Von Sài Gòn nach Nha Trang

Die Fahrt zum Flughafen zieht sich heute länger als gedacht. Die Straßen sind richtig voll, und unser Fahrer wirkt zunehmend nervös.
Ich verstehe ihn – der Verkehr in Ho-Chi-Minh-Stadt ist wirklich eine eigene Welt. Aber wir bleiben ganz ruhig.
Wir haben genug Zeitpuffer eingeplant, kein Grund zur Panik.
So können wir ganz entspannt aus dem Fenster schauen und das Leben draußen beobachten.
Was mir besonders auffällt: Wirklich jeder auf dem Roller – Fahrer und Mitfahrer – ist komplett eingepackt. Lange Kleidung, Maske, Handschuhe.
Und das bei 34 Grad! Selbst die Handys sind teilweise mit Stoffhüllen oder kleinen Schirmen geschützt – Sonnenbrand
für Displays scheint hier ernst genommen zu werden.
Ich frage mich kurz, wie man es bei dieser Hitze so aushält – und komme gleichzeitig nicht drum herum zu bewundern,
wie gut organisiert und durchdacht viele Dinge hier sind.
Am Domestic Terminal des Tan Son Nhat International Airport angekommen, läuft dann alles erstaunlich schnell. Schon beeindruckend, dass dieser Flughafen mitten in der Stadt liegt – und trotzdem der größte des Landes ist. Neben dem Airport in Hà Nội ist er auch einer der wichtigsten internationalen Knotenpunkte in Südostasien.
Heute fliegen wir Business Class. Der Aufpreis war so klein, dass wir einfach dachten: Warum eigentlich nicht?
Und ich muss sagen: Es lohnt sich. Priority-Schalter, kein Warten an der Sicherheitskontrolle – und zack, schon sitzen
wir in der Lotus Lounge.
Die Lounge ist riesig. Das Buffet sieht richtig gut aus, und die Sessel laden zum Versinken ein.
Nur leider vergesse ich, ein Foto zu machen – wie so oft.
Und vom Buffet nehmen wir auch kaum etwas. Ein paar Minitörtchen vielleicht, mehr nicht.
Wir sind einfach noch vom Frühstück satt.
Später werde ich mir wünschen, ich hätte doch noch ein paar Frühlingsrollen oder wenigstens Nudeln probiert…

Der Flug dauert gerade einmal 41 Minuten – also kaum Zeit, sich überhaupt in der Luft zu fühlen.
Die Business-Class-Sitze in der A321 von Vietnam Airlines sind eher bequeme Fernsehsessel als Flugzeugsitze.
Aufrecht sitzen? Fehlanzeige. Diese Funktion scheint hier gar nicht vorgesehen zu sein.
Ich muss grinsen, wenn ich daran denke, wie bei Lufthansa die Flugbegleiterin durch die Kabine marschiert und mit Argusaugen
jeden einzelnen Zentimeter der Rückenlehnen kontrolliert. Nicht so in Vietnam. Hier liegt man halt einfach – Start hin oder her.
Dass wir in der Lounge kaum etwas gegessen haben, erweist sich wenig später als Fehler.
Wir gingen davon aus, dass es an Bord noch etwas gäbe – ein kleines Menü vielleicht, oder wenigstens ein Glas Prickelwasser.
Aber nein. Zu kurz der Flug, zu wenig Zeit. Essen? Fehlanzeige. Champagner? Schön wär’s.
Und so sitzen wir da, leicht hungrig und ein bisschen enttäuscht – und retten uns mit einem kühlen Bier.
Na hoffentlich checkt das niemand bei LH 🙈
Eigentlich hätte ich gern aus dem Fenster geschaut – die Aussicht genossen, ein bisschen über die Landschaft geträumt.
Aber die Fenster? Komplett zerkratzt. Als hätte jemand mit einer Gartenharke drübergezogen.
Trotzdem lässt sich beim Landeanflug etwas erkennen: Strände, die aussehen wie frisch aus dem Urlaubskatalog, gefallen.
Heller Sand, türkisblaues Wasser – als würden wir gleich direkt in eine Postkarte fliegen.


