Von Pu Luông nach Hà Giang

Der Fahrer erweist sich als echter Glücksgriff. Die vielen serpentinenartigen und teils schmalen Straßen fährt er hervorragend. Ganz ohne quietschende Reifen, meine ich.
Und auch mit dem Auto haben wir Glück: Eine flüsterleise Hightech-Sänfte, geräumig und extrem bequem.
Auf dem Lenkrad prangt nur ein schlichtes „V“ 🤔 . Sagt uns erst einmal gar nichts. Wir tippen auf einen Chinesischen.
Doch ein Blick auf die Fußmatte bringt die Auflösung. "Vinfast" steht da geschrieben.
Schnell mal gegoogelt und gucke da: Vinfast ist ein vietnamesischer Autohersteller! Ah ja.
Unser Modell heißt VF9 und ist das größte Fahrzeug der Marke. In Deutschland gibt es die Wagen ebenfalls, allerdings nur in kleinerer Ausführung. Wer hätte gedacht, dass Vietnam auch Autos kann?

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Drei Ladepausen für das E-Auto sind nötig, jeweils dauert es etwa eine halbe Stunde.
Bei der ersten Pause schauen wir uns in der Markthalle neben der Tankstelle um. Ihre besten Zeiten hat sie längst hinter sich. Ein Schuhladen wirbt mit den größten Sandalen der Welt. Hm. Wenn ich meinen Fuß zum Vergleich daneben stelle, könnte es tatsächlich stimmen.

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Pause Nummer zwei ist ein typischer Stopp für Überlandbusse. Wir kreuzen hier die Schnellstraße von Hà Nội nach Sapa.
Unser Fahrer nutzt die Gelegenheit zum Mittagessen, während wir uns die Beine vertreten. Das Speiseangebot spricht uns nicht wirklich an, und auf Experimente haben wir keine Lust. Also greifen wir zu zwei Bananen und einer kleinen Tüte Gemüse-Chips. Das reicht uns.

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Unser Fahrer spricht kein Wort Englisch, Gespräche sind daher schwierig. Das Wenige, das wir wissen möchten, lassen wir den Übersetzer vorlesen. Ich frage mich, wie es wohl ist, so viele Stunden mit Fremden zu fahren, ohne ein Wort zu wechseln.
Die ganze Zeit läuft vietnamesische Musik. Meist balladenhaft und durchaus aushaltbar. Insgesamt sind wir mit dieser Fahrt sehr zufrieden. Wir sitzen komfortabel, die Aussicht ist wunderbar, und seine Fahrweise ist absolut tadellos.

Kurz nach halb sechs erreichen wir Hà Giang.
Übrigens spricht man es „Ha Gang“ aus. Das „G“ klingt wie eine Mischung aus sch und dem zweiten g aus „Garage“, und das i verschwindet einfach ganz.

Die Skybay Lodge ist eine recht große Anlage mit Bungalows, Zimmern und einem dekorativen großen aber etwas speckigen Pool.
Unser Bungalow ist riesig, sauber jedoch recht spartanisch eingerichtet.
Der Übernachtungspreis ist mit 20€ wirklich die preiswerteste Unterkunft auf der gesamten Reise. Denn das Geschäftsmodell dieser Familie ist nämlich nicht die Unterkunft, sondern die Vermittlung der Fahrten auf dem Ha Giang Loop.

Ursprünglich habe ich vier Nächte hier eingeplant. Das hing damit zusammen, dass ich bei der Planung noch nicht genau im Bilde war, wie wir die Hauptattraktion dieser Gegend, den Hà Giang Loop, erkunden werden. Es gibt nämlich viele Möglichkeiten. Dazu kommt, dass diese Gegend hier im Norden Vietnams ziemlich regnerisch ist. Deshalb wollte ich mit vier Nächten einen Puffer einbauen.

