahlreichen guterhaltenen Tempeln, Gräbern und Palästen, die vom einstigen Glanz der kaiserlichen Vergangenheit erzählen.
Während unserer Reise fiel uns auf, dass gefühlt jeder Zweite den Familiennamen Nguyễn trägt.
Interessant ist, dass der Familienname „Nguyễn“ der mit Abstand häufigste Nachname in Vietnam ist. Etwa 40 % der vietnamesischen
Bevölkerung trägt diesen Nachnamen. Während der Nguyễn-Dynastie nahmen viele den Namen an um Loyalität zu zeigen.
Die Zitadelle
Gia Long, der erste Kaiser der Nguyễn-Dynastie (es gab ingesamt 13) regierte Vietnam von 1802 bis 1820. Er war der
Gründer des vereinten vietnamesischen Kaiserreichs. Er errichtete die Zitadelle von Huế Anfang des 19. Jahrhunderts.
Das historische Herz der einstigen Kaiserstadt. Die streng symmetrische Anlage mit ihren dicken Mauern und einem Schutzsystem aus Wassergräben
spiegelt den chinesischen Einfluss. Innerhalb der Zitadelle liegt die sogenannte „Purpurne Verbotene Stadt“, einst ausschließlich dem Kaiser und
seinem Hof vorbehalten. Obwohl große Teile im Vietnamkrieg zerstört wurden, vermittelt die Anlage bis heute
einen eindrucksvollen Eindruck von der Pracht und Macht der Nguyễn-Dynastie.
Das zur Info.
Wir sind mit dem Moped unterwegs und vorerst ziemlich unbeleckt, wie man in die Zitadelle gelangt.
Wir fahren also einfach so entlang der Außenmauer, zu dem Tor, das an der Ostflanke steht. Vorher fahren wir
durch andere Tore mit morbiden Charme der alten Zeit.
Am Hien Nhon Gate angelangt deutet eine Mangoverkäuferin an, dass wir hier neben ihrem Verkaufsstand das Moped abstellen könnten. Das tun wir doch gern und spazieren zum fotogenen Tor. Wir freuen uns natürlich darüber, dass es hier so schön menschenleer ist. Das hat aber auch einen Grund. Denn hier kann man keine Tickets kaufen. Zwei Aufpasser achten mit strenger Miene, dass wir auch nicht einfach so reingehen. Das wollen wir ja auch nicht. Was wir anfangs nicht ganz so verstanden haben ist, dass man selbst mit Tickets hier nicht rein darf. Hier ist nämlich nur der Ausgang.

Aber das erfährt Rainer erst am Ticketschalter zum Haupteingang, der sich an der Südflanke befindet. Also holt er mich wieder ab,
wo er mich abgesetzt hat. Allein will er auch nicht die Entscheidung treffen, welches Ticket wir benötigen.
Aber obwohl wir beide vor der Tafel mit den ausgewiesenen Kombitickets stehen, sind wir total überfordert.
Die ersten beiden Dinge, die wir sehen wollen, sind gesetzt. Aber welche Gräber wollen wir noch besuchen? Abgesehen davon,
dass die kurze Lebensdauer der Ngyuen Dynastie dreizehn verschiedene Kaiser hervorbrachte, deren Gräber alle etwas Palastiges und Pompöses haben,
klingen die Namen für unsere Ohren eher gleich.
Letztendlich nehmen wir das Ticket, das alles inkludiert hat, zwei Tage Gültigkeit hat und gerade mal 36€ pro Person kostet.
Ein Plätzchen für das Moped ist schnell gefunden. So ein Gefährt ist echt der Bringer. Nicht nur beim Fahren sondern auch beim
Finden eines Parkplatzes.
Am Ngo Mon Gate ist dann etwas mehr Trubel. Von Überfüllung kann dennoch nicht die Rede sein.
Unter strengen Blicken des Aufsichtspersonals und einzeln durch ein Zähltor passierend gelangen wir in das Innere der Zitadelle.