Nha Trang empfängt uns mit einem zart bewölkten Himmel – und überraschend frischen 26 Grad.
Es fühlt sich fast ein bisschen kühl an, was wir nach den letzten Tagen gar nicht mehr gewohnt sind.
Am Flughafen warten wir vergeblich auf das Taxi, das ich über das Hotel bestellt hatte. Und während wir da so stehen und suchen,
ärgere ich mich ein wenig. Jetzt, wo wir das vietnamesische Transportsystem verstanden haben, weiß ich: Das nächste Mal buche ich einfach direkt
über die Grab-App. Geht schneller, ist günstiger – und man weiß, woran man ist.
Viele WhatsApp - Mitteilungen später taucht der Fahrer samt Taxi dann doch auf.
Die Fahrt in den südlichen Teil von Nha Trang führt uns an einer angenehm grünen Landschaft vorbei – Palmen, sanfte Hügel, ein paar vereinzelte Resorts.
Als wir schließlich vor einem riesigen Hochhaus stehen, bekomme ich die nächste WhatsApp-Anweisung:
Ich soll „Emma“, unserer Kontaktperson, ein Foto schicken, wo genau wir stehen – damit sie uns begrüßen kann.
Willkommen in der modernen Welt des Reisens: Kein klassischer Empfang mehr an der Rezeption, sondern Standortfreigabe per Selfie. 😉


Die Lobby ist riesig. Wirklich riesig. Es gibt mehrere Rezeptionen, Menschen laufen geschäftig umher – aber keine Spur
vom gebuchten Hotel: HorizonBeach Center.
Alles wirkt irgendwie seltsam. Fast ein bisschen… dubios?
Für einen Moment überkommt mich der Gedanke: Sind wir etwa auf einen Betrug reingefallen? Andererseits – Vietnam wirkt bislang so organisiert
und freundlich, das passt irgendwie nicht ins Bild. Trotzdem: Ich grüble.
Vielleicht erklärt das auch, warum das Hotel schon zwei Wochen nach der Buchung nicht mehr stornierbar war. Und warum ich in den letzten Tagen
über WhatsApp mit Infos, Fragen und Erinnerungen bombardiert wurde. Irgendwie war das alles schon merkwürdig aktiv.
Doch Emma, unser Kontakt, lässt weiter auf sich warten. Ich sehe uns schon mit unseren Koffern durch Nha Trang irren
auf der Suche nach einer spontanen Ersatzunterkunft.
Dann endlich: Ein zartes Persönchen taucht auf und stellt sich als unsere Betreuerin vor.
Auf meine Frage, ob sie Emma sei, reagiert sie nicht. Ein freundliches Gesicht und ein Stapel Schlüsselkarten in der Hand.
Auf meine Nachfrage, warum das Hotel keine Rezeption habe, kommt eine eher beiläufige Antwort:
Der Eigentümer habe gewechselt. Aha. Das erklärt wohl… nichts – aber gut.
Einen Empfang, wie wir ihn bisher erlebt haben – mit kühlen Tüchern und einem Signature Drink – sucht man hier vergeblich.
Stattdessen: Ein Check-in im Stehen, mitten in der trubeligen Lobby, umgeben von hustle and bustle. Alles wirkt ein bisschen provisorisch.
Fast schon konspirativ.
Sie prüft unsere Daten, macht Fotos – nur zur Sicherheit, sagt sie. Auch die physische Kreditkarte will sie sehen. Die, die seit zehn Tagen
gesperrt ist. Ich warte innerlich schon auf die Diskussion – aber nichts passiert. Sie vergleicht nur die Nummern und dann geht’s ab in die
32.Etage.
Ich leide nicht an Höhenangst, aber der Blick in den Innenhof ist furchterregend.