Skybay Lodge Hà Giang,Vietnam2025,born4travel.de
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Wir haben den Gartenblick gebucht. Gucken aber auf eine Abgrenzung zum Nachbargrundstück. Ein fast vertrockenener Bach trennt uns bis zum nächsten Gebäude. Da ist nämlich ein Teil mit Planen abgedeckt und ein Teil ist der offene Hühnerstall. Um die Ecke befindet sich ein weitläufiges Gelände mit einem Anbaufeld. Sehr schön anzusehen.

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Am Abend treffen wir unsere Kontaktperson Winni. Natürlich heißt sie eigentlich nicht so, aber sie meint, wir könnten ihren richtigen Namen ohnehin nicht aussprechen. Also gut, Winni.

Mit ihr habe ich schon vor der Anreise viel über WhatsApp kommuniziert. Vor allem über die Frage, wie wir den Loop bereisen wollen. Eigentlich möchten wir uns ein Motorrad ausleihen. Doch das geht hier nicht einfach so. Man kann nur als Sozius bei dem hier sogenannten Easy Rider mitfahren oder eben in einer Gruppe hinterherfahren. Beides ist nicht das, was wir uns vorstellen.
Einen Jeep kann man ebenfalls nur mit Fahrer mieten. Also sind wir unsicher. Genau wie beim Wetter, denn die Vorhersage für morgen sieht eher düster aus.
Nach langem Hin und Her entscheiden wir uns schließlich wegen meiner bekannten Rückenprobleme für die Alte-Leute-Variante: Einen Jeep mit Fahrer und Guide. Bequem und gepolstert statt hart und wackelig auf dem Motorrad.

Am restlichen Tag unternehmen wir nichts mehr.
Traditionell essen wir am ersten Abend im Hotelrestaurant.
Eigentlich wollen wir draußen sitzen, mit Blick auf den Pool.
Doch die Mücken treiben uns ins Innere.
Das Essen ist köstlich – gekocht von der Chefin persönlich. Allerdings fragen wir uns, ob wir die einzigen Gäste sind. Wir verbringen den gesamten Abend jedenfalls allein.

Skybay Lodge Hà Giang,Vietnam2025,born4travel.de
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Tag 2 in Hà Giang:

Zum Frühstück gibt es wie immer Westliches für Rainer – und für mich natürlich Phở.
Besser kann mein Tag nicht beginnen.
Wir sind noch nicht einmal fertig mit Anziehen, da fängt es schon an zu regnen.

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So vertrödeln wir den „freien“ Tag vor der zweitägigen Loop-Fahrt.
Erst als es endlich aufhört, leihen wir uns ein Moped und fahren zu einem nahegelegenen Wasserfall. Weit kommen wir allerdings nicht, denn schon fängt es wieder an zu nieseln. Boa. Schnell sind wir uns einig: Im Regen weiter zu fahren, macht so gar keinen Sinn. Deshalb zögern wir nicht lange und suchen schnell einen Massagesalon. Zufälligerweise befindet sich der bei Google als Favorit markierte direkt gegenüber. Das Schöne in Vietnams Salons: Man braucht keinerlei Reservierung. Man kommt einfach vorbei, und die mögliche Wartezeit wird mit einer Tasse Tee überbrückt.
Nach so einem Verwöhnprogramm des Durchwalkens fühlen wir uns wie neugeboren.

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Meine Impressionen von Hà Giang sind alle während der Fahrt gemacht.
Es ist keine Stadt, die man unbedingt gesehen haben muss. Der Schatz, warum so viele herkommen, scheint sich vor der Stadt zu befinden.

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Mittlerweile haben sich auch die Wolken verzogen, und es geht zu einem hippen Cafe Núi Cấm weit oben am Berg.