Die Zitadelle ist ein riesigen Komplex mit einer Fläche von 5.2 Quadratkilometern. Das ist fast doppelt so groß wie der Central Park in New York.
Oder eben so groß wie der einstige Tegeler Flughafen. Es gibt drei Ringmauern:
&nsbp;&nsbp; Kinh Thanh Hue (Zitadelle der Hauptstadt Hue)
&nsbp;&nsbp; Hoang Thanh (Kaiserliche Zitadelle)
&nsbp;&nsbp; Tu Cam Thanh (Verbotene Purpurne Stadt).
Die Mauern sind 6 Meter hoch, 21 Meter dick und beherbergen zehn Eingängen.
Im ersten Innenbereich angekommen fühlen wir uns erst einmal lost.
Wir folgen einfach den anderen.
Vor uns stehen zwei Pärchen in traditioneller Kleidung. Erst denke ich, sie kommen aus einer abgelegenen Gegend,
in der man zu besonderen Anlässen diese Kleidung trägt. Da hilft nur fragen. Tatsächlich erfahre ich,
dass sie die Kleidung ausgeliehen haben, um passend für den Besuch gekleidet zu sein. Sie haben auch einen Fotografen mit,
der sie begleitet. Die Vier treffen wir dann noch sehr oft auf unserem Rundgang.
Und ich muss zugeben: Das hat schon 'was. Jedenfalls für uns. Sie schmücken jedes meiner Bilder.
Übrigens... Das Ausleihen traditioneller Kleidung hat nicht nur in Huế Tradition. Mittlerweile ist es in Asien sehr weit verbreitet.
Es handelt sich dabei nicht um ein völlig neues Phänomen, hat aber in den letzten Jahren deutlich an Popularität gewonnen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele möchten ein besonderes Andenken an ihren Besuch, andere erleben gern ein Stück
vietnamesischer Kultur am eigenen Körper. Die Ausleihe scheint unkompliziert, wie wir am übernächsten Tag erfahren.
Bei einer Umrundung der Zitadelle sehen wir die vielen entsprechenden Verleihe, die diese Kleidung anbieten.
Man kann sogar passende Accessoires wie Hüte oder Sonnenschirme anmieten.
Die Kosten variieren je nach Anbieter, Qualität und Dauer der Ausleihe, bewegen sich aber meist zwischen
100.000 und 250.000 VND, das etwa 3 bis 9 € pro Tag sind.


Der weitere Spaziergang führt uns durch verschiedene Räumlichkeiten der einstigen Kaiser.
Der größte Teil der Zitadelle ist schon rekonstruiert. Klimabedingt wächst hier alles zu. Wir finden es zauberhaft.
Aber ich denke, die Restauratoren finden das nur halb so schön. Denn schnell holt sich die Natur ihr Gebiet zurück.
Schön ist auch, dass alles frei zugänglich ist und sehr gut für die Besucher aufbereitet ist. Hier und da gibt es etwas zu lesen.
Immer wieder kreuzen sich unsere Wege mit diesen zwei jungen Paaren in Traditionskleidung. Normalerweise mag ich nicht die Poser dieser Welt. Aber die hier, sind mir so willkommen!



Morbider Charme an jeder Ecke.
Die Zitadelle von Huế zeigt sich in Teilen restauriert. Richtig gut gemacht. An manchen Orten aber kämpft man noch mit dem Verfall.
Anfangs tue ich mich schwer mit dem Wetter. Es ist diesig und grau. Was zugegeben der Atmosphäre einen besonderes Reiz verleiht.
Ich rede mir dann ein, dass zum gedämpften Licht die bröckelnden Fassaden, die abblätternden Farbschichten, das verwitterte Holz viel besser
passt. Und die starken Farben, die für mich typisch chinesisch sind, kommen sogar noch besser raus.










Hinter der nächsten Mauer liegt der Hồ Ngọc Dịch.
Er wurde im 19. Jahrhundert während der Nguyễn-Dynastie angelegt und diente zunächst als Wasserreservoir für die kaiserlichen Palastanlagen.
Der See ist nicht nur Teil der Garten- und Naturlandschaft, sondern besitzt auch eine wichtige Feng-Shui-Bedeutung. Er sorgt für Ausgleich und
frische Luft im Palastbereich. Sein Wasser speist zudem andere Anlagen, etwa den daneben liegenden Thieu-Phuong-Garten, und trägt so sowohl
zur Kühlung als auch zur ästhetischen Harmonie bei.


Ganz gemächlich setzen wir unseren Rundgang fort.
Vorbei an weiteren Mauern, Toren und kleinen Wasserläufen, die den Palast zu einer weitläufigen Oase machen.