# HorizonBeach Center
Das Apartment A3215 ist riesig. Der Balkon eher ein Französischer. Aber der Ausblick ist genial.
Letztendlich bin ich nach dem seltsamen Empfang wieder im Frieden mit allem.




Anders als Rainer kann ich mich mit dieser Skyline aus Hochhäusern einfach nicht anfreunden. Ich weiß nicht genau, warum – aber dieser Anblick
ist für mich fest mit Waikiki verknüpft. Dort passt es irgendwie. Hier, in Vietnam, wirkt es fehl am Platz.
Ich wollte mehr sehen als die typischen, vietnamesischen Orte. Auch die Ecken, um die man sonst lieber einen Bogen macht.
Und Nha Trang? Nun ja… eine Betonwüste an einem atemberaubend schönen Küstenabschnitt. Das tut fast ein bisschen weh.
Unsere Reisetage laufen immer nach demselben Muster ab: Erst mal ankommen, durchatmen,
ein bisschen ausruhen. Nachrichten lesen, Chats beantworten. Ich recherchiere, was man so „unbedingt“ tun sollte.
In Nha Trang ist es am frühen Abend nur noch 25 Grad. Klingt gut? Vielleicht.
Wären wir direkt aus Deutschland gekommen, würden wir uns wahrscheinlich über die milde Abendluft freuen.
Aber nach Tagen in der Hitze – bei über 30 Grad – fühlt es sich für uns fast frisch an.
Wir haben uns so prima ans Tropenwetter angepasst, und jetzt das!
Irgendwann meldet sich dann der große Hunger.
Frühstück in HCMC, ein Bier im Flugzeug – das war’s. So viel zum Thema kulinarische Verwöhnung. Also darf es jetzt gern etwas mehr sein.
Wenn’s schnell gehen muss, verlasse ich mich gern auf Google Maps. Und siehe da: Nur ein paar Schritte entfernt, in einer kleinen Seitenstraße,
befindet sich das Madam Queen Restaurant.
Wir merken erst, dass es ein koreanisches Lokal ist, als uns die liebevoll bebilderte, vollständig koreanische Speisekarte in die Hand gedrückt wird.
Nein. Wir sind keine kulinarische Laien. Aber vietnamesische Speisen können wir nicht von koreanischen unterscheiden.
Was wir da sehen, könnte genauso gut vietnamesisch sein.
Egal. Wir haben Hunger. Wir bestellen gleich vier verschiedene Gerichte – mit vollem Risiko. Und was sollen wir sagen:
Die Portionen sind riesig. Aber es schmeckt so gut, dass wir alles restlos verputzen.

Am Abend machen wir noch einen kleinen Rundgang durch den Kiez. Wir streifen durch halbdunkle Gassen, vorbei an Straßenständen,
Mopeds und dem flirrenden Licht der Leuchtreklamen. Auch der Nightmarket zieht uns an – ein wuselndes, duftendes Labyrinth, das mehr bietet
als nur den üblichen Tinnef für Touristen.
Was sofort auffällt: Fast alles ist auf Russisch ausgeschildert. Selbst viele Händler sprechen uns in Russisch an.
Für die Vietnamesen ist klar: Wir sind keine Einheimischen – aber ganz offensichtlich auch keine Asiaten.
Woher genau wir kommen, spielt in dem Moment keine Rolle. Unsere Gesichter sagen: Westen.
Und mal ehrlich – uns geht’s ja genauso. Wer von uns kann auf Anhieb Vietnamesen, Koreaner, Japaner oder Thais unterscheiden?
Der Rundgang endet schließlich an der Strandpromenade.
Inzwischen ist es dunkel. Doch die Promenade lebt: Hier sind viele Touristen unterwegs.
Inmitten dieses Trubels erhebt sich der Trầm Hương Tower, auch bekannt als Agarwood Tower – eine stilisierte Adlerholz Blüte,
die fast ein wenig surreal wirkt. Schön ist sie.
Dass sich in ihrem Inneren eine Galerie befindet, lese ich allerdings erst viel später. Zu spät, um sie noch zu besuchen.