Cafe Núi Cấm

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Wir verlassen zunächst die Hauptstraße Nguyễn Trãi und stechen linkerhand in die Đường Lê Thánh Tông. Es fühlt sich falsch an, weil wir zunächst in eine Wohngebietsstraße fahren. Ausgeschildert ist hier nichts. Die Đường lên núi Cấm ist dann der Zubringerweg, der rechterhand in einem 350°Winkel gleich mit einer recht steilen Steigung beginnt. Der Weg ist so steil, dass unser Scooter mit uns als seinen Insassen schwer zu tun hat. Aber er schafft es ✌🏻

Oben angekommen gibt es nicht nur ausgezeichneten vietnamesischen Kaffee, sondern auch einen Traumblick auf die Stadt, die von oben fast schon liebenswert wirkt.

Das Café Núi Cấm, auf halber Höhe des Berges namens Núi Cấm ist direkt über Hà Giang gelegen. Seine Einrichtung fällt aus dem Rahmen. Es gibt verschiedenste Sitzgelegenheiten. Da stehen zum Beispiel ein ausrangierter Bus, mehrere höhenversetzte Terrassen mit Glasgeländer und Hängenetze, in die man sich reinlegen kann. Die spektakuläre Panorama-Aussicht auf die Stadt und das Tal ist schon besonders.
(Wir werden hier in zwei Tagen nochmals herkommen. Die Bilder sind also von beiden Aufenthalten)

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Zum Abschluss unseres Gammeltages gönnen wir uns eine Pizza, so gut, als hätte ich sie gemacht.
Bruschetta und Spaghetti runden das Ganze ab.
Ein Festmahl, das mal so richtig gutgetan hat. Nach all den Tagen vietnamesischer Küche darf es jetzt auch mal etwas Bekanntes sein. Und solche italienische Klassiker gehen immer.


Heute soll nun das große Abenteuer Hà Giang Loop starten.
Irgendwie fühle ich mich nicht topfit. Mein Rücken auch nicht. Kurz überlege ich, ob ich das Ganze absagen soll. Ich schiebe es dann aber auf das etwas zu weiche Bett. Denn auch Rainer spürt Zipperlein. Auf die Schnelle behelfe ich mir dann mit einem Stützgurt. Das wird schon!

Pünktlich steht unser Jeep auf dem Hof. Das wird wohl unser sein. Hm, er sieht anders aus als auf den Fotos der Website. Es gibt keine Türen, einzig der Gurt soll mich vor dem Rausfallen schützen. Das auf US-Army getrimmte Fahrzeug ist mit allerlei Gimmicks ausgestattet. Anfangs glauben wir, es sei ein Wrangler. Recht bald wird klar: Das ist ein Fancy Fake Wrangler. Für die Rückbank gibt es gleich gar keine Tür. Deshalb nehme ich vorn Platz und Rainer hinten. Aber dann erscheint noch der junge Guide. Der soll auch noch hier rein? Na gut – er muss hinten sitzen. Ich will die freie Sicht haben.

Das große Abendteuer beginnt kurz nach Neun. Bei leicht trübem Wetter bei sehr angenehmen 25 Grad. Jacken sollen wir dennoch mitnehmen, denn oben soll es kühl sein, meint Winnie. Und damit verabschiedet sie sich und wünscht uns eine schöne Zeit.

Hà Giang Loop - Tag 1

Der Hà Giang Loop ist eine spektakuläre, kurvenreiche Rundstrecke von etwa 350 Kilometern Länge im Hochgebirge Nordvietnams. Die Route führt durch das Dong Van Karst Plateau, einem UNESCO-Geopark, der zwischen 1.000 und 1.600 Metern Höhe liegt. Zerklüftete Kalksteinfelsen, tiefe Täler und Pässe wie der berühmte Mã Pí Lèng – einer der eindrucksvollsten Abschnitte Vietnams – prägen das Bild. Hier oben leben verschiedene Bergvölker wie die H’Mông, Tày, Dao, Nùng, Lachi und Lo Lo, die ihre eigene Kultur, Sprache und Architektur bis heute bewahrt haben.
Das nur zum Allgemeinwissen.

