Ostersamstag

Spanien stand bei uns nie auf der Liste.

Geschlafen wie ein Stein.
Rainer schiebt die Gardinen zu Seite und ich denke, ich träume: stahlblauer Himmel. Besser könnte es gar nicht sein.

Wir haben die "B&B-Rate" gebucht und so bin ich schon ganz gespannt, wie man das bisherige noch toppen kann. Der Frühstücksraum des Hotels sieht so genial aus wie alles hier Konsequent gleiche Materialien, gleiche Farben. Und dann die Musik. Zum Dahinschmelzen!

Zum Frühstück gibt es das was es überall in guten Hotels gibt: Orangensaft. Doch halt! Dieser schmeckt ja wie frisch gepreßt! Ich entdecke die „spanische Abteilung“. Ok, meine harte über 50jährige Diät wird hiermit kurzzeitig unterbrochen, denn es gibt hauchdünn geschnittenen Iberoschinken, irgend eine spanische Spezialwurst (keine Ahnung wie die heißt), frisch gepreßtes Tomatenmuß, dazu eine Art krosse Baguettes und Olivenöl. Hiermit habe ich geschätzte 3000kcal erst einmal gebunkert. Der Kaffee - im Urlaub trinke ich generell nur Tee, weil Kaffee meist so grausam schmeckt - also der Kaffee könnte aus meiner Espressomaschine sein. Wie kann der Tag besser anfangen?

Ganz mutig ziehe ich meine Sandalen an. Schließlich habe ich meine Fußnägel extra für Barcelona schick bunt bemalt! Bevor wir starten, fahren wir mit dem Aufzug auf die Terasse in der 10.Etage. Wenn man genug Zeit hätte und nicht Barcelona besichtigen wöllte, dann könnte man es sich hier echt gemütlich machen.

Der Ablauf ist der Gleiche wie gestern: erst mit der L5 bis Diagonal, dann die lange Strecke bis zur L3 auf’n Laufband überwinden und dann bis zur Station: "Passeig de Gràcia", der "Champs-Élysée" Barcelonas.

# Casa Batlló

Zuerst gehen wir zur Casa Batlló, denn die Fassade steht jetzt noch in der Sonne.

Casa Batlló, Barcelona
Casa Batlló, Barcelona

Ziemlich viele Leute hatten die gleiche Idee. Doch schlußendlich stehen wir etwa 15 Minuten an, bis wir rein können. Also ganz erträglich.
Der Eintritt kostet 18.15€ incl. Audioguide.

Als erstes lernen wir, daß es „Casa Bajó“ ausgesprochen wird und nicht einfach Batlo.
Wir sind beeindruckt.
Gaudì hatte ganz offensichtlich "Gaudì" daran (was für ein Name!) einen Geldgeber, den Textilfabrikanten Josep Batlló i Casanovas, zu finden, der seine Ideen finanziert hat. Es handelte sich hier um einen Umbau eines vorhandenen Wohnhauses. Es sollten die Fassaden und der Innenhof neu gestaltet werden. Dazu brauchte Gaudì zwei Jahre (1905-1907)

Casa Batlló, Barcelona

Alles ist rund, kein Zimmer hat echte Ecken, die Fenster, die Türen sind rund und fließend geformt hat sich so Jules Vernes die Nautilus vorgestellt?
Deckenlampe
Deckengestaltung über dem Eßtisch

Bei diesem Rundgang bleiben viele unbeantwortete Fragen. Was genau hat Gaudì mit dem Einem oder Anderem bewirken wollen?
Beeindruckend ist auch mit welch‘ einfachen Mitteln Gaudì versucht Licht und Belüftung in ein schmales aber hohes Treppenhaus zu bringen.

Casa Batlló, Barcelona

Nach oben hin wird die Fliesenfarbe immer dunkler um gleichmäßiges Licht im Hausflur zu schaffen.
Anschließend geht's auf den Hof. Blumentöpfe im Mauerwek. Und alles ist bunt und mosaikbepflastert.

Casa Batlló, Barcelona
Casa Batlló, Barcelona

Der Höhepunkt ist hier erst einmal die Dachgestaltung. Also ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele Schornsteine fotografiert zu haben.

Casa Batlló, Barcelona

# Casa Milà

Casa Milà, Barcelona

Noch fasziniert vom ersten Gaudì-Haus schreiten wir zum zweiten, der Casa Milà (1906-1910).
Der Andrang hier ist etwas größer…wir stehen eine dreiviertel Stunde an. Das Wetter ist genial, doch möchte ich hier nicht stehen, wenn die Sonne im Hochsommer mit über 40°C ballert. Deshalb ist es empfehlenswert, die Tickets im Voraus zu kaufen. Das kann man im zum Haus gehörenden Andenkenshop tun.

Auch hier hat Gaudì aus zwei Eckmiethäusern ein Haus neu gestaltet. Es sollte nicht so bunt und fantasievoll werden wie die Casa Batlló.
Es trägt den Zusatznamen „La Pedrera“ - für alle Nichtspanischsprecher (wie wir es sind) es heißt: Steinbruch.
Naja. Das Haus mit einem Steinbruch zu vergleichen, da bin ich nicht Künstler genug. Ich finde es einfach nur wow!
Die Balkonbrüstungen sehen wie Pflanzenranken aus und wieder ist alles schön geschwungen und verspielt.
Immer wieder wird betont, wie viele Gedanken sich Gaudì gemacht hat, um Funktionalität und dabei ein Höchstmaß an Komfort für die Mieter zu schaffen.