Ausgerechnet der erste Tag in Nha Trang beginnt mit Wolken. Ausgerechnet hier, wo angeblich das ganze Jahr über die Sonne lacht. Wahrscheinlich haben wir exakt die zwei Tage erwischt, an denen sich das Wetter denkt: „Heute mal nicht.“
Das Frühstücksbuffet ist riesig. Überwältigend sogar. Und trotzdem drehen wir eine Runde nach der anderen auf der
Suche nach etwas, das uns wirklich anlacht. Fünf Meter Salat in allen denkbaren Variationen, aber nichts davon trifft so richtig meinen Geschmack.
Irgendwas ist immer: Zu süß, zu sauer, zu seltsam.
Gut, dass man beim Obst nicht viel falsch machen kann.
Am ersten Morgen gibt’s sogar noch Phở! An den nächsten Tagen dann nur noch Fischsuppe. Was vermutlich ebenfalls typisch ist.
Aber schließlich esse ich kein Seafood. Auch nicht in Suppenform.
Und ja, der russische Einfluss ist hier nicht zu übersehen beziehungsweise besser gesagt: Nicht zu überhören.
Jeder Zweite spricht Russisch, manche sogar besser als Englisch. Die Beschilderung ist dreisprachig: Vietnamesisch, Englisch und Russisch.
Da zahlt es sich aus, dass ich in der Schule immer schön aufgepasst habe.
Beim Anblick dieser Wandmalerei kann ich nicht anders, als an Dascha aus Moskau und Masha aus dem Ural zu denken 🤣 Jedenfalls sind wir immer noch in Vietnam. Und das hier ist sehr unvietnamesisch.

Wir lassen den Tag entspannt angehen. Das Wetter lädt nicht wirklich dazu ein, sich stundenlang an den Strand zu legen. Rainer stürzt sich am Vormittag trotzdem tapfer in die Wellen.
Am Nachmittag zieht es uns ins Charm Spa. Das stellt sich als echter Glücksgriff heraus. 90 Minuten pure Entspannung: Rainer entscheidet sich für die vietnamesische Massage, ich für Thai. Und was soll ich sagen? Meine Behandlung ist so gut, dass sie locker mit dem Therapeuten zu Hause mithalten kann.


Nach dieser wunderbaren Auszeit im Spa lassen wir uns einfach treiben. Schlendern durch die Straßen, schauen hier und da, beobachten
das Leben um uns herum.
Auffällig ist, wie oft wir auf Russisch angesprochen werden. Es scheint fast, als sei Nha Trang eine heimliche
Lieblingsdestination der russischen Community.
Und ehrlich gesagt: Es wurmt mich ein bisschen, dass ich den Grund nicht kenne.
Immer wieder nehme ich mir vor, jemanden einfach direkt zu fragen. Warum ausgerechnet hier, warum in solcher Zahl?
Aber irgendwie ergibt sich nie der richtige Moment.




Wir machen Pause in einem Café.Eigentlich davor.
Der perfekte Ort, um das zu tun, was man beim Reisen fast genauso liebt wie das Erkunden selbst: People Watching.
Doch was wir beobachten, fühlt sich so gar nicht nach Vietnam an. Weder die Menschen noch das Ambiente erinnern an das, was wir sonst im Land erlebt haben. Alles scheint angepasst. Für russische Gäste aus dem Westen ebenso wie für koreanische Besucher aus dem Osten. Auf den Speisekarten, auf den Schildern vor den Reisebüros: Nur zwei Sprachen. Vietnamesisch fehlt oft völlig.




Wie nicht anders zu erwarten macht hier auch Barbie Urlaub 😆

Bevor die Dunkelheit einbricht, schauen wir uns bei einem Mopedvermieter um. Die Konditionen sind ok. Wir reservieren für den morgigen Tag und verabschieden uns bis morgen.
Ein Restaurantbesuch fällt heute Abend aus. Noch sind wir vom Kuchen am Nachmittag satt.
Es gibt belegte Schrippen, die sich hier Bánh Mì nennen. Und die essen wir im Zimmer.