Und das ist die Strecke, die wir fahren werden:

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Wir verlassen Hà Giang in nördlicher Richtung und folgen auf der heutigen Route der Schnellstraße QL4C.
Gleich hinter der Stadt wird es ländlich und herrlich grün.
Das Wetter hält sich – und solange es nicht regnet, will ich nicht klagen.

Unser fahrbarer Untersatz entpuppt sich schnell als kleines Überraschungspaket:
Das merken wir spätestens jetzt, als die Straße ihre ersten Unebenheiten zeigt. Die Sitze sind zudem von einer Qualität aus der untersten Schublade. Ein "Jeep" ohne Türen, ohne Stoßdämpfer und mit Sitzen, die sich wie ein Schaumstoffkissen auf einem Holzbrett anfühlen.
Na, Halleluja… das verspricht ja ein gemütliches Vergnügen zu werden.
Aber noch überwiegt die Faszination für das, was wir unterwegs sehen.

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Schon bald wird es bergiger. Die ersten Steigungen und Kurven, nicht selten enge Kehren, bringen das Auto zum Krächzen und an seine Grenzen.
Der Motor klingt immer öfter seltsam.
Anfangs schaue ich noch jedes Mal zum Fahrer und unterstelle ihm gedanklich, er wolle viel zu niedertourig den bevorstehenden Anstieg fahren.
Doch dann fällt mir noch etwas auf: Er kommt mit seinen Badelatschen gar nicht richtig an die Pedale. Sie hängen lose an seinen Füßen, und er kann die Pedale nicht bis zum Boden durchdrücken. Entweder sitzt er zu hoch oder seine Beine sind zu kurz.

Nach einer Weile sind Rainer und ich uns jedoch einig: Es liegt nicht an seinem Schalten, sondern schlicht an den fehlenden Pferdestärken unseres Wagens. 60 PS hat das Auto erzählt uns stolz der Guide. Und die Firma hat schon einen zweiten davon bestellt. Weil die Gäste so begeistert sind.
Tatsächlich ist unser Auto bei jedem Halt das meistfotografierte Vehikel.
Und wahrscheinlich werden wir sogar noch beneidet. Wenn die wüssten, wie sich das Teil wirklich fährt...
Jedenfalls bequem ist etwas anderes 😐

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Schon bald erreichen wir eine Höhe von etwas mehr als 1.100 Metern.
Die Sonne lässt sich aber auch hier nicht blicken. Schade einerseits. Andererseits haben die wabernden Nebelschwaden, die zwischen den Karstfelsen hängen, auch ihren Reiz.

Immer wieder gibt es kurze Stopps zum Schauen und Fotografieren. Und auch wenn es so wirkt, als wären sie willkürlich, sind es stets die gleichen Aussichtspunkte, an denen alle halten. Mit „alle“ meine ich die Armadas von Motorradgruppen, die in langen Reihen hintereinander herfahren.

An den Raststätten kann man konsumieren. Allerdings drängelt hier niemand, es unbedingt zu tun. Die Verkäufer sind freundlich, aber zurückhaltend. Hier sitzt zum Beispiel eine junge Frau, die kleine Häppchen Grillwurst anbietet.

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Insgesamt führt uns die Fahrt durch eine außergewöhnlich schöne Landschaft.
Ich liebe einfach den Anblick dieser Karststeine und kann nicht genug davon bekommen, selbst bei diesem Wetter.
Bisher nahm ich an, dass es solche Formationen nur in der Vịnh Hạ Long oder als Landvariante in der Region Ninh Bình gibt. Aber reisen bildet eben.
Die Karstlandschaft erstreckt sich nicht nur über Hà Giang, sondern zieht sich auch über die Grenze nach China, in die Guangxi-Zhuang-Autonomieregion. Auf vietnamesischer Seite ist das Gebiet etwa 2.300 Quadratkilometer groß.
Das gesamte Karstgebiet, das sich von Vietnams Hà Giang bis nach Guangxi erstreckt, ist Teil des weltbekannten „Guilin-Lijiang Karstgebietes“, das etwa 50.000 Quadratkilometer umfasst. Wahnsinn!