Das Beste zuletzt - sagt man ja.
Am Ende des langen Spaziergangs haben wir das Areal der Verbotenen Purpurnen Stadt (Tử Cấm Thành), die wiederum das Herzstück der
Kaiserlichen Zitadelle (Kinh thành Huế) bildet, erreicht.
Hier steht einer der repräsentativsten Wohnpaläste des letzten Kaisers Bảo Đại, der Kiến Trung Palast (Điện Kiến Trung).
Errichtet zwischen 1921 und 1923 unter Kaiser Khải Định (der zwölfte Herrscher der vietnamesischen Nguyễn-Dynastie), wurde er später zur Residenz
von Kaiser Bảo Đại, dem letzten Monarchen Vietnams. Hier endete 1945 dann die Ära der Nguyễn-Dynastie. Ein Wendepunkt der vietnamesischen Geschichte.

Aus der Ferne ist es ein Palast mit schöner Fassade. Erst vom Nahen sieht man die Liebe zum Detail. Es ist unfassbar schön. Ich "verschieße" viele,
viele Fotos. Aber im Nachhinein ist keins so, wie ich es empfunden habe.
Anders als die übrigen Bauten der Zitadelle zeigt sich der Palast in einem eklektischen Stil. Dies heisst nichts weiter als dass Elemente
aus unterschiedlichen Epochen, Kulturen oder auch verschiedene Stilrichtungen bewusst kombiniert werden.
Bei Kiến Trung Palast trifft vietnamesische Bauweise auf französischen Klassizismus und italienische Renaissance-Elemente. Porzellanmosaike,
Stuckfassaden und fein gearbeitete Gärten spiegeln die europäische Prägung einer Zeit im Übergang.
Im Indochinakrieg 1947 wurde der Palast stark zerstört. Dann lag das Gebäude über 70 Jahre in Trümmern. Erst mit einer umfangreichen Restaurierung ab 2019 wurde das Ensemble Schritt für Schritt wiederaufgebaut. Wir haben echt Glück. Denn der Palast ist erst seit dem Frühjahr 2024 für Besucher wieder geöffnet. Allerdings kann man im Inneren nicht das einstige Ambiente vorfinden.


Nach anderthalb Stunden maximalem Input ist unsere Speicherkarte voll – nicht nur die der Kamera, sondern auch im Kopf.
Voll von Eindrücken, voll von Schönem und Fremdartigem. Voll von so vielen Infos.
Es geht zurück.
Die lange, offene und überdachte Promenade ist gesäumt mit historischen Aufnahmen aus der Zeit der Nguyễn-Dynastie.
Langsam habe ich mich eingegroovt in ihre Geschichte, langsam ergibt sich ein Bild.
Die Porträts der Kaiser und ihrer Familien wirken alle etwas düster. Genau so wie das heutige Wetter.
Man sieht sie bei offiziellen Anlässen, aber auch in privaten Momenten: sitzend auf den Bänken, spazierend unter derselben Promenade wie wir gerade eben.
Für einen Moment fühlt es sich an, als wären wir mittendrin in dieser anderen Zeit.
Die letzten Bilder sind ein Versuch diese Momente visuell mitzunehmen.


Dies ist die letzte Aufnahme in der Imperial City. Ich persönlich bin schwer beeindruckt. Wir haben in Deutschland ja auch schöne Schlösser und Paläste. Wir haben Sans Souci. Wir haben Dresden bis Pillnitz. Ich habe nicht geahnt, dass mich dieser Ort so fesselt. Um so mehr freue ich mich auf das Original: Die Verbotene Stadt in Beijing.

Eigentlich hätten wir am Ende der Besichtigung zum Haupteingang gehen sollen.
Die Wegweiser zeigten jedoch die gleiche Entfernung zum Haupteingang wie zum Ost-Tor – dort, wo wir ursprünglich hineinwollten.
Die angegebenen 400 Meter stellen sich allerdings als völlige Fehlinformation heraus. Ich bin ein wenig am Ende meiner Kräfte.
Dann tangieren uns ein paar Buggys. Rainer hält einen an und bittet um Mitfahrt. Die junge Fahrerin scheint es nicht gern zu tun.
Lässt sich aber überreden. So kommen wir schnell und bequem zum Ost-Tor.
So sieht es also von der Innenseite aus. Auch nicht schlecht.