Nha Trang's größte Attraktion ist die Küste. In den Werbeprospekten heißt es, hier gäbe es mehr Sonnentage im Jahr als irgendwo sonst im Land. Nur dumm, dass auch an unserem zweiten Tag die Sonne auf Tauchstation bleibt.
Also beschließen wir, der touristischsten Ecke kurzzeitig den Rücken zu kehren und mieten ein Moped, um ein bisschen mehr von der Stadt zu sehen. Und dann dieses Novum: zum allerersten Mal auf all unseren Reisen möchte tatsächlich jemand den internationalen Führerschein sehen. Na also! Endlich hat sich die Investition in diesen grauen Lappen mal gelohnt.
# Long Sơn Tempel & Buddha
Die Long-Sơn-Pagode ist das erste Ziel auf unserer Liste und ist dank des imposanten Eingangstores auch schnell gefunden. Der Eintritt ist frei. Der Eingangsbereich wirkt fast wie ein kleiner Park: Weitläufig, grün, und gesäumt von eindrucksvollen Bäumen im Bonsai-Stil im Großformat.
Ursprünglich wurde dieser buddhistische Tempel bereits 1886 an einem ganz anderen Ort erbaut. Ein Wirbelsturm zerstörte ihn im Jahr 1900. Man entschied sich daraufhin, die Pagode an einem geschützteren Platz, am Fuße des Berges, neu zu errichten. 1940 folgte eine umfassende Renovierung und Erweiterung. Heute wirkt der Tempel wie eine ruhige Oase mitten im Trubel der Stadt.





Im Hintergrund erhebt sich der Trai Thuy Berg und ganz oben auf seiner Spitze thront erhaben ein riesiger Buddha. Eine Treppe mit 140 Stufen führt hinauf, doch wir entscheiden uns zunächst für die bequemere Variante und nehmen das Moped. Der Weg hat es allerdings in sich: Stellenweise ist er so steil, dass ich kurzerhand absteige und ein Stück zu Fuß gehe. Sicher ist sicher.
Die Buddha-Statue selbst ist beeindruckend. Sie wurde 1964 an jener Stelle errichtet, an der einst der ursprüngliche Tempel stand. Mit ihrer Höhe von 24 Metern – auf einer riesigen Lotusblüte sitzend – wirkt sie noch größer, wenn man direkt zu ihren Füßen steht. Das ganze Plateau rundherum bietet einen weiten Blick über Nha Trang. Doch so sehr wir uns auch bemühen, so richtig will der Funke bei uns beiden nicht überspringen. Irgendetwas an der Stadt bleibt für uns distanziert.



Was uns wieder in den Bann zieht, ist die Fahrt durch die schmalen Gassen. ort entlang, wo sich kein Tourist mehr verirrt. Hier beginnt das echte Vietnam. Das Leben spielt sich eng an eng ab, nicht steril, nicht geschönt.
Ich mag diese winzigen Verkaufsstände, die kaum mehr sind als eine Holzplatte. Die Menschen, die vor ihren Häusern sitzen,
irgendetwas werkeln, zwischendurch einen Blick heben und freundlich winken. Kein großes Aufheben, kein Touri-Lächeln. Einfach nur ein kurzes,
echtes „Xin chào“.
Genau das ist mein Vietnam.