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Die wahre Größe dieser mächtigen Karstlandschaft erkennt man am besten im Vergleich mit etwas Vertrautem. So wie hier: Die Straße mit ihren LKWs wirkt winzig und beinahe zierlich.

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Reisfelder gibt es so gut wie keine. Wenn überhaupt, dann sind die Terrassen mit Mais bepflanzt.

Wir durchfahren kleine Siedlungen und Dörfer.
Die schroffe Landschaft ist alles, was die Menschen hier haben. Selbst im Vorbeifahren erkenne ich, wie hart sie mit einfachsten Werkzeugen arbeiten. Auch Frauen und Kinder.
Schwere Körbe voller Gras oder sonstiges Grünzeugs werden auf dem Rücken geschleppt, oft an steilen Hängen, wo sie mühsam mit den Händen gesammelt werden. Es wirkt alles andere als ungefährlich.

Viele gehen die langen, teils steilen Wege zu Fuß. Mopeds sind selten und wenn, dann fast ausschließlich von Männern gefahren. Ganz anders als in dem Vietnam, das wir bisher erlebt haben.
Kinder sind oft allein unterwegs, tragen ihre jüngeren Geschwister auf dem Rücken oder klettern die Hänge hinauf, um Zweige und Geäst zu sammeln. Futter für die Tiere, erklärt unser Guide.

Es tut fast weh mit anzusehen, wie selbstverständlich Kinder hier in die familiären Pflichten eingebunden sind. Die Menschen hier leben in sehr einfachen, oft ärmlichen Verhältnissen.
Um ehrlich zu sein, das habe ich in Vietnam nicht erwartet.

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Es ist Dreiviertel zwei, als wir Yên Minh erreichen. Die Stadt liegt auf etwa 1.000 Metern Höhe und ist ein von den Agenturen vorgesehener idealer Zwischenstopp für eine Mittagspause auf der Strecke des Hà Giang Loop. Das Restaurant wirkt wie eine große Garage, und wir sitzen in Reihen auf Biergartenbänken.
Unser Guide Lu bestellt viele verschiedene Gerichte. Für vier Personen scheint es zunächst viel zu viel zu sein. Oder doch nicht?
Zuerst erklärt er uns, wie ein Einheimischer seinen Teller belädt: Immer zwei Löffel Reis, nicht ein oder drei – genau zwei. Dann nimmt man sich ein wenig von allem, was man mag. Später kann man natürlich noch mehr Reis „nachladen“.
Am Ende muss ich zugeben, dass alle Teller leer geputzt sind. Und dennoch fühlen wir uns nicht übersättigt.

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Gerade als wir losfahren, traut sich die Sonne so langsam raus.
Die weitere Fahrt tut meinem Rücken so gar nicht gut. Die Strecke ist voller Anstiege und Abschnitte mit starkem Gefälle. Dazu kommen sehr enge Serpentinen. Der Reifenabrieb stinkt, und die immer heißer werdende Mittelkonsole verwandelt unser Trinkwasser in Kochendwasser.
Der schwache Motor macht sich bemerkbar. Es kommt manchmal zu sehr beängstigenden Momenten. Zum Beispiel, als wir nach einer kurzen Pause wieder losfahren wollen und statt nach vorn immer weiter nach hinten rollen. Immer wieder geht der Motor aus. Boa…
Hätten wir vielleicht hier schon intervenieren sollen? Ja. Aber wir haben es nicht getan.
Zeitweise warte ich auf den Moment, bis das Auto ne Grätsche macht. Denn mit vier Personen ist es eigentlich überlastet. Leider tut mir das Auto nicht den Gefallen.