Casa Milà, Barcelona

Blick in den Innenhof:
- einmal von unten nach oben
- und einmal umgekehrt.

An den folgenden Bildern ist der Höhepunkt unschwer auszumachen: das Dach. Mit den verschieden geformten Schornsteinen, die mit Glas- bzw. bunten Keramikscherben belegt sind.

Casa Milà, Barcelona
Casa Milà, Barcelona

So viel verschiedene Schornsteine, jeder hat seine Geschichte und ist faszinierend.
Fest steht: alle sind schön!
Hier oben sind allerdings nicht nur die Schornsteine attraktiv.
Die Aussicht auf Barcelona ist unbeschreiblich. Das Wetter ist ideal. Und so ist der Blick auf die "Sagrada Familia" unverstellt. Jedenfalls fast - wenn da nicht die Gerüste und Kräne wären.

Passeig de Graciá, Barcelona
Passeig de Graciá, Barcelona
Sagrada Familia, Barcelona

Nach so viel "Schornstein-Gucken" haben wir Hunger. Wenigsten auf einen Cappuccino.
Wir schlendern die Passeig de Graciá entlang Richtung Las Ramblas. Bei dem Wetter macht es auch richtig Spaß!

Passeig de Graciá, Barcelona

Eine Bar folgt der anderen, ein Café dem anderen. Wir entscheiden uns für ein Café, das keinen Schirm aufgespannt hat, denn wir wollen Sonne tanken! Wie immer: Cappuccino und Eis schmecken Bestens!

# Park Güell

Das Programm ist noch nicht zu Ende. Es gibt noch mehr Gaudì: der Park Güell .
Tja mit der Metro wäre man flugs am Ziel. Wir wollen uns aber nicht immer unter der Erde fortbewegen, wir wollen etwas sehen! So fragen wir uns durch, bis wir eine geeignete Buslinie finden. Ach wie schön ist die Fahrt dorthin. Ich schwärme unentwegt von der Fassadengestaltung… Rainer kann es nicht mehr hören.
Um zum Park zu gelangen, muß man die letzten etwa 800m steil bergauf zu Fuß laufen. Der Eintritt ist kostenlos und so sind hier Himmel und Menschen.

Park Güell, Barcelona
Park Güell, Barcelona
Park Güell,lizard. Barcelona

Eine der Hauptattraktionen, der mit bunten Keramikstücken verzierten Lizard, können wir vor Menschen gar nicht entdecken. Wir bestaunen bunte Deckengebilde und steigen per Treppe auf einen riesigen Platz, der zum Teil von Säulen getragen wird. Um den gesamten Platz verläuft eine wellenförmige Bank, die wie auch sonst? Mit bunten Keramikfliesen verziert ist. Wir fläzen auf der Bank und sonnen uns. Am Ausgang entdecken wir dann doch den weltberühmten Lizard, der ist max. 2 Meter lang und jeder muß sich drauflegen oder den umarmen für ein Foto. Gut. Aus dem Alter sind wir raus.

Wir fahren ins Hotel, nehmen vorsichtshalber noch eine Jacke mit, denn wir trauen den Temperaturen noch nicht, gehen wieder in „unser“ Eckbistro, um einen Cappuccino und eine belegte Schrippe zu essen und fahren in die Altstadt.
Dort in den engen Straßen haben wir gestern ein Restaurant gesehen, wo wir evtl. und nur wenn wir es finden, zu Abend essen wollen. Nicht daß es in Barcelona so wenige Restaurants geben würde.

Am 2. Abend kennen wir alle für uns relevanten Verkehrsverbindungen und so sind wir Ruckzuck in der Altstadt und finden tatsächlich das Restaurant.
Wir hatten auch echt Schwein, denn obwohl es hier eine unendliche Auswahl an Restaurants gibt, haben wir einen der letzten Tische ohne Anstehen bekommen. Für unglaubliche 18.47€ p/P gibt es einen großen Teller Rindercarpaccio, eine Pfanne Paella für Rainer und für mich ein katalanisch zubereitetes Kalbfleisch auf Gemüse… eine katalanische Crema (wir würden es Crème brûlée nennen) und je ½ Liter Wein.
Der reicht leider nur für den ersten Durst und dann sind wir ganz mutig und bestellen einen Liter Sangria. Nur mal damit wir mitreden können.
Letzteres kam noch als Posten auf die Rechnung dazu. Knüppeldicke voll verlassen wir das Restaurant, vor dem eine ca. 30m lange Schlange voller Essenswilliger ansteht.

Es geht durch die Altstadt bis zur Placa Reial, wo Fackeln den Platz beleuchten und das Flair nicht besser sein könnte. Es fällt uns schwer nach Hause zu gehen, es ist zu schön, um wahr zu sein.

Ach so, Angst vor irgendwelchen Taschendieben ? Das haben wir jetzt ganz vergessen. Ich behaupte mal, wenn man Grundregeln beachtet, ist man nicht unsicherer als bei uns zu Hause oder irgendwo auf der Welt.

Kurz nach 23 Uhr fallen wir erschöpft ins Bett…

was für‘n Tag voller Gaudì !