Unser nächstes Ziel sind die Po Nagar Cham Towers, ein eindrucksvolles Erbe der Cham-Kultur. Sie liegen auf einem kleinen Hügel am Nordufer des Cai Rivers, nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum Nha Trangs entfernt.
Mittlerweile sind wir mit den hiesigen Parkgewohnheiten "familiar"– ein großer Vorteil, wenn man mit dem Moped unterwegs ist. Für die kleinen Flitzer findet sich selbst vor einem belebten kleinen Laden ein freies Plätzchen. Also parken wir dort kurzerhand und spazieren hinauf zum Eingang.
Schon von Weitem wird klar: Wir sind nicht allein. Mehrere Reisebusse hatten zeitgleich die gleiche Idee, und es herrscht ein geschäftiges Treiben. Doch das lässt sich nicht vermeiden – schließlich zählen die Cham-Türme zu den meistbesuchten historischen Stätten in der Region.
# Po Nagar - Cham Towers
Po Nagar liegt malerisch an der Mündung des Cai River, nördlich des Stadtzentrums von Nha Trang. Die Tempelanlage ist der Muttergöttin Po Nagar gewidmet, die in der Cham-Mythologie als Schöpferin der Erde gilt und die im Zuge der Hinduisierung des Chiva-Kults mit Bhagavati, der Gattin Shivas, gleichgesetzt wurde.
Cham-Kultur
Cham-Kultur bezeichnet die Zivilisation des Volkes der Cham, das vom 2. bis 15. Jahrhundert das Königreich Champa
im heutigen Zentral- und Südvietnam bildete. Die Kultur ist stark von indischem Hinduismus und später auch
vom Buddhismus und Islam beeinflusst. Berühmt ist sie für ihre einzigartigen Ziegeltempel (z.B. Po Nagar, Mỹ Sơn),
ihre eigene Sprache, Musik, Tänze und Kunst. Heute leben noch rund 160.000 Cham in Vietnam.
Erbaut zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert von den Cham, einem alten Volk mit hinduistischer Kultur, zählte diese Anlage einst zehn Türme. Nur vier davon haben die Zeit überdauert. Über Jahrhunderte hinweg wurde das Heiligtum wiederholt geplündert – von Malaien, Javanern und Khmer – wobei viele wertvolle Kultgegenstände verloren gingen. Auch spätere, nicht fachgerechte Restaurierungen trugen dazu bei, dass vieles vom ursprünglichen Erscheinungsbild verloren ging oder verfälscht wurde.
Der Eintritt kostet 25.000 VND – umgerechnet etwa 90 Cent (Stand 2025).
Besucher in kurzen Hosen oder Kleidern werden gebeten, einen grünen Umhang zu tragen, bevor sie den Tempelbereich betreten.
Eine Geste des Respekts, die wir gern mitmachen.
Da uns die Geschichte der Cham-Kultur bislang eher fremd ist, setzen wir uns erst einmal in den Schatten und blättern im Reiseführer, um uns ein Bild davon zu machen, was wir hier eigentlich vor uns haben. Von der einst imposanten Säulenhalle, in der einst meditiert wurde, stehen heute nur noch zehn steinerne Säulen – stille Zeugen vergangener Größe.
Trotz der Touristenströme spürt man dennoch, wie besonders dieser Ort ist – spirituell, geschichtsträchtig, voller faszinierender Details, wenn man sich die Zeit nimmt, genau hinzusehen.


Im Zentrum der Anlage steht der Tháp Năm, der Zentralturm, der der Göttin Po Nagar selbst gewidmet ist. Mit seinen 23 Metern Höhe
ist er der größte und am besten erhaltene der vier verbliebenen Türme. Errichtet wurde er vermutlich im 11. Jahrhundert.
Im Inneren beherbergt er eine schwarze steinerne Statue der Göttin mit zehn Armen – jeder davon mit einem Symbol göttlicher Macht.
Noch heute kommen Gläubige hierher, um zu beten und Opfergaben zu bringen.

Dies ist der Nordturm auf Vietnamesisch Tháp Chính - errichtet 817 - Höhe 24 Meter.




Genug Kultur für heute.
Jetzt zieht es uns ans Wasser. Unser nächstes Ziel: Die Bucht von Hòn Chồng.
Wir wählen nicht die kürzeste, sondern die reizvollste Route – direkt entlang der Mündung des Cai Rivers.
Dabei begleitet uns ein schöner Blick auf die Skyline von Nha Trang. Der Kontrast zwischen Fluss, Meer und Stadt wirkt fast schon
malerisch und macht die Fahrt - trotz der tiefhängenden Wolken - zu einem kleinen Highlight des Tages.