Der nächste Stopp findet nach einer spektakulären Durchfahrt durch eine Senke statt.

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Es ist ein typischer Pinkelpausenstopp. Zig Motorradfahrer machen auch hier Pause.
Es gibt ein Café und recht viele Kioske mit Andenken. Eine zusätzliche Einkommensquelle für die Menschen in dieser Gegend. Mädchen tragen riesige Körbe auf dem Rücken mit Blumen, die sie in der kargen Landschaft gesammelt haben.
Für die ganz Kleinen hat jetzt niemand Zeit. Und die sind erstaunlich genügsam. Kein Nölen. Kein Weinen. Sie entdecken die Welt auf ihre Art.

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Schon bald beleuchtet die Sonne die Landschaft. So wie man das als Besucher mag.
Hier befinden wir uns laut meiner Watch auf 1.350 Höhenmetern.

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Die nächste Pause findet am Vuong Castle statt.
Der Ablauf folgt immer dem gleichen Muster. Wo viele Besucher anhalten – es sind ausschließlich Motorradfahrer und einige wenige Autofahrer, aber keine Busladungen – gibt es ein paar Kioske mit Andenken, ein Bistro oder ein Café und natürlich Mädchen mit ihren riesigen Blumenkörben. Ganz ehrlich frage ich mich, wer das eigentlich kauft. Unterwegs auf einer Landschaftstour mit dem Motorrad kann man schließlich keinen Blumenstrauß in der Hand halten. Zumal alle, die hier unterwegs sind, heute Abend nahe der chinesischen Grenze übernachten werden, um morgen den Loop zu schließen.

Das Schloss guckt sich Rainer allein an.
Mein Zustand ist erbärmlich. Ich kann nicht mehr laufen.
Das unbequeme Sitzen, das Rütteln des Möchtegern Jeeps, zeigt nun die ersten Zeichen. Mein Rücken schreit. Nichts geht mehr. Ich lege mich auf eine Bank und hoffe der Schmerz vergeht. So kann ich nicht weiter fahren.

Vuong Castle

Das Vuong Castle, auch bekannt als Schloss des Königs der Hmong, ist ein beeindruckendes architektonisches Erbe und wurde 1993 als nationales Kulturdenkmal anerkannt. Es kombiniert die traditionelle Architektur der chinesischen Qing-Dynastie mit der einzigartigen Bauweise der Hmong und ist aus Materialien wie Kalkstein, Eisenholz und Yin-Yang-Dachziegeln gebaut, die aus Yunnan, China, hergebracht wurden.

Der Bauherr, Vuong Chinh Duc (1865–1947), war ein einflussreicher Hmong-Führer, dessen Herrschaft das Dong Van-Plateau maßgeblich prägte. Er wurde im Alter von 30 Jahren zum Führer der Hmong im Gebiet von Sa Phin - Pho Bang ernannt und baute seine Macht durch den Anbau und Handel mit Opium sowie Kämpfe gegen lokale Großgrundbesitzer, die Qing-Dynastie, die Franzosen, die Japaner und die chinesische Kuomintang aus.
Der Bau des Schlosses begann 1919 und dauerte acht Jahre.
Es symbolisiert Reichtum und seine politische Macht, die mit dem Vertrag von 1913 ihren Höhepunkt erreichte.

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Bevor wir losfahren, sprechen wir Lu auf meinen Zustand an. Wir möchten am liebsten zurück oder zumindest so schnell wie möglich zur heutigen Unterkunft. Er informiert sofort seinen Chef über unsere Unzufriedenheit mit dem Auto. An jeder Kurve – und davon gibt es Hunderte – muss ich mich wegen der fehlenden Türen an einem Gurt festkrallen. Es ist unglaublich anstrengend und nervenaufreibend, keinen Halt im Sitz zu haben.
Sein Chef lehnt eine Rückkehr ab. Bis zum heutigen Ziel sei es nicht mehr weit.
Das will ich mal glauben und lasse mich vertrösten und versuche, die unglaublich fantastische Landschaft zu genießen, die mir hilft, den Schmerz ein wenig zu vergessen.