Dieses Tor, das Cửa Hiển Nhơn war traditionell der Zugang für Zivilbeamte und Gelehrte. Erbaut wurde es im Jahr 1805 unter Kaiser Gia Long, dem ersten Herrscher der Nguyễn-Dynastie. Seither wurde es mehrfach restauriert.
Nun. Zitadelle abgearbeitet.
Unser Moped steht allerdings am Südtor und ich habe schlicht keine Kraft mehr, dorthin zurückzulaufen. Rainer behauptet ja gerne,
er bekäme während unserer Reisen zu wenig Bewegung. Also macht er sich auf den Weg und holt das Moped, um mich hier aufzulesen.
Wir fahren weiter ins moderne Huế. In ein kultiges Café, das wir bereits aus Hà Nội kennen. Die Kette ist in ganz Vietnam vertreten und gehört inzwischen zu unseren festen Anlaufpunkten.


🇻🇳 Cộng Cà Phê
Cộng Cà Phê ist eine vietnamesische Café-Kette, die mit ihrem Retro-Dekor an die 1980er Jahre in Vietnam erinnert.
Diese Zeit war geprägt von sozialistischer Ästhetik, einfachen Möbeln und einem eher nüchternen, funktionalen Stil, der heute oft mit
Nostalgie verbunden wird. Die Einrichtung in den Cafés spiegelt diesen Charme wider, mit alten Plakaten, grünen Stahlmöbeln
und anderen Elementen, die an das Leben in Vietnam vor den großen wirtschaftlichen Veränderungen erinnern.
Und so sind die dominante Farben: Gedecktes Grün und Sepia.
Im Gegensatz zum modernen, internationalen Café-Stil soll's im Cộng Cà Phê etwas Vergangenheit geben.
Einfach mal Atmosphäre wie in früheren Jahrzehnten.



Nicht anders als bei uns 😂
Junge Menschen sitzen im Café und surfen.
Die dicke Kleidung täuscht. Das sieht man schon an der Fußbekleidung. Es sind angenehme 26 °Celsius.

Ja und schon geht es weiter.
Bevor wir das Zentrum verlassen, holen wir uns auf der gegenüberliegenden Seite zwei warme mit Fleisch belegte Bánh mì,
die wir ins Hotel mitnehmen.

Auf dem weiteren Weg geraten wir mitten in den nachmittäglichen Berufsverkehr.
Rainer bleibt gelassen, ich hingegen hoffe nur, dass wir heil wieder rauskommen. Besonders der riesige Kreisverkehr hat es in sich.
Fünf mehrspurige Straßen münden in das weitläufige Oval. Markierte Fahrspuren gibt es nicht. Jeder sucht sich seinen Weg.
Man müsste das mit einer Drohne filmen. Stellenweise sind es sicher zehn Spuren nebeneinander!
Doch schnell stellt sich ein Gefühl der Sicherheit ein. Nebenbei kann ich ein paar Fotos machen.Alle fahren sehr, sehr aufmerksam.
Niemand pocht auf sein Recht. Statt Hupkonzerten und aggressivem Fahrstil, wie es das bei uns gäbe, erleben wir ein einstudiertes Ballett
auf zwei Rädern.
Letztendlich fahren wir bei moderaten 30 km/h.
Nach Bến Tre ist dies Rainers zweite Feuerprobe. Wenn er das geschafft hat - so meine Einschätzung -
können wir uns auch im wuseligen Hà Nội ein Moped ausleihen.




Im Resort angekommen beschließen wir heute nichts mehr zu tun. Genug ist genug. Das Zimmer verlassen wir nur noch um unseren 19-Uhr-Termin im Spa wahrzunehmen.
Morgen ist ein neuer Tag. Und morgen werden wir uns einige der Kaisergräber anschauen.
So geht es weiter
Nach einem fulminante ersten Tag in Huế erkunden wir an den Folgetagen die Königsgräber.
Die Gräber der Kaiser der Nguyễn-Dynastie sind keine Gräber in unserem Sinn. Auch keine schlichten Mausoleen. Es sind mächtige,
teils schlossartige Bauwerke eingebettet in eine Landschaft, die oft ebenso eindrucksvoll ist wie die Bauten selbst.
Uns erwartet viel mehr als wir und vorgestellt haben.