# Hòn Chồng
Der Strand von Hòn Chồng gilt als eines der Must-Sees in Nha Trang.
Dabei liegt auch direkt vor unserem Hotel ein schöner Strand mit ebenso warmem Wasser. Doch hier locken die riesigen Felsformationen,
fast wie auf den Seychellen, so zumindest das Versprechen.
Zum Baden sind wir heute nicht aufgelegt, aber der Plan, den Ausblick vom Café aus zu genießen, klingt verlockend. Wie so oft kommt es anders: Der Zugang führt durch einen kleinen Park, dekoriert mit kitschigen Figuren. Ganz im asiatischen Stil. Es ist nicht der Eintrittspreis, der uns abschreckt. Es ist eher das Prinzip: Warum zahlen, wenn wir ohnehin im Café konsumieren würden?
Stattdessen werden wir trotzig, verzichten auf den offiziellen Weg und nehmen die untere Straße entlang der Küste. Rainer stellt das Moped auf einem Bezahlparkplatz ab, wir schlendern Richtung Meer – und siehe da: Auch von hier aus ist der Blick auf die Felsen schön. Ganz ohne Eintritt. Und ganz entspannt.


Das Drama beginnt als Rainer das Moped abholen will. Der Beleg, der beweist, dass das Moped uns gehört, ist verschwunden. Oder besser gesagt, Rainer behauptet sogar, keinen einzigen Schnipsel erhalten zu haben. Drama, Drama. Denn obwohl der Zündschlüssel passt, darf er das Moped nicht ausfahren. Um Klarheit zu schaffen, wird die Videoüberwachung angerufen. Das Überwachungsvideo wird an das Handy des Wachschutzes gesendet und zeigt unsere Einfahrt in die Garage. Und siehe da: Rainer hat doch einen Beleg bekommen – nur eben verloren. Tja, Sicherheit geht vor! Am Ende darf er das Moped doch noch ausfahren.
Die angrenzende Bucht liegt im nördlichen Teil von Nha Trang. Auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei uns: Hotelburgen reihen sich aneinander, dazwischen zahlreiche Cafés und Restaurants, die um Aufmerksamkeit buhlen.
Das Caleen Café sticht dabei heraus. Modern, stilvoll, fast schon westlich. Ein angenehmer Ort, um eine Pause einzulegen. Hier gönnen wir uns unseren inzwischen liebsten Begleiter in Vietnam: Einen eiskalten Vietnamese Coffee. Er schmeckt immer gleich gut, zuverlässig intensiv und ein klein wenig schockoladig. Es ist angeblich das Nationalgetränk und wird stets kalt mit Eiswürfel getrunken. Bei den Temperaturen macht es aber auch Sinn.

Die Innenseite der Toilettentür: Ich musste einfach ein Foto machen. Nicht wegen des Schildes, das dreisprachig beschriftet ist. In Vietnamesisch, Englisch und Russisch. Aber wirklich originell fand ich den kleinen Wandbehälter, extra für Smartphone, Schlüssel und andere Kleinigkeiten. So simpel und so praktisch. So etwas habe ich bisher noch nirgendwo gesehen.

Es ist schon später Nachmittag und außer dem Frühstück haben wir noch nichts gegessen. Direkt gegenüber vom Café entdecken wir ein
kleines Restaurant mit vietnamesisch angehauchter Küche. Rainer entscheidet sich für gebratene Frühlingsrollen – ich wähle eine Phở Tái.
Der Begriff Phở Tái ist mir neu, aber Google liefert wie immer verlässlich Antworten: Phở Tái ist die Variante der beliebten Nudelsuppe,
bei der hauchdünne Scheiben rohen Rinderfilets ganz zum Schluss in die heiße Brühe gegeben werden.
So garen die Scheiben sanft, bleiben dabei wunderbar zart und verleihen der Suppe eine feine Note.
Die Brühe sieht zwar eher aus wie Abwaschwasser aber geschmacklich ist sie köstlich. Die Phở Tái ist ab sofort meine
persönliche Lieblingsvariante.