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Als wir schließlich ein großes Haus erblicken, vermuten wir, dass wir am Ziel angekommen sind. Die Auffahrt ist steil, und unser völlig ungeeignetes Auto schafft es nicht einmal, den Berg hinaufzukommen. Also müssen wir aussteigen und zu Fuß laufen. Was unsere schlechte Laune nur noch verstärkt. Am Eingang angekommen, wundern wir uns über die fehlende Rezeption. Doch dann sehen wir den strahlenden Lu. Er erklärt uns, dass der "Owner" uns als Entschädigung für das miserable Auto eine „Shower in a Spa“ spendiert. Eine Dusche? Hm. Wir sind irritiert. Zwei Frauen holen uns ab, überreichen Badelatschen und führen uns in einen dunklen Raum mit hölzernen Sitzbadewannen. Das Ganze wirkt etwas seltsam und wir wissen zunächst nicht, was wir hier eigentlich machen sollen. Im Nebenraum dampft es. Es ist eine Feuchtsauna. Dann lässt sie Wasser in die Badewannen. Kräftig aromatisiert und mit einem wunderbaren Kräuterduft. Die Dame deutet auf die Uhr: eine Stunde Zeit. Ah. Ok. Die Sauna ist nichts für mich, aber der heiße Dampf zieht ohnehin herüber. Rainer bleibt vorerst in der Sauna. Ich aber steige in das duftende Kräuterbad. Es ist eine echte Wohltat nach diesem Tag.

Draußen wartet schon Lu, auch er hat eine „Dusche“ geschenkt bekommen.
Wir sitzen zusammen auf einer überdimensionalen Bank. Während Rainer wie immer länger braucht.
In der Zwischenzeit spiele ich mit einem kleinen Mädchen, das offensichtlich hier lebt. Sie ist gut gelaunt. Trotz ihres starken Schnupfens. Sie lacht, hustet und will Körperkontakt. Ich versuche Abstand zu halten. Doch das ist unmöglich. Hoffentlich fange ich mir nichts ein, zu meinem Rückenproblem passt eine Erkältung nun wirklich nicht.

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Schließlich erreichen wir Đồng Văn kurz vor Sechs. Hier befindet sich nun wirklich unsere Unterkunft. Der Eingang wirkt schlicht, doch dahinter verbergen sich kleine Hütten, modern eingerichtet und mit bodentiefen Fenstern, die den Blick auf die Berge freigeben. Wäre mein Zustand besser, wären wir begeistert.

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Nach dem Check-in falle ich nur noch aufs Bett. Auch Rainer ist erschöpft. Am Abend führen wir eine lange Diskussion mit Lu: Wir bestehen auf einem anderen Auto, so wie es in den Prospekten gezeigt wird. Er verspricht, mit dem Besitzer zu sprechen, doch die Chancen stehen schlecht.

Kurz vor sieben klopft Lu an unsere Tür. Er möchte uns zum Abendessen abholen, doch wir lehnen ab. Das versteht er nicht und versucht uns zu überreden. Irgendwie tut er uns leid. Er tut sein Bestes. Aber wir sind zu keinem neuen Abenteuer mehr bereit. Wahrscheinlich sollen wir mit dieser Krücke von Auto zum Restaurant. Das wollen wir beide nicht mehr. Später kommt er noch einmal, erkundigt sich nach meinem Befinden, richtet Grüße vom Besitzer aus und überreicht uns eine Tüte mit Fertigsuppe, Obst und Süßigkeiten. Eine nette Geste. Doch die Enttäuschung über den Tag bleibt.

Am Ende des Tages beschließen wir, dass wir morgen definitiv nicht mehr in dieses Auto steigen!