Auf dem Rückweg geraten wir mitten in den Nachmittagsverkehr.
Wie immer ist es dennoch ein kleines Abenteuer, mittendrin zu sein und die anderen Motorradfahrer zu beobachten. Wir lieben es!
Es gibt immer etwas zu staunen. Vor allem über die Menge und Vielfalt der Dinge, die man auf den Mopeds transportieren kann.
Das Moped ist hier eben das Allround-Transportmittel schlechthin.
Übrigens: Grab, die südostasiatische Variante von Uber, gibt es in Vietnam nicht nur für Autos, sondern auch als Transport mit dem Moped. Wer mitfährt, bekommt automatisch einen Helm – im Preis inklusive.


Und dann ist da diese Frau mit drei Kindern auf dem Moped – ein echter Hingucker.
Das stelle man sich einmal bei uns vor: Undenkbar!
Sie bemerkt mein erstauntes Lächeln und muss selbst grinsen, als ich andeute, dass ich gerne ein Foto von ihr machen würde.
Ein kurzer, stiller Moment gegenseitigen Verstehens – mitten im Trubel des Verkehrs.


Nach dem schönen Tag auf dem Moped gönnen wir uns zum Abschluss erneut eine Massage im selben Spa wie gestern.
Aber heute Abend sind nicht genügend Therapeuten verfügbar – doch wie so oft in Vietnam wird das mit absoluter Freundlichkeit gelöst.
Man entschuldigt sich höflich und bittet uns, eine Viertelstunde zu warten, während kurzerhand zwei Behandler telefonisch organisiert werden.
Kein Problem für uns. Das ist eben Vietnam: Pragmatisch, freundlich, schnell.
Anschließend lassen wir den Tag bei einem köstlichen Abendessen in einem stilvollen Restaurant ausklingen.

Mit Nha Trang konnte ich mich nur schwer anfreunden.
Nha Trang wird definitiv nicht auf meine Top-Ten-Liste kommen. Auch wenn es schöne Ecken gibt und am Ende doch noch ein paar authentische
Eindrücke zusammen kamen. Insgesamt war mir das alles zu austauschbar, zu künstlich, zu wenig Vietnam.
Ein Ort, der sich offenbar zu sehr dem Massentourismus angepasst hat.
Was uns in Nha Trang begegnete, wirkte wie eine Parallelwelt – ein Vietnam, das kaum noch vietnamesisch war.
Im Vorfeld hatte ich gelesen, Nha Trang sei der "Ballermann Russlands". Ich konnte das kaum glauben. Doch zwei Tage reichten mir:
Das ist kein Klischee, das ist Realität.
Anfangs dachte ich noch, man passe sich eben besonders den russischen Gästen an. Aber der Eindruck ließ mich nicht los.
Normalerweise ergeben sich auf Reisen schnell Gespräche mit anderen. Hier: Nichts. Keine Gelegenheit, kein Austausch.
Erst am letzten Abend stieß ich online auf einen Artikel der NZZ, der vieles auf den Punkt bringt.
Plötzlich ergab alles Sinn.
So geht es weiter
Morgen werden wir Nha Trang verlassen und weiter in den Norden ziehen. Wir bleiben dabei an der Küste. Die Fahrt wird zu den längeren gehören. Es geht nach Quy Nhơn – besser gesagt, auf eine vorgelagerte Halbinsel, die sich etwa in der Mitte von Vietnam befindet. Wir hoffen dort auf etwas mehr Ursprünglichkeit, weniger Beton, weniger Pauschaltourismus. Vielleicht erleben wir dort endlich wieder das Vietnam, das wir uns erhofft hatten: Mit ruhigen Stränden, kleinen Garküchen, und einem Alltag, der nicht für Reisekataloge inszeniert ist.